Sie kriechen, sie krabbeln. Sie zischen und züngeln, sie quietschen und quaken. Und bei vielen Leuten rufen sie Ekel oder Angst hervor. Amphibien und Reptilien gelten nicht als majestätisch wie Löwen, Elefanten oder Adler. Sie gelten nicht als süß wie Hunde, Erdmännchen oder Igel. Wir können sie nicht essen, wir können schlecht mit ihnen kuscheln, wir trauen ihnen wegen ihrer potenziell giftigen Ausstrahlung irgendwie nicht. Tiere mit seltsamen oder gar keinen Beinchen, oft blitzschnell, mit Augen wie nicht von dieser Welt und Schuppen oder glibberiger Haut sind ja auch irgendwie suspekt.

Kein Wunder, dass wir Angst vor ihnen verspüren. Phobien vor Tieren sind dann am häufigsten, wenn die Tiere der menschlichen Silhouette wenig ähneln, sagt Christa Roth-Sackenheim, Vorsitzende des Berufsverbands Deutscher Nervenärzte (BVDN) und Fachärztin für Psychotherapie. Betroffene leiden dann unter der sogenannten Herpetophobie, der Angst vor allen Lebewesen, die kriechen und krabbeln.

Das trifft auf die meisten Reptilien und Amphibien zu. Trotzdem verdienen sie unsere Abneigung nicht. Das zu beweisen, hat sich Fotograf Matthijs Kuijpers zur Aufgabe gemacht. Er schießt Fotos von Kaltblütern, verzichtet dabei auf einen Hintergrund und zeigt sie nicht in ihrem natürlichen Lebensraum. "Wenn ich die Fotos so simpel wie möglich halte, bleibt die pure und oft bizarre Schönheit der Tiere übrig", sagt er.

Frosch ist nicht gleich Frosch

Sie können so klein wie eine Eincentmünze oder so groß wie eine Handtasche werden. Frösche, Kröten und Unken, Salamander, Molche, Olme oder sogenannte Blindwühle – es gibt mehr als 7.000 unterschiedliche Arten von Amphibien, in Deutschland sind 21 heimisch. Eines der wichtigsten Unterscheidungsmerkmale zu anderen Tierklassen ist, dass fast alle im Laufe ihres Lebens eine sogenannte Metamorphose durchmachen, sie verändern ihre Gestalt. Ein Frosch kommt nicht als Frosch zur Welt, sondern entwickelt sich im Wasser erst zur Kaulquappe, bevor er später an Land springen und mit einer Lunge atmen kann. Bis auf die Antarktis kommen Amphibien auf allen Kontinenten vor. Allerdings halten sie auch einen traurigen Rekord: Von allen Tierklassen führen sie die Rote Liste gefährdeter Arten an.

Reptilien schlüpfen hingegen bereits in ihrer endgültigen Gestalt und verändern sie Zeit ihres Lebens nicht mehr. Was sie am meisten von anderen Tierklassen unterscheidet, ist ihre trockene Hornschuppenhaut. Sie wächst ihr ganzes Leben lang. Schildkröten und Krokodile – vor Millionen von Jahren auch die Dinosaurier – bilden daraus einen Panzer. Schlangen und Echsen müssen ihre Haut regelmäßig abstreifen. Genau wie Amphibien gehören Reptilien zu den wechselwarmen Tieren, auch Kaltblüter genannt. Das heißt, sie haben keine konstante Körperkerntemperatur, sondern müssen sich mithilfe der Sonne aufwärmen oder auf schattigen Plätzchen abkühlen lassen. Von den etwa 10.000 Reptilienarten sind in Deutschland nur 15 heimisch.

"Das Tier hat nie die Schuld"

Mit zehn Jahren besitzt der Fotograf Matthijs Kuijpers seine erste eigene Schlange. Dann noch eine. Und noch eine. Irgendwann sind es so viele, dass sie von seinem Kinderzimmer in einen eigenen Raum ziehen müssen. Er hegt und pflegt sie. Sie faszinieren ihn so sehr, dass er sie erst zeichnet und später zu fotografieren beginnt. Heute ist der 45-jährige Kuijpers professioneller Fotograf und hat seine Motive um andere Reptilien und Amphibien erweitert.

Dafür bereiste er bereits den gesamten Erdball. Seine Fotosammlung umfasst mehr als 2.000 der verschiedenen Arten. Er klettert auf Berge, streift durch Wüsten und Regenwälder. Von Papua-Neuguinea über Namibia bis nach Mexiko und Deutschland. Fotografiert wird immer in seinem mobilen Fotostudio und mithilfe erfahrener Tierexpert*innen. Sie helfen ihm, die Tiere zu kontrollieren. Manche Exemplare sind hochgiftig, wie der Schreckliche Pfeilgiftfrosch, andere riesig wie der Komodowaran, die meisten sind rasend schnell und wollen natürlich nicht still sitzen. In solchen Fällen kann es passieren, dass es nicht nur wenige Minuten, sondern mehrere Tage dauert, bis ein gutes Foto dabei herauskommt.

Kuijpers wurde bereits mehrmals gebissen. Nach dem Biss einer Puffotter, einer der weltweit gefährlichsten Schlangenarten, lag der Fotograf aus Rotterdam mehrere Wochen unter Lebensgefahr im Krankenhaus. Gehindert weiterzumachen, hat ihn das nicht. "Ich gebe dem Tier nie die Schuld. Wenn ich gebissen werde, dann immer wegen meiner eigenen Fehler", sagt er. Nach seiner Genesung fotografierte er weiter. Auch wenn seine Ehefrau und zwei Kinder manchmal Angst um ihn haben.

Mit seinem Projekt kämpft er weiter an seiner Mission: die üblichen Stereotype gegenüber Amphibien und Reptilien aufbrechen. "Ich möchte, dass die Menschen ihre Angst und die negativen Gedanken gegenüber unseren schlüpfrigen Freunden ablegen", sagt Kuijpers. Vielmehr sollten wir ihre Schönheit feiern und sie respektieren.