Die ersten Reflexe, die nach dem gescheiterten Verbotsverfahren der Nationaldemokratischen Partei Deutschlands (NPD) aufkommen, sind höchst moralische: Unverständnis und Wut.

Unverständnis darüber, dass Menschen sich Politiker*innen nennen dürfen, die unsere Verfassung und Demokratie verachten. Wut darüber, dass sich in unserer Gesellschaft politische Vertreter*innen offen rassistisch äußern dürfen, ungestraft und ohne Konsequenzen.

Das sind sehr nachvollziehbare Emotionen: Und doch gilt es, das zu schlucken. Weil Demokratie eben stärker ist als eine abgehalfterte Partei. Dazu gehört auch, die paar Störenfriede zu ertragen.

Wir sprechen hier, relativ betrachtet, über wirklich wenige Mitglieder, vielleicht noch knapp 5.000 in ganz Deutschland (PDF). Wenn man so will, haben sie also genau gar keinen politischen Einfluss. Sie sitzen kaum noch in Landtagen, sind höchstens noch in ein paar Kommunen zu finden. Finanziell geht es ihnen mies. Kurz: Die NPD wird früher oder später vollends in der Belanglosigkeit verschwinden.

Das ist doch ein Lichtblick: Diese Partei muss gar nicht verboten werden. Die Deutschen haben ihr ja schon längst selbst gezeigt, wo sie hingehört – weg. Und zwar ohne Gerichte, ohne Tamtam.

Das Problem ist ein viel tiefgreifenderes

Dennoch müssen wir gerade jetzt stärker für unsere Werte einstehen als je zuvor. Denn das eigentliche Problem sitzt nicht in Regierungen oder Oppositionen – sondern in den Köpfen der Menschen, die sich abgehängt fühlen. Ängste und Sorgen harmonieren hervorragend mit Rassismus. Das schafft ein klares Feindbild: Menschen mit Migrationshintergrund und Geflüchtete.

Wir beobachten derzeit wie der Rassismus, schleichend und verpackt in markigen Sprüchen, sich wieder Zugang zu deutschen Köpfen verschafft – und von da aus in grausame Reaktionen umschlägt. Bautzen, Freital, Heidenau: Nicht alle dieser Menschen sind "Nazis" oder rechtsradikal. Sie haben endlich jemanden gefunden, der ihre Probleme hört. Also hören sie ihnen zu, egal wie sie sich nennen, ob Pegida oder AfD.

Diese Probleme muss die Politik dringend zu ihren machen: Die Menschen in strukturell schwächeren Gegenden haben keine Jobs und schwerere Zugänge zu Bildung. Für sie gibt es wenig Perspektive. Der Bundestag muss sich stärker denn je um echte Chancengleichheit für alle Deutschen bemühen. Das sollten wir von unseren Politiker*innen fordern, etwa durch Demonstrationen – denn auch das gehört zu einer Demokratie.

Nachdem die Debatte über ein Verbotsverfahren einer demokratischen – und nichtigen – Partei jetzt wieder vorbei ist: Wir selbst müssen alles daran setzen, diese besagten Menschen zurückzugewinnen. Was wir selbst im Kleinen tun können: sie mitnehmen, sie nicht belächeln, fair, aber dennoch hart mit ihnen diskutieren. Das fängt in der eigenen Familie und im Freundeskreis an. Oft ist ein offenes Ohr ein Anfang, damit unsere Mitmenschen sich nicht ausgeschlossen fühlen. Und wer sich nicht ausgeschlossen fühlt, bei dem hat es auch der Rassismus schwer.

Wenige Monate sind noch hin zur Bundestagswahl. Noch ist nichts verloren.