Ohrläppchen mit Ecken und Kanten

Wer seine Tunnel entfernen lassen möchte, denkt vermutlich als erstes daran, zu Chirurg*innen zu gehen. Das ist aber nicht unbedingt die beste Idee. Denn nicht alle haben Routine darin, Ohrlöcher zuzunähen.

Laura* hat diesen Fehler begangen. Nach der Rekonstruktion durch einen Arzt war sie entsetzt: Ihre Ohrläppchen haben jetzt Ecken, sie sehen fast aus wie ein Quadrat. Also hat sie gespart - und lässt sich die Ohrläppchen diesmal von Fritze richten.

Er rät: "Man soll sich Arbeiten zeigen lassen. Wie es vorher, wie es danach aussieht, wie die Abheilung aussieht. Jemand, der seine Arbeiten vorzeigt, dem kann man auch vertrauen. Das ist dann ganz egal, ob Piercer oder Chirurg." Wie viel die Ohr-Rekonstruktion kostet, lässt sich nicht pauschal sagen. Es hängt unter anderem davon ab, wie groß der Tunnel und das Ohrläppchen sind.

Handarbeit: Note 1

Als erstes macht der Piercer ein Foto mit dem Handy. Für den Vorher-Nachher-Vergleich. Dann zeichnet er an, wie viel Gewebe weggeschnitten werden muss. Auf Lauras Ohrläppchen entsteht ein sternenförmiges Muster. Dann geht es los, erst mit dem Skalpell, später mit der Schere. Ein seltsamer Augenblick für Laura: Sie hört das Knirschen der Schere direkt an ihrem Ohr.

Danach geht es ans Nähen. Dafür nimmt Fritze sich viel Zeit. Mit winzigen Stichen fügt er die Haut wieder zusammen. "Das habe ich an mir selbst geübt", erzählt er. "So lernt man es am besten." Wer nicht sorgsam arbeitet, riskiert, dass das Ohrläppchen schief oder eckig wird.

Aschenbecher auf dem Tisch und Hund darunter – geht gar nicht

Der Eingriff ist ziemlich blutig, aber nicht wirklich gefährlich. Komplikationen gebe es selten, sagt Fritze. Wichtig ist, dass steril gearbeitet wird. Es gibt keine einheitlichen Hygienestandards, nach denen sich Tattoostudios richten müssen. Deshalb solltet ihr selbst darauf achten, dass das Studio eurer Wahl sauber ist: Die Piercer*innen sollten beispielsweise sterile Einmalhandschuhe anziehen, Desinfektionsmittel benutzen und kein Essen oder offene Aschenbecher herumstehen lassen.

Nach etwa drei Stunden legt Fritze Pinzette und Faden beiseite. Er wischt das letzte Blut weg, dann kann Laura sich aufsetzen und er macht noch ein Foto. Laura wirft einen Blick auf das Handy und beginnt zu strahlen. "Ich hab Ohren", sagt sie. Immer wieder schaut sie in den Spiegel, dreht den Kopf nach links und nach rechts, vergleicht die beiden Seiten.

Fritze liebt diesen Moment: "Es ist immer sehr schön, wenn die Leute ihre Ohren sehen, weil eine neue Ohrform das Gesicht markant verändert. Man sieht innerhalb von einer Sekunde die Freude im Gesicht."

Alles auf Anfang

Wie Lauras Ohren später aussehen, das hängt auch sehr von ihrer Pflege ab: Nach dem Eingriff sollten die Narben massiert werden, damit das Gewebe gut durchblutet wird. "Es gibt Kunden, die pflegen ihre Narben sehr gut. Da kann man nach zwei Monaten keine Narbe mehr erkennen. Und es gibt Kunden, die das außer Acht lassen. Da erkenne ich auch nach einem Jahr noch, dass etwas gemacht wurde", sagt Fritze.

Wer später gerne den Tunnel zurück haben will: Kein Problem. Sobald das Gewebe wieder geschmeidig ist, kann man sich die Ohren wieder piercen lassen.

*Name geändert