Einwohner*innen im baden-württembergischen Taisersdorf können es sich auf einer der neuen, quietschbunten Sitzgelegenheiten in der Ortsmitte bequem machen und warten – wenn sie in eine der umliegenden Gemeinden und Städte möchten. Über den Sitzen der sogenannten Mitfahrbänke stehen unterschiedliche Ziele. Je nachdem, wo die*der Taisersdorfer*in hin möchte.

Die Sitze in Taisersdorf sollen das Dorf und dessen Einwohner*innen mobil machen. Denn bisher kann man aus dem Ort nur mit dem Auto oder mit dem Rad wegkommen.

Der einzige Bus, der durch Taisersdorf kommt, ist ein Schulbus

Der einzige Bus, der durch das Dorf kommt, ist ein Schulbus. Um das Defizit im öffentlichen Nahverkehr auszugleichen, setzen die Taisersdorfer*innen jetzt darauf, dass man sich gegenseitig hilft und in den nächsten Ort mitnimmt. Es ist auch eine Alternative zu mitfahren.de, BlaBlaCar oder Flinc. Die Mitfahrbank hat außerdem einige schöne Nebeneffekte: Sie ist umweltfreundlich und lädt zu sozialem Austausch ein.

Die Ortsvorstehende, Angelika Thiel, ist optimistisch, dass das Dorf die Idee annehmen und nutzen wird. Gegenüber Utopia sagt sie: "Da sich im Ort die Leute kennen und auch ansonsten wenig Anonymität bei uns auf dem Land vorherrscht, dürfte es leicht sein, mitgenommen zu werden beziehungsweise jemanden mitzunehmen." Auch der Bürgermeister von Taisersdorf, Henrik Wengert, schreibt auf Facebook, dass er hoffe die Mitfahrbänke werden "als Möglichkeit des unkomplizierten, öffentlichen Personennahverkehrs" angenommen.

Notfalls kann man ja auch "nur" drauf sitzen und in die Sonne schauen

Dabei kommen die Mitfahrbänke vor allem dort zum Einsatz, wo der öffentliche Personennahverkehr nicht zur Stelle ist. In kleinen Dörfern und Gemeinden, wo nur einmal die Stunde ein Bus fährt. Oder dort, wo gar keiner fährt und ganze Dörfer vom Verkehrsnetz abgetrennt sind. Zum Beispiel in Bayern, Schleswig-Hollstein und Rheinlandpfalz, wo Dörfer und Gemeinden bereits auf Mitfahrbänke zurückgreifen.

Die Idee zur ersten Mitfahrbank hatte Ursula Berrens vom Caritasverband Westeifel im rheinland-pfälzischen Bitburg: "Das Charmante an der Mitfahrbank ist, dass die Bank an sich niemals eine Fehlinvestition sein kann", sagte Berrens gegenüber der Süddeutschen Zeitung. Wenn eine Gemeinde sich nicht mit der Idee, sie als Mitfahrgelegenheit zu nutzen, anfreunden könne, hätte man immer noch die Sitzgelegenheit im öffentlichen Raum.

Die Mitfahrbänke kommen nicht überall gut an

Auch im schleswig-hollsteinschen Bünsdorf gibt es eine eine Mitfahrbank, auf der die Anwohnenden darauf warten können, dass sie jemand mitnimmt. Die Idee werde allerdings nicht gut angenommen, sagte der Oberbürgermeister Jens Kühne gegenüber der Süddeutschen Zeitung: "Die Eltern haben Bedenken und fahren ihre Kinder doch lieber selber."

Die Mitfahrbank-Initatorin Berrens erzählt, dass bei jungen Mädchen plötzlich Autos anhalten würden, nachdem Seniorinnen vergeblich auf eine Mitfahrgelegenheit warteten. Anders als die Mitfahrportale im Netz, kann man kaum nachvollziehen, mit wem man fahren wird oder gefahren ist.

Unsicherer als die Onlineportale sind die Bänke definitiv. Gemütlicher als mit einem Schild und ausgestrecktem Daumen an der Autobahnauffahrt zu stehen, aber auch. Ob die Mitfahrbänke sich durchsetzen werden, hängt davon ab, ob und wie das deutsche Nahverkehrsnetz im dörflichen Raum in den kommenden Jahren ausgebaut wird.