Was bedeutet es eigentlich, ein richtiger Mann zu sein? Viele Muskeln zu haben? Einen Abfluss reparieren können? Schwachsinn. Das Einzige, das Männer genetisch zu Männern macht, ist ein Y-Chromosom. Trotzdem wird von Männern wie auch von Frauen ein bestimmtes Verhalten, Können oder Aussehen erwartet. Das betrifft viele Lebensbereiche: von Kleidung über Hobbys bis zu Berufen oder Kindererziehung.

Frauen kämpfen seit langem darum, steinzeitliche Geschlechterrollen und deren Erwartungen zu überwinden. Auch wenn sie heute in den meisten Bereichen zumindest rechtlich gleichgestellt sind, gibt es in der Gesellschaft nach wie vor bestimmte Vorstellungen darüber, was typisch Frau sein soll. Diese vermeintliche Pflicht, sich an bestimmte Erwartungen halten zu müssen, gilt allerdings nicht nur für Frauen. Es gibt ebenso viele Männer, die sich darum bemühen, das gesellschaftlich konstruierte Bild des typischen Männlichseins aufrechtzuerhalten. Oder zumindest glauben sie, das tun zu müssen.

Diese Anpassung an gesellschaftliche Kopfklischees geht manchmal auf Kosten der eigenen Wünsche und Freiheiten. Auf Reddit fragte der User watermelancholia andere Männer, was sie alles tun würden, wenn es nicht als weiblich gelten würde oder vermeintlich gesellschaftlich inakzeptabel wäre. Es stellt sich heraus, dass die antwortenden Männer auf ziemlich viele Dinge verzichten, nur damit sie in ihre Rollen passen. Der Subreddit erhielt bis jetzt mehr als 9.500 Kommentare.

Geschniegelt und gestriegelt

Einschränkungen ziehen sich über viele Lebensbereiche. So schreiben zum Beispiel viele User davon, gerne Schönheitsprodukte der Frauen verwenden zu wollen, um auch so "blumig" und "fruchtig" zu duften. Über Shampoos und Duschgels, Parfums oder Haarconditioner: Würden sie sich trauen, dann würden sie diese und ähnliche Produkte am liebsten in Granatapfel- oder Schokoladenduft kaufen. Ein anderer Nutzer fügt hinzu, dass er gerne auch so eine schöne, weiche Haut wie seine Freundin haben möchte und daher nun zweimal wöchentlich "eine von diesen Gesichtsmasken" verwendet. Und obwohl er richtig süchtig danach ist, schämt er sich, anderen davon zu erzählen.

Großes Thema scheint auch die Haarentfernung zu sein, vor allem im Bereich des Hintereingangs. Nervige Haare professionell entfernen zu lassen, ist für manche Reddit-User keine Option, obwohl sie es so gerne täten. Andere wiederum konnten ihren "Stolz überwinden" und feiern ihre neue Lebensqualität:

Ein wenig eifersüchtig sind die Herren auch auf die bequemen Kleidungsmöglichkeiten der Frauen. "Wenn ich keinen Penis hätte, würde ich nur Yogahosen tragen", schreibt ein User mit dem delikaten Namen trump_did_nineeleven. Generell scheint das Tragen von Leggings, Strumpfhosen und sogar Röcken ein unerfüllter Wunsch der Reddit-User zu sein, so gemütlich würden sie aussehen. Nichts sei wohl angenehmer, als an heißen Sommertagen einen luftigen Rock tragen zu können. Zumindest die Männer im Forum würden es tun, wenn sie auf der Straße nicht so seltsam beäugt würden.

Herzzerreißend

Wer ab und zu ein paar Tränen vergießt, gilt als unmännlich. So ist zumindest die Meinung der User, die gerne die Freiheit hätten, das tun zu können. Sei es bei einem traurigen Film oder bei einem Streit mit dem*der Partner*in. Emotional überwältigende Situationen müssen laut der Klischeeregeln männlich gehandhabt werden, und Männlichsein und Tränen passen nicht zusammen. Diejenigen, die trotzdem manchmal weinen, müssten es geheim halten.

Manche fühlen sich so sehr in ihrer Geschlechterrolle gefangen, dass sie sich selbst in ihrem Sprachgebrauch einschränken. Dann trauen sie sich nicht Worte wie "süß" oder "hinreißend" zu rufen, wenn sie ein Hunde- oder Menschenbaby sehen. Oder schlicht einem anderen Mann ein Kompliment zu machen, ohne sofort als homosexuell oder Weichei zu gelten. Der User andrewtouchedme hat sogar einen Tipp, wie Mann das umgehen kann: ein "fucking" davor setzen und schon sei alles wieder in die männlichen Bahnen gelenkt. Fucking süß? Bitte nicht.

Männerfreizeit

Auch bei ihren Hobbys fühlen sich die Reddit-Männer eingeschränkt. Einige User berichten, dass sie gerne stricken, häkeln oder sticken würden. Weil es entspannend ist und weil sich Selbstgemachtes super als Geschenk eignet. "Ich würde so hart stricken, Bro!", schreibt xIVlike. Ein stickender Mann passt den meisten allerdings nicht ins stereotype Weltbild, weswegen sie das Hobby gar nicht erst aufnehmen. Andere würden sich bereits schämen, öffentlich einen Fruchtdrink oder einen Cocktail zu bestellen.

Wieder andere würden gerne einmal bei der Löffelchenstellung innen liegen und bekuschelt werden. Das sei allerdings nicht üblich, da Männer oft größer seien und es erwartet würde, den großen Löffel zu spielen. Ein paar Männer meldeten sich später dann doch, sie nannten die verkehrte Version der Löffelchenstellung Jetpacking.

Ernster wird es, wenn ein Mann das Gefühl hat, seinen gesamten Lebensinhalt an die Erwartungen der Gesellschaft anpassen zu müssen. Wenn sein Umfeld eigene Vorstellungen von seinem Leben hat und bereits den Sekt kaltstellt, da er doch sicherlich sehr bald zum Chef befördert wird, oder? Für die Familiengründung ist dann wohl die Frau zuständig. In welchem Jahrhundert leben wir?

Ob männliches oder weibliches Klischeeverhalten – ein User bringt es auf den Punkt:

Ist es nicht egal, welches Geschlecht welche Kleidung trägt, welchen Hobbys nachgeht, welche Beautyprodukte verwendet? Was kostet es, blumig duftende, Leggings tragende, Mützen strickende Männer nicht als Sonderlinge abzustempeln? Jeder Mensch, Geschlecht hin oder her, hat die Berechtigung, so sein zu dürfen, wie er will. Wer sind wir denn schon, um jemanden das abzusprechen – und sei es nur mit einem Blick.

Jetzt seid ihr dran, liebe ze.tt-Leser*innen. Was würdet ihr am liebsten tun, wenn es die gesellschaftlichen Geschlechterrollen leichter zulassen würden? Schreibt mir eine E-Mail mit euren Antworten an pk@ze.tt.