In Dresden demonstrierten vergangenen Donnerstag AfD- und Pegidaanhänger*innen gegen den Besuch der Kanzlerin Angela Merkel in Sachsen. Das ZDF war mit einem Kamerateam vor Ort. Ein Demonstrant griff das Team verbal an und ließ es etwa eine Dreiviertelstunde von der Polizei festhalten. Dass sich der Polizeieinsatz nicht gegen den pöbelnden Demonstranten, sondern gegen die Kamerateam richtete, ist umstritten. Viele kritisierten das Vorgehen als Behinderung der Pressefreiheit. ZDF-Chefredakteur Peter Frey sprach von einer "klaren Einschränkung der freien Berichterstattung".

Wie sich jetzt herausstellt, ist der Demonstrant mit Deutschland-Hut selbst Mitarbeiter des Staatsdienstes. Er ist ein Tarifbeschäftigter des Landeskriminalamts (LKA) Sachsen, also kein Beamter. Sachsens Innenministerium teilte mit, dass er nicht dienstlich auf der Demonstration war – sondern als Privatperson. Derzeit befinde er sich im Urlaub. Über mögliche Konsequenzen würde das LKA entscheiden.

War das Vorgehen rechtmäßig?

Im Video der ZDF-Sendung Frontal 21 ist zu sehen, wie der Pegida-Demonstrant und LKA-Mitarbeiter dem Videoteam vorwirft, eine Strafttat zu begehen. Er selbst habe hingegen das Recht, sie kurzzeitig festzusetzen. Das Filmen sei nicht erlaubt. Mittlerweile haben sich mehrere Rechtsanwält*innen zu Wort gemeldet, die das Geschehen juristisch einordnen. Christian Solmecke, Rechtsanwalt und Partner einer Kölner Medienrechtskanzlei, sagte dem Deutschlandfunk24 beispielsweise, dass das ZDF-Kamerateam korrekt über die Demonstration berichtet habe. Bei Versammlungen dürften Journalist*innen auch ohne Genehmigung der Abgebildeten Fotos oder Filmaufnahmen veröffentlichen.

Er sagt weiter: "Anders ist hier das Vorgehen der Polizei zu bewerten. Zwar waren die Polizisten möglicherweise berechtigt, die Personalien der Journalisten aufzunehmen. Auf welcher Rechtsgrundlage allerdings die 45-minütige Festsetzung erfolgt ist, ist mir schleierhaft. Ich gehe davon aus, dass sich die Polizisten im Nachgang noch für diese Festnahme verantworten müssen."

Der Leipziger Rechtsanwalt Jürgen Kasek schreibt in einem Posting auf Facebook, dass der Versammlungsteilnehmer, der sich ins Bild drängt, sich selber zum Mittelpunkt der Filmaufnahmen machen würde und daher keinen Unterlassungsanspruch geltend machen könne. Der Veranstaltungsteilnehmer habe sich hingegen strafbar gemacht, indem er versucht hat, den Kameramann bei der Arbeit zu behindern. Zwar sei die Polizei dazu verpflichtet, Anzeigen aufzunehmen. Ob Straftat oder Ordnungswidrigkeit sei in diesem Fall aber noch nicht relevant. Das würde nicht die Polizei, sondern die Staatsanwaltschaft entscheiden.

Gernot Lehr, Fachanwalt für Medienrecht, bestätigt das. Dadurch, dass der Pegida-Anhänger die Arbeit der Journalisten verhindern wollte, sich vor die Kamera stellte, hat er sich selbst zu einem Ereignis gemacht, das legitim war zu filmen. "Die Aufnahme war gerechtfertigt", sagt Lehr.

Reaktionen aus der Politik

Kurz nach der Demo, als noch nicht klar war, dass der Mann im Deutschland-Hut Mitarbeiter des LKA ist, meldete sich der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) mit einem Tweet zu Wort. Er pries das Vorgehen der Polizei: "Die einzigen Personen, die in diesem Video seriös auftreten, sind Polizisten", schrieb er auf Twitter. Zur deutschen Presseagentur dpa sagte er, dass es zudem auch seine Aufgabe als Ministerpräsident sei, sich vor die Beamten zu stellen, "und das mache ich". Der stellvertretende Ministerpräsident Sachsens Martin Dulig (SPD) distanziert sich von dieser Sichtweise und twittert: "Es ist journalistische Aufgabe, von öffentlichen Demos zu berichten. Die Arbeit von Journalisten ist eine ernste Angelegenheit, ich kann hier kein 'unseriöses' Verhalten erkennen."

Bundesjustizministerin Katarina Barley (SPD) hat nach dem Bekanntwerden des LKA-Hintergrundes eine rasche und lückenlose Aufklärung gefordert. "Die Vorgänge in Sachsen sind wirklich besorgniserregend und müssen dringend und umfassend durch die sächsischen Behörden aufgeklärt werden", sagte sie der dpa.