Im Irak konnten die Kurd*innen am Montag über ihre Unabhängigkeit abstimmen. Das Ergebnis ist nicht bindend, könnte aber krasse Auswirkungen haben.

Was ist da eigentlich los im Irak?

Während die überwiegende Mehrheit der Menschen im Irak Araber*innen sind, leben etwa 15 bis 20 Prozent Kurd*innen im Land. Zwischen den Ethnien herrschen schon lange Kämpfe und Krieg, besonders um die ölreichen Gebiete.

Seit den 1990er-Jahren gibt es auch einen De-facto-Staat der Kurd*innen im Irak: die sogenannte Kurdische Region im Irak (KRI). Die Kurd*innen verfügen bereits über ein eigenes Parlament, eigene Streitkräfte (Peschmerga) und eine eigene Sprache. Gegenwärtig handelt es sich dabei jedoch um eine Region, die sich nach wie vor im Staat Irak befindet – also offiziell kein eigener Staat ist.

Was soll das Referendum nutzen?

Die Kurd*innen wollen sich endlich offiziell vom Irak abspalten und ihr Gebiet erweitern. Diesen Montag stimmten die Bewohner*innen der KRI gemeinsam mit anderen kurdischen Gebieten über die endgültige Autonomie ab. Würde es je dazu kommen, gäbe es den bisherigen Staat Irak nicht mehr. Er wäre dann zweigeteilt.

Wer sind Kurd*innen – und warum haben sie keinen eigenen Staat im Irak?

Kurd*innen leben nicht nur im Irak, sondern auch in der Türkei, im Iran und in Syrien. Obwohl es auf der Welt zwischen 25 und 30 Millionen Kurd*innen gibt, sind sie ein Volk ohne Staat, da ihre Ethnie nie anerkannt wurde. Seit jeher kämpfen Kurd*innen für ihren Traum vom eigenen Staat namens Kurdistan.

Im März 1969 bot die irakische Regierung den Kurd*innen das Recht auf Selbstbestimmung an. Ein Jahr später unterschrieben beide Seiten auch einen Friedensvertrag. Durch die Anerkennung des Kurdischen Autonomen Gebietes endete der Konflikt kurzfristig.

Bei der Festlegung der Grenzen des Gebietes kam es jedoch wieder zu Streit. Im April 1974 startete der Krieg erneut. Unter Saddam Hussein dann folgte ein regelrechtes Massaker gegen die Kurd*innen mit Giftgas. Viele wurden getötet oder vertrieben.

Was passiert jetzt gerade?

Bis es ein endgültiges Ergebnis des Referendums gibt, wird es noch einige Tage dauern. Man rechnet aber mit einer großen Mehrheit für die Abspaltung. Erste Beobachter*innen der Wahlen bestätigen das.

Doch auch wenn sich die Kurd*innen bei der Abstimmung einig sein sollten, sieht das die irakische Zentralregierung anders. Sie erklärte das Referendum bereits vorher für verfassungswidrig. Somit hat das Referendum ausschließlich symbolischen Charakter und ist nicht bindend.

Wer spricht noch alles mit?

Das Referendum ist heftig umstritten. Weder die Zentralregierung in der irakischen Hauptstadt Bagdad, noch die Türkei wollen es hinnehmen. Auch der Nachbarstaat Iran lehnt das Referendum scharf ab. Der Iran schloss bereits seine Grenzen, die Türkei und die irakische Regierung drohten der kurdischen Regionalregierung mit wirtschaftlichen Sanktionen und dem Einsatz der Armee. Die USA stehen dem Referendum ebenfalls kritisch gegenüber.

Warum mischt sich die Türkei ein?

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan bezeichnete das Referendum zuvor als "null und nichtig". Die Türkei werde das Ergebnis der "illegalen Volksabstimmung" nicht anerkennen. Zudem drohte er mit einer militärischen Intervention im Nordirak. "Wir können eines Nachts ganz plötzlich kommen", sagte er am Montag in Istanbul.

Warum Präsident Erdoğan auf das Referendum so scharf reagiert, hat einen Grund: Auch in der Türkei fordern die Kurd*innen immer lauter einen eigenen Staat. Seine emotionale Reaktion auf die Geschehnisse zeigt, wie nervös ihn die Kurdenfrage macht.

Wie geht es jetzt weiter?

Egal wie die Abstimmung ausgeht, so schnell wird es zu keiner Spaltung des Irak kommen. Vielmehr ist es eine Abstimmung mit Symbolcharakter. Die Lage im Land ist angespannt. Wie sehr, zeigt sich in der Stadt Kirkuk, die eine Ausgangssperre für die Menschen verhängt hat.

Niemand weiß derzeit, wie der Irak und seine Nachbarländer in den nächsten Tagen auf die lautstarke Forderung der Kurd*innen reagieren werden. Wie auch immer: Die Kurd*innen werden ihren Kampf für einen eigenen Staat nicht aufgeben.