Endlich Feierabend, raus aus dem Büro und auf dem Heimweg noch einen kurzen Abstecher in den Supermarkt des Vertrauens machen. Dort noch fix frische Zutaten einkaufen und ab nach Hause, in die heimische Küche, um ein leckeres Abendessen zu kochen. Für viele Menschen hat Kochen nämlich eine beruhigende Wirkung: Man kommt beim Gemüseschneiden, beim Anbraten, beim Aufkochen und Andünsten runter, kann den Kopf nach einem harten Arbeitstag mal kurz ausschalten, sich am Herd kreativ austoben – und hat am Ende bestenfalls eine leckere Mahlzeit.

Außerdem zeigen Studien, dass Selbstkochen meist gesünder und frischer ist. Doch gesund und frisch hin oder her: Kochen ist nichts für jede*n! Einigen Menschen graut es davor, sich selber in die Küche stellen zu müssen – sie lassen sich bekochen, greifen stattdessen lieber zur Lieferdienst-App oder gleich zur Kamera. Zu diesen Menschen gehört Julia Wimmerlin: Die Fotografin lebt und arbeitet zur Zeit in der Schweiz und zeigt mit ihrer Fotoreihe I don't cook, but who cares – auf Deutsch in etwa Ich koche nicht, aber wen kümmert's – was sich sonst noch alles mit Lebensmitteln anstellen lässt.

Grünkohl ist die neue Goldkette

Auf den Fotos der Reihe ist eine junge Frau zu sehen, sie wirkt fast wie gemalt, im Stile der großen Künstler*innen längst vergangener Zeiten. Denn Kunst und Gemälde inspirieren Wimmerlin. Doch all die Accessoires und der Schmuck, den das Model um den Hals, auf dem Kopf, an den Ohren trägt, sind keineswegs die Arbeiten von Goldschmied*innen oder Schmuckdesigner*innen – es handelt sich dabei um Lebensmittel wie Grünkohl, Nudeln, Beeren, Hühnereier oder Kuchenteig.

Bei I don't cook, but who cares handelt es sich um ein ziemlich persönliches Projekt der Fotografin: "Ich koche nicht. Ich habe nicht nur keine Ahnung, wie man das macht, ich kann mir mich selbst auch einfach nicht in der Küche vorstellen – vor allem nicht nach einigen kläglichen Kochversuchen", erklärt sie gegenüber ze.tt. Sie liebe zwar Essen, könne sich aber einfach nicht auf das Kochen konzentrieren und habe keinen Nerv, mit verschiedenen Zutaten zu experimentieren: "Das alles kann ich nur, wenn ich an meinen Fotoprojekten arbeite", sagt Wimmerlin.

Essen ist schön

Dabei weiß die Künstlerin Essen und Lebensmittel durchaus zu schätzen, aber eben auf ihre eigene Art und Weise: "Essen ist ästhetisch schön", sagt Wimmerlin. Die Tatsache, dass sie selbst nicht kochen kann und will, bereut sie dann manchmal doch in Momenten, in denen Menschen zusammenkommen, gemeinsam etwas zubereiten und kreieren, was sie dann später zusammen genießen können. "Essen ist so ein großer Teil der menschlichen Geschichte und Kultur, dass ich, wenn ich eines Tages nicht doch noch anfange zu kochen, dem Essen eine weitere Serie unter diesem Aspekt widmen werde", so die Fotografin.

Wenn ich sage 'Ich koche nicht', können die Leute das zunächst nicht glauben, weil sie davon ausgehen, dass jede Frau kochen kann.
Julia Wimmerlin

Doch verhungern muss sie nicht: "Mein Ehemann ist ein großartiger Koch. Er liebt es, zu kochen", gibt sie zu. In solchen Momenten fällt ihr auch auf, dass Kochen einen hohen sozialen Stellenwert hat. "Wenn ich sage 'Ich koche nicht', können die Leute das zunächst nicht glauben, weil sie davon ausgehen, dass jede Frau kochen kann", beschreibt die Fotografin. Das war auch einer der Gründe, warum sie sich dazu entschied, ihre Abneigung gegenüber der Küche in eine Fotoreihe zu verwandeln. "Und ja, ich koche wirklich nicht. Nichtmal Spiegelei. Das verbrennt mir immer", fügt sie hinzu.

Weitere Arbeiten von Julia Wimmerlin findet ihr auf ihrer Webseite, auf der Foto-Plattform 500px und auf Instagram.