Vergangene Woche fand der G20-Gipfel in Japan statt. Die mächtigsten Regierungschef*innen sowie Vertreter*innen von Wirtschaftsinstitutionen wie der Weltbank trafen sich in Osaka, um über die internationale Zusammenarbeit zu beraten. Unter den Delegierten befand sich auch Ivanka Trump, die Tochter des US-Präsidenten Donald Trump. Ihr Auftritt in der Instagram-Story des französischen Elysée-Palasts löste einen Twitter-Trend aus.

Das Video zeigt die zurückgetretene britische Premierministerin Theresa May, den französischen Präsidenten Emmanuel Macron sowie die Direktorin des Internationalen Währungsfonds Christine Lagarde in einem Gespräch. Ivanka Trump stellt sich dazu. Es wirkt, als würde sie sich von den anderen eher unerwünscht in das Gespräch einmischen. Lagarde zieht die Augenbrauen nach oben und sieht sie scheinbar irritiert an.

Das Video wurde vielfach auch auf Twitter und Facebook geteilt und inspirierte den Hashtag #UnwantedIvanka. User*innen bastelten Fotomontagen der "unerwünschten Ivanka", in denen Ivanka Trump in unterschiedlichen historischen Momenten auftaucht – von der Jalta-Konferenz mit Josef Stalin, Winston Churchill und Franklin D. Roosevelt bis zur Hochzeit des britischen Prinz Harry und Meghan Markle.

Hinter diesen Spaßaktionen steckt eine Irritation der User*innen: Warum nimmt der US-Präsident seine Tochter auf den G20-Gipfel und andere wichtige Treffen internationaler Regierungschef*innen mit? Angela Merkel nimmt ihren Mann schließlich auch nicht mit. Was macht Ivanka Trump dort? Was ist eigentlich ihre Rolle im Weißen Haus?

Die erste First Daughter der USA

Offiziell ist Ivanka Trump Beraterin des Präsidenten – wie auch ihr Mann Jared Kushner. Doch anders als ihr Ehemann, der unter anderem in Gefängnisreformen oder die Nahostpolitik involviert ist, hat Ivanka Trump keine operativen Aufgaben. "Aus der Not heraus, weil man nicht wusste, was Frau Trump als Beraterin eigentlich macht, hat man den Titel der First Daughter erfunden", sagt der Politikwissenschaftler Thomas Jäger. "Den gab es vorher nicht. Der soll zeigen, dass sie ein Mittelding ist zwischen Tochter – was ihre eigentliche Qualifikation für den Job ist – und Aufgaben, die die First Lady gewöhnlich macht." In ihrer Rolle als Beraterin und First Daughter soll sich Ivanka Trump um die Förderung von Frauen kümmern. Mit diesem Thema ist sie auf den G20-Gipfeln und anderen internationalen Treffen unterwegs.

In Trumps Vorstellung ist Ivanka Trump die erste Präsidentin der USA.
Politikwissenschaftler Thomas Jäger

Wie erfolgreich ist Ivanka Trump bei ihrer Arbeit? Jäger nennt zumindest Maßstäbe, an denen sich ihr Arbeitserfolg messen lassen könnte. "Es wäre ein Erfolg, wenn über das Thema bei großen Konferenzen überhaupt gesprochen wird. Wenn das Thema auf die Agenda kommt. Wenn es ihr gelingt, Gesprächskreise zusammen zu bekommen, wo das politische Spitzenpersonal sich über dieses Thema unterhält. Wenn es ihr gelingt, dafür zu sorgen, dass in den USA und anderen Staaten das Thema mit Geld unterlegt wird, Programme aufgebaut werden. Daran würde man sehen, dass dieses Thema an Bedeutung gewonnen hat." Ob Ivanka Trump tatsächlich dazu beiträgt, das Thema auf die Agenda zu setzen, hält Jäger für eher unwahrscheinlich.

Die Marke Trump

Für Thomas Jäger steckt hinter der Anwesenheit Ivanka Trumps auf wichtigen Konferenzen noch ein ganz anderes Ziel: "Ein Motiv, das Trump von Beginn an verfolgt, ist, die Marke Trump im politischen Establishment zu etablieren", sagt  Jäger. "So wie er vorher die Marke Trump im Immobilien- und Entertainmentsektor aufgebaut hat. Trump verfolgt eine Art dynastischen Gedanken. Und da hat er sich seine Nachfolgerin, zumindest in seinem Kopf, schon ausgesucht. In seiner Vorstellung ist Ivanka Trump die erste Präsidentin der USA. Und deswegen nimmt er sie mit."

Indem er sie häufig zu Terminen mitnimmt, verschaffe er ihr Bilder. "Man muss bedenken, dass die USA ein ganz eigentümliches Verfahren haben, ihre Spitzenpolitiker zu suchen. Namenskennung ist in den USA ein ganz wichtiger Punkt ist, man muss ein Küchentischname sein, einen, den jeder kennt – und das sind die Trumps inzwischen", sagt Jäger. Die Präsidentschaft sieht der Politikwissenschaftler zwar noch nicht, wohl aber andere wichtige Ämter, beispielsweise das Bürgmeister*innenamt in New York oder einen Gouverneur*innenposten. "Mit einer entsprechenden Medienkampagne wäre sie sehr wohl in der Lage, Unterstützung zu bekommen."