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Amy (Kaitlyn Dever) und Molly (Beanie Feldstein) sind Streberinnen aus Überzeugung. Sie streben eine akademische Laufbahn an und fahren eine hochambitionierte politische Agenda. Dass sie Außenseiterinnen sind, macht sie stolz. Von ihren Mitschüler*innen halten sie eher wenig.

Die größtenteils abgedrehten Chaot*innen werden sich wundern, wenn es Amy und Molly an Elite-Unis zu großen und weltbewegenden Macherinnen bringen. Sollen sie doch in ihren Unterschichtenklitschen versau… Moment. Wie kann das sein!? Kurz vor dem Highschool-Ende bekommen einige der schlimmsten Partymonster just Zusagen der prestigeträchtigsten Unis des Landes – anscheinend ganz ohne Anstrengung. Amy und Molly fallen vom Glauben ab. Haben sie sich ganz umsonst um den Verstand gepaukt und jahrelang als Spaßbremsen schikanieren lassen?

Nun, wenn das so ist, drehen sie den Spieß eben um. Ein paar Stunden an der Highschool bleiben ihnen schließlich noch, um die hirnlosen Mitschüler*innen sogar noch im Feiern zu übertreffen. Zur großen Abschlussparty hat sie bloß niemand offiziell eingeladen – warum auch, sie wären eh nicht erschienen. Aber diese logistischen Probleme bleiben nicht die einzigen des Duos, denn die beiden merken, dass auch Feiern irgendwie gelernt sein will. Und dass sich die Jahre des Herabschauens auf alles und jede*n irgendwann rächen.

Okaye Schauspielerinnen treffen auf eine gute Regisseurin

Als Schauspielerin hatte Olivia Wilde seit ihrer wohl prominentesten Rolle als Dr. Remy "Dreizehn" Hadley in der TV-Serie Dr. House kaum mehr große Hits – mit ihrem Regiedebüt fährt sie deutlich besser. Wilde schickt ihre Heldinnen auf einen toll ausbalancierten, gut geschriebenen und mitreißend durchgetakteten Trip ins Nachtleben.

Besonders gelungen ist ihr dabei der Ton und Umgang mit den Figuren. Booksmart bildet eine Vielfalt verschiedener Charaktere mit unterschiedlicher Herkunft, sexueller Orientierung oder absurden Eigenheiten ab, ohne dabei den erhobenen Zeigefinger einer Agenda spüren zu lassen. Wilde demonstriert einfach eine Gesellschaft, die in sich geschlossen und natürlich wirkt. In der Probleme existieren, aber überwindbar erscheinen.

Booksmart ist aber kein sozialpolitisches Integrationskino, sondern zuallererst eine Komödie. Als diese funktioniert sie auch tadellos. Der typische Coming-of-Age-Humor, den wir bereits von zahllosen Jungsduos und Cliquen gesehen haben (siehe Superbad und Co.), wird hier oft und gerne wiederholt und liebevoll ad absurdum geführt. Dafür sorgen etwa Figuren wie Gigi (Billie Lourd), die man auch als völlig drüber gezeichnete Schicksalsgöttin bezeichnen könnte. Sie taucht unvermittelt auf, lässt ein paar dämliche Sprüche in überzogenen Kostümen ab und verschwindet wieder. Ein Highlight.

Am Ende sind wir nicht so zynisch wie gedacht

Verglichen wird Booksmart gerne mit Lady Bird von Greta Gerwig oder Bridesmaids von Judd Apatow. Mit beiden hat der Film sicher Parallelen aufzuweisen, und sei es bloß der sarkastische Humor einer post-pointierten Social-Media-Gesellschaft. Will meinen: Die schlechten Witze werden nicht mehr konsequent gerissen und dann auf Lacher gehofft, sondern sie werden gerissen, damit die Figuren oder die Zuseher*innen darüber die Augen verdrehen können.

Dass dies in keinem Anti-alles-Zynismus endet, ist dem Drehbuch der vier Autorinnen Emily Halpern, Sarah Haskins, Susanna Fogel und Katie Silberman zu verdanken – und den beiden Hauptdarstellerinnen. Besonders Beanie Feldstein hat hier allein schon durch ihr körperbetontes Spiel im kleinen Finger mehr komödiantisches Talent als ihr ungleich prominenterer älterer Bruder Jonah Hill (Maniac, 22 Jump Street). Feldsteins Spiel erinnert an die Glanzrollen einer Melissa McCarthy (etwa Spy), und es ist eine wahre Freude, ihr zuzusehen.

Dank des gesamten Casts und diesen kleinen, aber bedeutenden Modifikationen am bekannten Strickmuster der Coming-of-Age-Storys ist Booksmart einer der Komödienhits des Jahres. Witzig, charmant, fair; einfach ein Film, in dem man als Zyniker*in wie auch Plumpi gerne leben würde, mit allen Figuren befreundet wäre. Wie schön, dass das in diesem totgerittenen Genre noch so funktioniert – vielleicht ist doch nicht alles verloren.