Während in Deutschland darüber diskutiert wird, ob und wann die Ehe für alle kommt, passiert in Rumänien genau das Gegenteil: Dort soll demnächst in einem Referendum darüber abgestimmt werden, ob die Ehe zwischen gleichgeschlechtlichen Paaren in der Verfassung verboten werden soll.

Bisher ist die Ehe zwischen gleichgeschlechtlichen Paaren bereits durch ein einfaches Gesetz untersagt. In dem Referendum soll nun darüber abgestimmt werden, ob dieses Verbot auch in der Verfassung verankert werden soll. Dort heißt es bisher lediglich, dass zwei Eheleute heiraten können – Geschlechter werden nicht explizit erwähnt. In dem betroffenen Artikel der Verfassung würde nach dem Referendum eine Ehe explizit als Verbindung zwischen Mann und Frau definiert werden.

Holy Homophobia

Den Anstoß hatte eine Petition der sogenannten Koalition für die Familie, ein Zusammenschluss überwiegend christlicher Verbände, gegeben. Sie forderten darin das verfassungsmäßiges Verbot der gleichgeschlechtlichen Eheschließung und sammelten drei Millionen Unterschriften von Unterstützer*innen.

Die meisten der Unterschriften wurden in Gottesdiensten gesammelt – die orthodoxe Kirche unterstütze die Petition sogar öffentlich. Der Politiker Remus Cernea sagte gegenüber Deutschlandfunk, die orthodoxe Kirche hätte seine Landsleute von der Volksabstimmung überzeugt: "Der Priester im Dorf oder in der Kleinstadt sagt, Leute unterschreibt hier, denn unsere Traditionen sind bedroht, wenn Homosexuelle heiraten dürfen. Für diese Leute ist der Priester die einzige moralische Instanz und sie befolgen, was er am Sonntag predigt."

Das rumänische Parlament stimmte nun am Dienstag mehrheitlich dafür, dass das Referendum abgehalten wird. Rechtsgültig ist dieses jedoch nur, wenn mindestens 30 Prozent der Wahlberechtigten an dem Referendum teilnehmen werden.

Sind Grundrechte wählbar?

Es gilt als sicher, dass die Mehrheit der Bevölkerung für die geplante Verfassungsänderung stimmen wird. In Rumänien herrscht eine homophobe Stimmung. Erst 2001 wurde der Paragraf abgeschafft, der Homosexualität unter Strafe stellte. Aus einer Umfrage der Antidiskriminierungsbehörde ging hervor, dass 45 Prozent der rumänischen Bevölkerung ungerne mit homosexuellen Arbeitskolleg*innen zusammenarbeiten würden. 72 Prozent fänden es schlimm, wenn sich ein Familienmitglied als homosexuell outen würde. Weniger als ein Viertel der Bevölkerung sprach sich für die Gleichbehandlung von Schwulen und Lesben im Eherecht aus.

Florin Buhuceanu, Chef einer LGBT-Bürgerrechtsorganisation, äußerte gegenüber Deutschlandfunk bereits vor dem Parlamentsbeschluss Bedenken, sollte die Bevölkerung über die Verfassungsänderungen abstimmen können: Über Grundrechte müssten Gerichte entscheiden, nicht Referenden. "Es ist riskant, in einem Land mit einem solch hohen Grad an Intoleranz, die Leute über das Schicksal einer Minderheit entscheiden zu lassen. Wenn wir das zulassen, würden wir morgen per Referendum die Todesstrafe wiedereinführen und vermutlich würden wir entscheiden, die Roma außer Landes zu schicken, nur weil die Mehrheit denkt, dass sie unserem Image schaden."

Die Rumän*innen werden vermutlich in den nächsten 30 Tagen über die geplante Verfassungsänderung abstimmen dürfen.