Menschen gehen mit Unsicherheiten in Beziehungen verschieden um. Manche möchten jedes Detail ausdiskutieren, anderen tut es gut, sich ab und zu bei Freund*innen auszukotzen. Doch manchmal führen Unsicherheiten auch dazu, dass eine Person mit aller Macht versucht, Kontrolle in der Beziehung zu erlangen.

Diese Erfahrung machte die Twitteruserin McKennaStaed. Sie teilte über ihren Account Screenshots von Regeln, die ihr Expartner für sie aufgestellt hatte. Die zehn Punkte umfassten Themen wie Kennas Verhalten auf Social Media oder ihre Art, mit ihm zu sprechen. Der Mann schrieb ihr vor, wie sie sich in bestimmten Situationen zu verhalten habe. In Großbuchstaben verkündete er: "Du wirst auf deinen Freund hören", wies sie an, ihm sofort auf Nachrichten zu antworten und Arbeit in die Beziehung zu stecken.

Trennungsgrund Regelwerk

Kennas Follower*innen reagierten in mehr als tausend Kommentaren auf ihren Tweet. Viele zeigten sich besorgt. Andere machten Witze auf Kosten des Expartners und schlugen vor, dem Mann eine Glocke umzuhängen, damit Frauen wüssten, wenn er in der Nähe sei.

Doch unter Kennas Follower*innen waren auch Frauen, die ähnliche Erfahrungen gemacht hatten. Männer, mit denen sie ausgingen oder Beziehungen führten, schickten ihnen Regeln und versuchten, das Verhalten der Frauen zu kontrollieren. Die Twitternutzerin BecomingMarya teilte eine Nachricht, die letztendlich der Auslöser für die Trennung von ihrem ehemaligen Partner war. Dieser schrieb ihr vor, keine sinnlichen Bilder auf Social Media zu posten, verbot ihr, mit anderen Männern zu reden oder vor anderen schlecht über ihn zu sprechen: "Ich bin dein Freund und du solltest anderen Leuten nicht erzählen, dass du nicht glücklich mit mir bist."

Ich bin dein Freund und du solltest anderen Leuten nicht erzählen, dass du nicht glücklich mit mir bist.

Erpressung nach der Trennung

Userin vvandii_ schildert in ihrer Antwort an Kenna, wie ihr Exfreund ihr nur erlauben wollte, sich von ihm zu trennen, wenn sie sich an seine Regeln hielte. Um sie dazu zu bringen, den Regeln zu folgen, habe er sie erpresst. Er forderte von ihr, in zukünftigen Beziehungen klarzustellen, dass sie bereits mit ihm Sex gehabt hatte und verbot ihr, mit bestimmten Menschen zu sprechen. Außerdem sollte sie sich mindestens alle zwei Tage bei ihm melden. Inzwischen habe sie aber seit über einem Jahr keinen Kontakt mehr zu dem Partner gehabt.

"Wenn es keine Freiwilligkeit gibt, sind die Tage der Beziehung gezählt", sagt Robert Coordes. Er ist Paar- und Sexualtherapeut und leitet das Institut für Beziehungsdynamik in Berlin. Aus seiner Arbeit weiß er, wie stark der Wunsch nach Kontrolle gerade bei unsicheren Menschen ausgeprägt ist. Wenn Menschen Angst hätten, dass niemand sie mag, würden sie manchmal zu illegitimen Mitteln greifen, um die Person an sich zu binden: "Wir neigen dazu, das zu kontrollieren, was wir in uns nicht kontrollieren können."

Wenn es keine Freiwilligkeit gibt, sind die Tage der Beziehung gezählt.
Paartherapeut Robert Coordes

Prinzipiell seien Regeln in einer Beziehung nicht schlimm, sagt Coordes. In einer gesunden Beziehung könnten sie sogar dabei helfen, einander besser zu verstehen. Allerdings nur, wenn die Person, die die Regeln aufstellt, diese auf sich selbst bezieht und dadurch zum Beispiel sexuelle Grenzen aufzeigt. Wichtig sei die Frage, warum der*die Partner*in Forderungen aufstelle. So könne man sich selbst reflektieren und ungesunden Strukturen vorbeugen. Denn eines sollte klar sein, wenn man eine gesunde Beziehung führen wolle: "Das Ziel wird niemals erreicht durch Kontrolle."

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Dein*e Partner*in versucht, dich zu kontrollieren, will deinen Kontakt zu Freund*innen einschränken oder erpresst dich? Hier findest du Hilfe: 0800/111 0 111