Um auf die prekäre Situation obdach- und wohnungsloser Menschen in Berlin aufmerksam zu machen, rief der Verein

mob e. V. zum gemeinsamen Schlafen auf der Straße auf."Einmal auf der Straße schlafen, wie wir das heute Abend tun, ist vielleicht unbequem. Aber für ungewisse Zeit auf der Straße leben zu müssen, ist menschenunwürdig", sagt Mara Fischer, die Leiterin der Notunterkunft in Berlin-Prenzlauer Berg. Mit nur 31 Betten für Frauen und Männer ist die unterste Etage des roten Plattenbaus meist ausgebucht. Fast täglich würden Menschen an der Tür der zweitgrößten ganzjährigen Notunterkunft Berlins abgewiesen, erzählt Fischer. Zu wenig Platz, zu wenig Geld und mit nur zwei Mitarbeiter*innen, die halbtags beziehungsweise 30 Prozent arbeiten, gibt es zu wenig hauptamtliches Personal für 365 Tage im Jahr.

Der Bedarf an Notschlafplätzen ist groß und er wächst weiter. Neben den rund 5.000 bis 10.000 Obdachlosen gibt es Schätzungen zufolge in Berlin etwa 20.000 wohnungslose Menschen. Während als obdachlos Menschen gelten, die auf der Straße leben, ist wohnungslos, wer in Wohnräumen lebt, deren Aufenthaltsdauer begrenzt ist, wie beispielsweise Menschen in Übergangswohnungen, Flüchtlingsunterkünften oder Frauenhäusern. Statistisch erfasst sind diese Zahlen jedoch nicht. Laut Prognosen der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe e. V. wird es allerdings bis 2018 rund 536.000 wohnungslose Menschen in ganz Deutschland geben. Das bedeutet seit 2015 einen Anstieg von rund 60 Prozent in nur drei Jahren.

Die Gründe dafür sind vielfältig. Bei begrenztem Wohnraum, steigenden Mieten und gleichbleibenden Sozialleistungen ist die Bedrohung der Obdach- und Wohnungslosigkeit längst in der Mitte der Gesellschaft angekommen. "Das sind Menschen, die gehen morgens von unserer Notübernachtung aus direkt zur Arbeit", berichtet Fischer. Immer mehr Familien und Rentner*innen kommen. Menschen, die eigentlich auf pflegerische Unterstützung angewiesen sind.

Auf dem Parkplatz der Notunterkunft sind Getränke- und Infostände aufgebaut. Rund hundert Menschen haben ihre Isomatten und Schlafsäcke ausgerollt. Mitten auf dem Platz steht eine Holzwand beklebt mit zahlreichen Ablehnungsbescheiden Berliner Ämter. "Berlin hat ein strukturelles Problem, was das Hilfesystem angeht", erzählt Fischer. "Die Ämter sind vollkommen überlastet." Das sogenannte Sleep out sei deshalb auch als Austauschort gedacht. Betroffene und Nicht-Betroffene sollen ins Gespräch kommen, über Missstände diskutieren können und sich mit den Berliner Obdach- und Wohnungslosen für eine Nacht auf der Straße solidarisieren.