Nackte Körperteile, Haut, verrenkt, ineinander verschlungen oder ganz allein für sich: Das Fotoprojekt

Pure Bodies zeigt Menschen so, wie sie aussehen – unretuschiert, echt, ehrlich. Die Person hinter der

Kamera heißt Paula Charlotte. Die 25-Jährige lebt in Leipzig, schreibt dort gerade an ihrer Masterarbeit in Psychologie und findet dennoch Zeit, die Körper der unterschiedlichsten Menschen in ihren Bildern festzuhalten. Für sie ist das Ganze ein Herzensprojekt.

Es fing alles damit an, dass Paula für eine Ausstellung zwei Freund*innen, Franziska und Luca, fotografierte. Auf den Bildern sind nur Körperpartien, Details zu sehen – nie der ganze Körper. Paula erinnert sich: "Ich hab gemerkt, dass das Shooting mir extrem viel Spaß gemacht hat und dieser Blickwinkel auf Körper mich auf eine bestimmte Art und Weise berührt."  Und so setzte sie das Projekt fort und stellte dabei fest: Es löst auch in anderen etwas aus. Sie bekommt vor allem auf Social Media viel positives Feedback auf ihre Fotoserie und ihre Texte: "Eine Bekannte schrieb mir, sie traue sich endlich wieder, im Sommer kurze Hosen zu tragen. Das berührt mich total", erklärt Paula.

Den eigenen Körper entdecken

Und auch die Personen vor der Kamera reagieren bewegt: "Sie entdecken zum Teil ihren eigenen Körper völlig neu, entdecken, wie schön sie sind, wie wertvoll jede einzelne Stelle ist. Das allein ist ja schon eine enorme Bereicherung", führt Paula an. Doch auch auf sie selbst und ihr eigenes Körpergefühl hat ihre Arbeit einen Effekt. Sie erklärt: "Es mag abgedroschen klingen, aber je mehr Menschen ich fotografiere, je mehr unterschiedliche Körper ich sehe, mit all den Eigenheiten und der individuellen Schönheit, desto besser verinnerliche ich, dass tatsächlich jeder Körper schön ist. Und das überträgt sich auf mich."

All das sind Gründe, warum Paula immer mehr Menschen ablichtet: "Denn egal, wie viele Menschen ich bisher schon fotografiert habe, es gibt immer noch Körper(-typen), die noch nicht abgebildet wurden." Dabei habe es jede Person verdient, gesehen und wertgeschätzt zu werden. Deshalb möchte sie in den kommenden Bildern auch deutlich inklusiver werden. Die Botschaft ist jedoch immer gleich: Jeder Körper ist schön. Und deshalb bildet die Serie Teile von Körpern ab, die normalerweise verdeckt sind: Brüste, Bäuche, Oberschenkel. Das Ziel: "Menschen in ihrer natürlichen Sanftheit, in ihrem puren Sein abzubilden", erklärt Paula.

Die Nacktheit des menschlichen Körpers ist nach wie vor oft entweder tabuisiert oder sexualisiert.
Paula Charlotte

"Die Nacktheit des menschlichen Körpers ist nach wie vor oft entweder tabuisiert oder sexualisiert", erklärt sie. Dem soll das Projekt entgegenwirken und zeigen, wie vielfältig Menschen sind, ohne dabei zu sagen "Trotz Cellulite schön." Paula bringt es auf den Punkt: "Einfach so schön. Einfach schön, individuell."

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Zu Beginn stammten die Personen vor der Kamera noch aus Paulas erweitertem Freundeskreis, doch mittlerweile kommen auch fremde Menschen auf sie zu, die das Projekt gut finden und selbst ein Teil davon sein wollen. Bei den Shootings ist es Paula wichtig, für Ruhe zu sorgen, mit der Person vorab zu sprechen und einen sicheren Ort zu schaffen, damit sie sich nicht unwohl fühlt: "In unserer Gesellschaft ist es ja nicht alltäglich, sich vor Fremden oder Bekannten einfach mal nackt, beziehungsweise im Slip zu zeigen."

Mein Bauch hängt and that's fine

Ein wichtiges Anliegen von Paula ist es, mit ihrem Projekt Vielfalt zu zelebrieren und den von den Medien verbreiteten Schönheitsidealen etwas entgegenzustellen. Sie betont: "Und deswegen ist es eben wichtig, zu verstehen, dass es dabei nicht darum geht, dass ,nicht-normgerechte Körper' auch schön sind – sie sind schön. Punkt. Aber damit das in den Köpfen ankommt, muss es erst normal werden, alle möglichen Körpertypen zu sehen – und damit einhergehend auch Nacktheit zu entsexualisieren und enttabuisieren." Und da trägt Social Media natürlich auch zu bei: "Dass aber hinter jedem Bild auch Retusche und mindestens 20 Fehlversuche stecken, das wird natürlich nicht gezeigt."

Deshalb sieht sie die Chance, dem Ganzen etwas entgegenzusetzen und zu zeigen: "Leute, ich hab auch Cellulite" oder "Mein Bauch hängt and that‘s fine." Manchmal gehe es auch einfach nur darum, die unbedarfte Liebe zum eigenen Körper wiederzuerlangen, indem man ihn nicht versteckt, sondern den Anblick lieben lernt, erklärt Paula. Man muss lernen: "So sehe ich aus, du siehst vielleicht anders aus, doch wir alle sind fabelhaft."

Die Idealbilder (...), die waren eigentlich nie real.
Paula Charlotte

Natürlich kennt Paula auch Kritiker*innen, die fragen, ob zu Body Positivity denn wirklich nackte Haut dazugehört. Doch denen entgegnet sie: "Wir leben im 21. Jahrhundert, langsam wird es Zeit, die Formen, die in unserem Kopf dazu da sind, dass wir uns hineinpressen, die Idealbilder, denen zu entsprechen wir seit der Kindheit einen Kampf kämpfen – die sind veraltet, nein: Die waren eigentlich nie real."