Nach einer Erhebung der LGBTQIA-Interessensgruppe ILGA ist Polen das homophobste Land in der Europäischen Union. Landkreise, die gut ein Drittel des Landes ausmachen, haben sich zu sogenannten "LGBT-freien Zonen" ernannt. Diese Regionen, die sich vor allem im Osten des Landes befinden, wollen sich per Resolution von einer vermeintlichen LGBTQIA-Ideologie "befreit" haben.

Die Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS) unter Jarosław Kaczyński hetzte im Wahlkampf vor den Parlamentswahlen im Oktober 2019 gegen die LGBTQIA-Community und bezeichnete sie in ihrer Kampagne als Feindbild und vermeintliche Gefahr für die polnische Nation. Seit Längerem ist die Lage für queere Menschen in Polen prekär – und bringt einige dazu, deshalb das Land zu verlassen. In einer Umfrage unter gut 750 queeren Exil-Pol*innen in Großbritannien gab etwa ein Viertel an, dass die politische und gesellschaftliche Lage einer der Hauptgründe für ihren Umzug gewesen sei.

Viele queere Pol*innen haben laut BBC längst das Land verlassen, jene, die zurückbleiben, kämpfen für ihre Rechte – und treffen auf gewaltbereite Gegendemonstrant*innen, die queere Menschen mitunter mit Pädophilen gleichsetzen.

Duda gilt als "Kugelschreiber" der Regierungspartei – weil er alle Gesetze durchwinkt

In diesem Spannungsfeld wählten die Pol*innen am Sonntag für die kommenden fünf Jahre einen neuen Präsidenten. Er hat in Polen eine vergleichsweise starke Stellung. Auf der einen Seite stand Amtsinhaber Andrzej Duda, den sie in Polen auch "Kugelschreiber" nennen, weil er alle Gesetze der PiS ohne Widerspruch unterzeichnete. Er selbst machte im Wahlkampf Stimmung gegen die queere Community. Er warb unter anderem damit, Adoptionen für gleichgeschlechtliche Paare unmöglich zu machen. Auf der anderen Seite stand Herausforderer Rafał Trzaskowski, Bürgermeister der Hauptstadt Warschau. Er warb mit einem toleranten, europafreundlichen und progressiven Kurs um die Stimmen.

Am Montag stand das Ergebnis fest: Duda bleibt mit 51,5 Prozent der Stimmen Präsident. Der Schock über dieses Ergebnis ist groß, wie sich auf Twitter zeigt. Die Aussagen reichen von "Ich schäme mich dafür, Pol*in zu sein" bis zu "Heute ist ein schlimmer Tag für die LGBTQ+-Community".

mb