Auf den ersten Blick wirken die kleinen Steinformationen fast niedlich. Wie Türmchen, die jemand verträumt am Strand aufeinander gestapelt hat, oder eine Mini-Version der Steinkreisanlage Stonehenge in England. Doch die Formationen, die Demonstrant*innen in den vergangenen Tagen in Hongkongs Straßen platziert haben, verfolgen – genauso wie die Gummischläuche mit Nägeln oder das Benzin auf dem Boden – einen ganz bestimmten Zweck: Sie sollen es der Polizei erschweren, voranzukommen. CNN sprach gar davon, dass die Demonstrant*innen vergangene Woche "eine Festung" um die Polytechnische Universität errichtet hätten.

Über das Wochenende besetzten hunderte Aktivist*innen die Polytechnische Universität und versuchten, die anrückende Polizei mit Pfeil und Bogen, Molotowcocktails, Steinschleudern und Feuer abzuwehren. Die Polizei, die die Uni umzingelte und fliehende Protestierende mit Tränengas zurückdrängte, nahm Dutzende Demonstrant*innen fest. Rund um das Gelände kam es zu weiteren Ausschreitungen.

Angst vor Freiheitsberaubung

Bereits seit über fünf Monaten herrschen in Hongkong politische Unruhen; Anlass war ein geplantes Gesetz, das Auslieferungen von Häftlingen an die Volksrepublik China ermöglichen sollte. Mittlerweile liegt dieses Vorhaben auf Eis, doch die Angst vor einer schrittweisen Eingliederung Hongkongs in das chinesische Rechts- und Staatssystem besteht bei den Demonstrant*innen weiterhin. Zuletzt befeuerte das Vermummungsverbot, das die Regierung Hongkongs Anfang Oktober verhängt hatte, den Konflikt. Protestierende durften demnach keine Gesichtsmasken mehr tragen. Obwohl das Oberste Gericht der Stadt dieses Verbot am Montag als verfassungswidrig einstufte, reklamierte der chinesische Volkskongress nun die alleinige Autorität über Hongkongs Verfassung.

Eine Entspannung der Lage ist nicht in Sicht. China könnte die andauernden Provokationen theoretisch zum Vorwand nehmen, militärisch einzugreifen. Der chinesische Botschafter, Liu Xiaoming, bekräftige laut ZEIT Online, die Regierung in Peking unternehme ihr Möglichstes, um die Situation unter Kontrolle zu bringen. Peking habe "ausreichend Entschlossenheit und Macht, um die Unruhen zu beenden".