Am Mittwoch veröffentlichte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) den Migrationsbericht 2018. Aus diesem geht hervor, dass die Zahl der Menschen, die in Deutschland Asyl beantragten, 2018 erstmals wieder unter das Niveau von 2014 gesunken ist. Regierungssprecher Steffen Seibert sagte auf der Pressekonferenz, dass Deutschland die "hohe Zahl von Schutzsuchenden von 2015 und 2016 gut bewältigt" habe.

Die Nachricht sinkender Geflüchtetenzahlen kann nur diejenigen erfreuen, deren geistige und moralische Kapazität an den nationalen Grenzen Deutschlands endet. Denn insbesondere an den EU-Außengrenzen scheitert man nach wie vor daran, die hohe Zahl von Schutzsuchenden gut zu bewältigen, sie angemessen unterzubringen und zu versorgen.

Zelten in Schlamm und Kälte

Zum Beispiel in Griechenland. Dort leben Menschen in Containern oder in Zelten im Schlamm, es gibt zu wenig Ärzt*innen, zu wenig Medikamente, häufig brechen Brände aus, weil Bewohner*innen sich an offenen Feuern wärmen oder darauf kochen. Hinzu kommt die Kälte. Auf der Insel Lesbos, auf der sich das größte und berüchtigte Camp Moria befindet, hat es nachts nur noch etwa drei Grad Celsius. Und in den kommenden Monaten wird es eher kälter als wärmer.

In den Camps auf den griechischen Inseln Leros, Chios, Samos, Kos und Lesbos sitzen derzeit etwa 40.000 Menschen fest. Das sind mehr als je zuvor. Seit fünf Jahren existiert beispielsweise das Camp Moria. Seit fünf Jahren wird über die humanitäre Katastrophe berichtet, die sich dort abspielt. Seit fünf Jahren ändert sich nichts. Seit fünf Jahren scheitert auch die Bundesregierung daran, Verantwortung zu übernehmen und dafür zu sorgen, dass die Menschen vernünftig untergebracht und versorgt werden – zum Beispiel, indem man sie in Deutschland aufnimmt.

Die griechische Regierung kündigte an, die überfülltesten Lager schließen und sie durch geschlossene Einrichtungen ersetzen zu wollen. Statt im Schlamm dürfen die Schutzsuchenden dann wohl im Knast hausen. Jurist*innen bezweifeln, dass das mit EU-Recht oder der Europäischen Menschenrechtskonvention in Einklang zu bringen ist.

Obdachlosigkeit in Bosnien

Griechenland ist nicht das einzige Land an der EU-Außengrenze, in dem Geflüchtete in schlimmen Zuständen leben müssen. In Bosnien wurde 2019 ein Geflüchtetencamp auf einer ehemaligen Mülldeponie errichtet. Erst Mitte Dezember wurde es nach massiver internationaler Kritik aufgelöst. Zu dem Zeitpunkt lag schon Schnee über den Zelten. Die offiziellen Camps sind überfüllt, entlang der kroatisch-bosnischen Grenze sollen Tausende obdachlose Geflüchtete in verlassenen Gebäuden hausen.

Wo genau ist hier irgendetwas gut bewältigt? Die Camps auf den griechischen Inseln, die obdachlosen Menschen in Bosnien sind Zeichen des Versagens – der griechischen, der bosnischen, der deutschen, der europäischen Politik. Solange sie existieren, gibt es keinen Grund, sich in Deutschland für sinkende Asylantragszahlen auf die Schulter zu klopfen. Zumindest nicht, wenn wir es mit europäischer Solidarität oder humanitären Werten ernst meinen.