Das Landesarbeitsgericht Berlin hat am Dienstag in einem Gerichtsurteil einer Kopftuch tragenden Lehrerin eine Entschädigungszahlung zugesprochen. Die Informatikerin hatte sich als Quereinsteigerin für Stellen an Gymnasien, Sekundarschulen und Berufsschulen beworben. Aufgrund des hohen Mangels an Lehrenden in Berlin sind solche Bewerbungen eine unverzichtbare Notlösung: 2.700 Lehrkräfte wurden zum neuen Schuljahr in Berlin eingestellt, davon 740 Quereinsteiger*innen. Da es jedoch laut Berliner Neutralitätsgesetz Lehrenden an Gymnasien und Sekundarschulen untersagt ist, religiöse Symbole zu tragen, wurde die Klägerin hier abgelehnt, obwohl qualifizierte Informatiklehrer*innen gesucht wurden. Sie wurde an eine Berufsschule verwiesen. Hier hätte sie Schüler*innen, die älter sind als 18 Jahre, unterrichten dürfen. An der Schule gab es jedoch bereits geeignete Lehrkräfte für ihr Fach.

Im Mai dieses Jahres hatte das Arbeitsgericht in Vorinstanz die Klage abgewiesen, mit Hinweis auf das erwähnte Neutralitätsgesetz, das 2005 in Berlin in Kraft trat. Diesmal entschied die Richterin jedoch, dass dem gesetzlichen Verbot religiöser Symbole wie dem Kopftuch eine konkrete Gefahr für den Schulfrieden oder für die staatliche Neutralität vorhergehen müsse – was sie in diesem Fall nicht erkenne. Mehr noch verstehe sie das Verhalten der Berliner Schulbehörde und das Urteil aus erster Instanz als Diskriminierung der Informatikerin aufgrund ihres Glaubens. Daher muss das Land Berlin ihr eineinhalb Monatsgehälter von insgesamt 5.981 Euro zahlen. "Der Konflikt um das Neutralitätsgesetz sollte nicht weiter auf dem Rücken der betroffenen Frauen ausgetragen werden", kommentierte der Berliner Justizsenator Dirk Behrendt zustimmend. Die rot-rot-grüne Regierung muss das Gesetz nun auf den Prüfstand stellen. Im vergangenen Jahr hatte eine Frau, die sich ebenfalls als Lehrerin in Berlin beworben hatte und wegen ihres Kopftuchs abgelehnt wurde, eine Entschädigung von rund 7.000 Euro bekommen. Ein weiterer Fall, bei dem eine Lehrerin klagte, weil sie nicht mit Kopftuch an einer Grundschule unterrichten darf, wird bald in zweiter Instanz verhandelt.

Eine Juristin mit Kopftuch scheiterte in Bayern mit ihrer Klage vor Gericht

Bereits im Jahre 2015 hatte das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe entschieden, dass für ein Kopftuchverbot eine konkrete Gefährdung des Schulfriedens bestehen müsse. Da das Thema Bildung in der Zuständigkeit der Bundesländer liegt, wird das Urteil nicht flächendeckend umgesetzt. Es wurde jedoch von Bundesländern wie Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und Baden-Württemberg übernommen: Lehrerinnen mit Kopftuch werden hier nicht als Problem angesehen, wie auch in Bremen. Auch in Schleswig-Holstein gibt es Kopftuch tragende Lehrkräfte. In Bayern hingegen gibt es eine Einzelfallprüfung. Verboten ist das Kopftuch, wenn es bei Schüler*innen oder Eltern "auch als Ausdruck einer Haltung verstanden werden können, die mit den verfassungsrechtlichen Grundwerten und Bildungszielen der Verfassung einschließlich den christlich-abendländischen Bildungs- und Kulturwerten nicht vereinbar ist". Das schließt also Kopftuch tragende Lehrerinnen nicht aus: 2016 gab es etwa eine Referendarin, die mit Kopftuch an einer Augsburger Schule unterrichtete. Eine andere Frau scheiterte hingegen in dem Bundesland mit ihrer Klage gegen das Kopftuchverbot für Richterinnen. Auch sie war Referendarin. Hier wurde das Urteil mit dem bayerischen Neutralitätsgesetz begründet und seitens des Gerichts keine Diskriminierung der Klägerin gesehen.