Eine Verkehrsinsel in Berlin, eine Brachlandschaft in Schweden oder ein Supermarktparkplatz. Wo auch immer Juliane Solvång unterwegs ist, sieht sie Blumen. Und pflückt sie. Als sie 2013 umzog, wollte sie ihre Freund*innen weiterhin über ihr Leben auf dem Laufenden halten. "Es war der Beginn von Instagram", erinnert sie sich im Interview. Also nutzte sie die Plattform und postete jeden Tag einen Blumenstrauß. Bis heute sind 1.166 Beiträge auf ihrem Instagram-Account Onebouquetperday erschienen.

Die Menschen, die Juliane Solvång folgen, sehen nicht nur jeden Tag einen Strauß, sondern bekommen nebenbei Unterricht in Pflanzenkunde. Solvång notiert in der Bildbeschreibung die Namen der Blumen, die sie mal in der Hand hält, mal in einer Vase, mal in einem Fingerhut. Ihr Wissen über Pflanzen habe sie sich selbst beigebracht, erklärt sie in einer Instagram-Story. Anfänger*innen rät sie zu einem Bestimmungsbuch, das Pflanzen auf Fotos zeigt – die Bücher mit Illustrationen hingegen empfiehlt sie fortgeschrittenen Blumenpflücker*innen.

Mittlerweile haben sich Juliane Solvång unter #onebouqetperday viele Menschen angeschlossen. Unter dem Hashtag sind bisher über 15.000 Fotos zu sehen. Viele von Solvångs Follower*innen beschäftigen sich mit essbaren Wildpflanzen, legen selbst Wildblumenwiesen an und verzichten auf pestizidbelastete Schnittblumen. Doch unter Solvångs Blumenfotos melden sich nicht nur Fans ihres Projekts zu Wort.

Sie solle die Blumen lieber im Laden kaufen, kommentiert ein Hörer ein Radiointerview mit Juliane Solvång auf Facebook. "Die stärksten und wütendsten Reaktionen kommen von Männern", sagt die 41-Jährige. "Die bloße Vorstellung, dass eine Frau sich nicht nur mit Wildblumen und dem Gebrauch von Sense und Handsichel auskennt, sondern sich unbefangen in der Natur bewegt, scheint viele Männer ungemein zu provozieren."

Juliane Solvång pflückt weiter, vom 1. Mai bis zum 31. Oktober, jeden Tag einen Blumenstrauß. An acht von zehn Tagen tut sie das gern, schreibt sie in einem Instagram-Post. An den anderen erinnere sie das Projekt daran, was wirklich wichtig sei. "Für mich ist das eine kreative Routine", sagt sie. "Ein fester Bestandteil meiner Arbeit, ich brauche das, wie Zähneputzen, oder wie andere Yoga machen."

Ihre Blumensträuße werden sich demnächst vielleicht ein wenig verändern, zumindest der Hintergund. Nach zwölf Jahren in Schweden zieht sie im Herbst zurück nach Deutschland, nach Erfurt. Ihr Familienname Solvång, den sie sich dank des großzügigen Namensgesetzes in Schweden selbst aussuchen konnte, bedeutet übersetzt "sonnige Wiese".