"Faustball": Als Analogie sprach der Chefarzt der Frauenklinik diese Vokabel aus, damit ich mir besser vorstellen konnte, dass der Tumor an meinem linken Eierstock recht groß gewachsen war. Später würde ich im makroskopischen Befund "14 x 9 x 8 Zentimeter, 614 Gramm" lesen. Tatsächlich fühlte sich dieses Arztgespräch wie eine geballte Faust in der Magengrube an. Zuvor hatte ich noch geglaubt, lediglich ein wenig zugenommen zu haben – denn ich esse mit gutem Appetit, hatte nie Beschwerden und erst recht keinen Verdacht. Bei der Vorsorgeuntersuchung wies der Ultraschall eine schwarze Fläche auf, die meine Frauenärztin vorsichtig "Raumeinnehmung" nannte, und mich umgehend auf den Operationstisch schickte. Erst während des Eingriffs würde man herausfinden, ob das Geschwulst gut- oder bösartig beschaffen war.

"Kannst du überhaupt noch schwanger werden?"

Ich wurde an Weihnachten operiert, was dazu führte, dass die ohnehin emotionale Situation der Ungewissheit sich zuspitzte. Nach dem Eingriff, der trotz massiver Komplikationen erfolgreich verlief, schien die wichtigste Frage stets die nach meiner Gebärfähigkeit. "Aber kannst du überhaupt noch schwanger werden?" Meine Mutter, Arbeitskolleg*innen, diverse Freund*innen, – alle bohrten maximal erwartungsvoll nach, wie es um meine Fruchtbarkeit stünde. Besonders taktlos empfand ich eine Verwandte, die anmerkte, ich solle doch die traumatische Operation möglichst schnell durch eine Schwangerschaft verarbeiten, "denn mit deinem vietnamesischen Freund hättest du sicher sehr süße Babys."

Diese Aussage war nicht nur rassistisch, sondern auch eine Reduzierung auf die Funktion des weiblichen Körpers, die mich ziemlich wütend machte. Einer Frau in der reproduktiven Phase den obligatorischen Kinderwunsch als höchste Prämisse zu unterstellen, ist schon unsensibel genug. Doch potenziellen Nachwuchs als wichtiger zu erachten als Genesung und Wohlergehen dieser Frau, erschien mir absurd.

Meine Befindlichkeit verschlechterte sich dank eines katastrophalen Hormonhaushalts immer weiter. Bei einem einseitig entfernten Eierstock übernimmt das übrige Ovar in aller Regel die Verantwortung. In meinem Fall dauerte es Monate, in denen ich willkürlichen hormonellen Zuständen ausgesetzt war, die mit Wechseljahren vergleichbar waren. Ich konnte kaum schlafen und litt unter mir unerklärlichen depressiven Verstimmungen. Nie zuvor war ich derart sensibel, nervös und nah am Wasser gebaut gewesen. Alles brachte mich zum Weinen, sogar die Zärtlichkeiten meines Freundes. Ich hatte große Angst, dass er aus Vorsicht und Behutsamkeit nie wieder vögeln wollte. Wochen später war der Sex noch schmerzvoll; ich spürte eine posttraumatische Rückwirkung der Operation. Vor allem aber war ich ratlos. Ich hätte mir mehr Erfahrungsberichte gewünscht, um diese emotional unerträglichen Wochen der Ungewissheit zu begreifen. Schließlich half nur eine Hormontherapie, um den Zyklus wieder anzukurbeln.

Wieder gesund werden bedeutet viel mehr, als wieder schwanger werden zu können

Ganzheitliches Wohlergehen bedeutet nach einer Eierstockentfernung nicht nur die Gewissheit, theoretisch schwanger werden zu können. Vor allem heißt es, über einen lebendigen Hormonhaushalt verfügen zu dürfen, in dem die Gestagene und Östrogene nicht nur den Zyklus, sondern auch die Stimmung balancieren. Denn das weibliche Sexualhormon steuert neben dem sexuellen Interesse vor allem Blut- und Knochengesundheit, kognitive Fähigkeiten des zentralen Nervensystems und das Stressempfinden.

Regelmäßig zur Vorsorge zu gehen, empfinde ich heute nicht nur als medizinische Notwendigkeit, um gesundheitliche Risiken auszuschließen. Vor allem nehme ich sie als Privileg war, mit dem viele Leiden verhindert werden können. Das fachmedizinische Nachschlagewerk AMBOSS unterscheidet etwa 20 Typen von Eierstocktumoren; im Falle eines Befunds fällen Ärzt*innen ein Urteil darüber, ob der Eierstock mitentfernt werden muss. Zirka 75 Prozent aller operativ entfernten Ovarialtumore sind gutartig, und je nach Größe werden sie durch eine Bauchspiegelung oder einen Bauchschnitt entnommen. Jeder Tumor ist also höchst individuell und bedarf ärztlicher Sorgfalt.

Ich würde Betroffenen gerne ans Herz legen, sich Gynäkolog*innen zu suchen, die nicht nur über die Notwendigkeit der regelmäßigen Vor- und Nachsorge aufklären, sondern genug Vertrauen erwecken, psychische Belastungen und den Hormonhaushalt ansprechen zu können. Es erfüllt mich mit Dankbarkeit, dass ich das konnte.

Die Wut, die ich darüber empfand, dass in meinem Umfeld öfter nach meiner Funktionsfähigkeit als meinem seelischen und körperlichen Befinden gefragt wurde, ist geblieben. Sie hat sich mit einer Wut vermengt, die auch den haarsträubenden Diskurs um § 219a und andere Belange der stets bedrohten Basis bedingungsloser Frauengesundheit angeht. Empathische, sachverständige, beherzte Gynäkolog*innen sind unverzichtbare Protagonist*innen des Feminismus.