Das Camp ist ein Slum, mitten in Europa. Seit Jahren sammeln sich hier die Geflüchteten, denn von hier aus scheint das Ziel nah wie nie: England. Doch die Grenze ist dicht, und so warten die Geflüchteten in Zelten und Hütten. Eine eigene kleine Welt ist entstanden: Es gibt Kirchen, Moscheen, Restaurants, sogar ein Hamam.

Doch bald soll der "Dschungel", wie das Camp genannt wird, Geschichte sein. Die Regierung lässt ihn räumen. Über 6.000 Menschen, die dort leben, sollen auf Unterkünfte in ganz Frankreich verteilt werden. Seit heute Morgen werden die ersten Geflüchteten mit Bussen fortgebracht. Zuvor müssen sie sich registrieren und können dann zwischen zwei Regionen wählen.

Aber obwohl das Leben im Camp hart ist, wollen nicht alle von hier fort. In den Nächten vor der Räumung kam es zu Auseinandersetzungen mit der Polizei, wie Zeit berichtet. Einige Migrant*innen zündeten Dixi-Klos an, die Polizist*innen feuerten mit Tränengas,  Steine flogen. Die Menschen haben kein Vertrauen in die französischen Behörden. Manche fürchten, dass es nicht genug Plätze gibt und sie auf der Straße schlafen müssen. Die französische Regierung hingegen sagt, dass 7.500 Plätze für die Geflüchteten bereitstehen.

Andere haben Angst davor, abgeschoben zu werden. Manche wollen ihren Traum vom Leben in England nicht aufgeben. Sie hoffen darauf, dort eher Arbeit zu finden als in anderen europäischen Staaten, weil es der Wirtschaft dort recht gut geht oder weil die Geflüchteten schon Englisch sprechen. Einige wollen zu ihren Angehörigen, die schon in Großbritannien leben.

Das gilt auch für viele der über 1.000 Minderjährigen, die im Dschungel leben. Zunächst dürfen sie in Calais bleiben und in Containern wohnen. Frankreich fordert, dass die britische Regierung diese Kinder und Jugendlichen aufnimmt und die Familien wieder zusammenbringt. Auch solche, die als "besonders verletzlich" gelten, sollen einreisen dürfen. In der letzten Woche hat Großbritannien rund 200 Kinder und Jugendlichen aufgenommen. Doch dagegen gibt es Protest: Jane Collins von der rechtspopulistischen Partei UKIP sagte, viele Migrant*innen würden behaupten, sie wären jünger als sie tatsächlich seien. Die Kinder sähen ziemlich reif aus für ihr Alter.

Es ist nicht die erste Räumung des Camps in Calais: Seit Ende der 1990er-Jahre entstehen in der Gegend immer wieder illegale Camps. Zeitweise lebten nach Schätzungen hier circa 10.000 Menschen, darunter vor allem Afghanen, Kurden und Sudanesen. Von hier aus versuchen sie, auf LKW zu gelangen, die durch den Tunnel nach England fahren. Manche blockierten mit Baumstämmen die Fahrbahn, um Laster anzuhalten und aufzuspringen, was für Protest der Anwohner sorgte.