Jeden Sonntag, pünktlich um 11 Uhr, lacht Uli sich kaputt. Dann steht er mit einer großen Gruppe Menschen auf einer Wiese mitten im Park und lacht sich 'nen Ast ab. Eine Stunde lang. In vollem Ernst. Er und die anderen Teilnehmer*innen brauchen dazu keine Witze.

Ein paar Lachyoga-Übungen für Stimme und Atem, dazu etwas Klatschen, reichen aus und schon geht das Gelächter los. Bei den Neuen noch verhalten, bei den Erfahrenen schallend laut und komplett schmerzbefreit gegenüber den verwunderten Blicken der Spaziergänger*innen.

Über 100 Lachclubs in Deutschland

Jeden Sonntag trifft sich der Lachclub München im Westpark, jede*r kann einfach vorbeikommen. Über 100 solcher Clubs gibt es in Deutschland. Erfunden hat sie der indische Lachyoga-Guru Madan Kataria, 1995 gründete er den ersten Club in Indien. Daraus entstand eine weltweite Lachyoga-Bewegung, die für kostenlose Lachanfälle für alle sorgt.

Uli steht neben mir auf der Wiese. Er kommt seit drei Jahren zum Lachen in den Park. Unter der Woche fährt der 62-Jährige Taxi und hat "eh eine positive Grundeinstellung zum Leben", wie er sagt. "Aber hier im Lachclub kann ich das Lachen richtig trainieren!" Er strahlt über beide Ohren. Mit ihm auch noch rund 50 weitere Lachwillige, die an diesem Sonntag hierher gekommen sind. Ich grinse auch. Anfangs vor allem, weil wir ein skurriler Haufen sind, wie wir da im Kreis stehen und "Hihi" und "Hehe" machen und dazu mit beiden Zeigefingern in der Luft wedeln. Alleine das sieht ultimativ komisch aus.

Kostenlose Lachanfälle auf der Wiese

"Jetzt große Schritte für das große Lachen!" ruft Lachtrainerin Cornelia Leisch. Wir stapfen mit Storchenschritten über das Gras. "Hohoohoho", machen wir so laut, dass es über die Wiese schallt. "Und jetzt kleine Schritte für das kleine Lachen!", gibt Leisch vor und wir trippeln durcheinander – "Hihihi" machen wir leise. Ich stelle mir vor, was die anderen Parkbesucher*innen denken müssen und lache über unseren Anblick.

Lachen ist eine Sofortmeditation, es macht das Hirn frei, verändert die Chemie im Körper, baut Stresshormone ab und schüttet Endorphine aus.
Cornelia Leisch

Leisch ist Lachtrainerin und Vorsitzende des Europäischen Berufsverband für Lachyoga und Humortraining. Was an sich schon sehr lustig klingt. Sie trägt einen leuchtend roten Mantel, einen entsprechend fröhlich farbigen Schal. Seit fast zehn Jahren leitet sie den Lachclub. Es gehe ihr nicht darum, dass man besonders laut lache, sondern um die innere Freude: "Lachen ist eine Sofortmeditation, es macht das Hirn frei", erklärt sie, "es verändert die Chemie im Körper, baut Stresshormone ab und schüttet Endorphine aus." Alleine das Mundwinkelhochziehen könne schon was bewirken, ist Leisch überzeugt und breitet eine Reihe an Studienergebnissen vor mir aus, die das belegen. Fake it until you make it, heißt es im Lachyoga: So tun als ob, bis es echt wird. "Ob künstlich oder echt, die Wirkung im Körper ist die gleiche", erklärt Leisch.

Lachen hilft gegen Stress

Wer hierher kommt, hat Bock auf eine richtige Lachnummer, auf einen lustigen Sonntag. Manche kommen auch aus ernsten Gründen. Weil die Fröhlichkeit im Alltag weg ist, durch Trauer, Depressionen oder einfach zu viel Stress. Das Lachen hilft, das für einen Moment zu vergessen. Menschen jeden Alters machen mit, Rentner*innen und Studierende. Letztere eher dann, wenn sie es einigermaßen früh aus dem Bett geschafft haben, um den Feierkater der Samstagnacht wegzulachen. Wie Elisa, die an diesem Sonntag zum ersten Mal dabei ist. Die 31-Jährige kam schon fröhlich zur Stunde.

"Jüngere Menschen haben nicht weniger Probleme als ältere, aber sie lösen sie anders", erklärt Leisch. "Sie trinken eher, gehen feiern, setzen auf Drogen oder Sex. Wenn man älter wird, versucht man seine Probleme bewusster anzupacken." Einmal sagte eine ältere Dame, es würde sie nicht mehr geben ohne den Lachclub. Leisch gehen solche Erlebnisse nah.

Angst ablegen, sich öffentlich lächerlich zu machen

Eines der Highlights erwartet uns gegen Ende der Stunde mit der sogenannten Lachdusche: Wir drehen uns im Kreis um ein Grüppchen in der Mitte und lassen unser Gelächter auf sie niederrieseln, wie Wassertropfen. Dazu strecken wir unsere Arme wie Duschhähne in die Luft. Anschließend schmieren wir uns imaginäre Lachcreme ins Gesicht, auch den Nachbar*innen wird ein Klecks auf die Nasenspitze getupft. Berührungsängste sollte man entweder gar nicht erst haben oder schnell ablegen: High-five mit fremden Menschen, an den Händen halten, unterhaken, umarmen gehören zum Lachclub-Leben. Und man muss das Gefühl ignorieren, dass man sich hier gerade öffentlich komplett lächerlich macht.

Tatsächlich klappt das. Nach einer Weile habe ich den Park um mich herum vergessen. Elisa findet es auch nicht peinlich und strahlt hinterher: "Ich wollte das unbedingt mal ausprobieren und es ist super", sagt sie. Sie arbeitet als Organisationsentwicklerin und sucht einen Ausgleich zum Büroalltag. "Gerade Großstädte wie München sind so anonym, alle sind immer so busy. Ich finde das total schön, wenn man so angesteckt wird, dass man gar nicht mehr aufhören kann zu lachen", resümiert sie nach der Stunde.