Die US-Regierung unter Donald Trump arbeitet offenbar daran, die Definition von Gender deutlich einzugrenzen: Laut Informationen der Tageszeitung The New York Times zieht die Regierung in Betracht, Gender als etwas rein biologisches sowie als unveränderlichen Zustand zu definieren, welcher bereits bei der Geburt festgelegt wird. Das wäre der bisher einschneidendste Schritt gegen die Rechte von Transmenschen im Federal Civil Law. Damit würden Fortschritte und Lockerungen, die unter Ex-Präsident Barack Obama stattfanden, durch die Trump-Regierung rückgängig gemacht. Unter Obama wurde in einigen Bundesprogrammen das Verständnis von Gender erweitert und als eine individuelle Wahl verstanden, nicht als eine Zuweisung bei Geburt.

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Der New York Times liegt ein Memo des Department of Health and Human Services vor, wonach eine strenge Geschlechterdefinition in den sogenannten Title IX des Federal Civil Rights Law aufgenommen werden soll. Title IX ist ein Bundesgesetz von 1972, welches die Diskriminierung von Personen aufgrund ihres Geschlechts, hier im Wortlaut "Sex", untersagt. Das Department fordert in dem Memo, dass Regierungsbehörden eine genaue und eindeutige Definition von Gender beschließen sollen. Demnach sei Gender "auf biologischer Grundlage eindeutig, wissenschaftlich nachweisbar, objektiv und administrierbar". Geschlecht (Sex) wäre demzufolge nur noch entweder männlich oder weiblich, unveränderlich und ergebe sich auf Grundlage der Geschlechtsorgane, mit denen eine Person geboren wird. Jede Anfechtung dieser Definition müsste dann mithilfe von Gentests geklärt werden.

1,4 Millionen US-Amerikaner*innen wären betroffen

Wortwörtlich heißt es in dem Memo: "Geschlecht bedeutet, den Status eines Menschen als männlich oder weiblich festzulegen, basierend auf unveränderlichen biologischen Eigenschaften, festzustellen während oder vor der Geburt. Das Geschlecht, welches auf der Geburtsurkunde vermerkt ist, soll eine definitive Auskunft über das Geschlecht der Person geben, sofern zuverlässige Gentests nicht das Gegenteil beweisen." Dieser Ergänzung würde den bisher weiter gefassten Begriff von Geschlecht beziehungsweise Gender sehr stark eingrenzen, Gender und Geschlecht würden demnach fortan als dasselbe verstanden.

Diese enge Definition würde vielen US-Amerikaner*innen ihre Identität rauben: Laut einer Studie des Williams Institute von 2016 leben etwa 1,4 Millionen Menschen in den USA, die sich selbst als transgender definieren, denen bei ihrer Geburt also das falsche Geschlecht zugeordnet wurde. Gegenüber der New York Times äußert sich Catherine E. Lhamon, die sich unter Präsident Obama für die Rechte von Transmenschen einsetzte, zu der engen Definition: "Das bedeutet, dass das, was die Medizin von ihren Patient*innen versteht und wie die Menschen sich selbst definieren, keine Rolle mehr spielt, weil die Regierung es anders sieht."

#WontBeErased: "Wir brauchen alle."

Die Trump-Regierung hat bereits mehrfach versucht, die Rechte von Transmenschen in den USA zu beschränken. Beispielsweise wurde einigen Transmenschen zu Beginn des Jahres der Militärdienst verboten. Dazu erklärt Sarah Warbelow, Leiterin der Bürgerrechtsbewegung, der New York Times: "Transmenschen haben Angst. Die Regierung richtet sich mit jedem möglichen Schritt gegen sie." Zurzeit formiert sich unter anderem auf Twitter Widerstand: Unter #WontBeErased teilen Menschen ihren Unmut über die geplante Definition, machen einander Mut, sichern Unterstützung zu und empowern sich gegenseitig.

"Trumps Regierung darf unseren transexuellen Brüdern und Schwestern, Söhnen und Töchtern nicht ihre Rechte wegnehmen. Macht darauf aufmerksam, erhebt eure Stimmen und geht wählen!", schreibt ein User. "Transrechte sind Menschenrechte und wenn du nicht glaubst, dass sie zu uns kommen und uns unsere Identität nehmen, unser Recht, vielleicht sogar unser Leben, wach verdammt noch mal auf. Wir kämpfen, wir kämpfen schon lange, und wir brauchen dich. Wir brauchen alle", twittert eine andere Userin.

Bisher äußerte sich Roger Severino, der Leiter des Büros für Bürgerrecht, nicht zu den Anfragen der New York Times. Eine Sprecherin des Department of Health and Human Services erklärte laut der Presseagentur Reuters lediglich, dass man sich vorerst nicht zu den "angeblich durchgesickerten Dokumenten" äußere. Die neue Definition findet sich offenbar in zwei vorgeschlagenen Gesetzesänderungen wieder, welche derzeit im Weißen Haus geprüft werden. Beide Änderungen werden voraussichtlich diesen Herbst veröffentlicht und stehen danach der Öffentlichkeit für etwa 60 Tage zum Kommentieren zur Verfügung. Anschließend werden die Kommentare überprüft, bevor das finale Gesetz rechtskräftig wird.