Das mit der Liebe und Romantik könnte alles so viel Spaß machen – wäre da nur nicht diese verzwickte Sache mit dem Hin- und Herschreiben in der Kennenlernphase. Lässig antworten, eiskalt ghosten, strategisch sein und warten, impulsiv sein und sofort zurückschreiben; tja, es ist kompliziert.

Denn einerseits möchten wir weder verzweifelt wirken oder uns verwundbar machen, geschweige denn jemand anderem taktlos auf die Nerven gehen; andererseits passiert aber auch absolut nichts, wenn beide ihr Interesse zügeln und Spielchen spielen, weil der*die andere ja womöglich ja ein My weniger begeistert sein könnte.

Im Grunde erreichen wir mit diesem Eiertanz der Kommunikation aber nur eins: Wir machen uns das Liebesleben unnötig schwer.

Das zeigt auch die Studie einer Online-Datingbörse: Wenn ein Date gut war und Interesse besteht, dann melden sich 63 Prozent der Frauen und zwei Drittel der Männer innerhalb von 24 Stunden von sich aus. Und wenn dieses Gefallen beidseitig war, dann antworten gut drei Viertel aller Singles auch innerhalb von wenigen Stunden.

Im Gegensatz dazu sinkt bei gerade mal 16 Prozent das Interesse, wenn jemand sofort zurückschreibt. Wenn beide wollen, ist also alles easy. Nur: Wenn das alles eigentlich so organisch läuft, warum tun wir uns dann oft so schwer mit der Kennenlernkommunikation?

Angst vor Zurückweisung beim Zurückschreiben

Da ist einerseits die Angst vor Zurückweisung. Wer sich öffnet, Interesse und Gefühle zeigt, macht sich ein Stück weit verletzbar. Denn zurückgewiesen und abgelehnt werden, das piekst und kränkt – vor allem das Ego.

Hinter Schutzwällen gedeiht nun mal keine Liebe.

Und wer auf eine Nachricht sofort zurückschreibt, signalisiere damit ganz klar Interesse und zeige, dass sich möglicherweise Gefühle entwickeln könnten, sagt Bettina Dahlhaus, Ghostwriterin und Expertin für Online-Dating.

"Indem wir dieses Gefühl offen zeigen, riskieren wir, dass es möglicherweise nicht erwidert wird. Das ist natürlich verletzend. Und verletzt werden wollen wir alle nicht", erläutert Bettina Dahlhaus. "Deswegen bauen wir Schutzwälle auf und geben uns scheinbar cool. Eine Antwort beim Online-Dating bewusst herauszuzögern, obwohl wir eigentlich den Impuls haben, sofort zurückzuschreiben, ist im Grunde ein solcher Schutzwall."

So weit, so sicher. Und vielleicht mag kurzzeitig das Interesse beim Gegenüber ein wenig aufkeimen, wenn jemand nicht direkt allzeit bereit und stets verfügbar wirkt. Aber hinter Schutzwällen gedeiht nun mal keine Liebe.

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Geringes Selbstwertgefühl

Wie sehr so eine Kränkung durch gefühlte Zurückweisung ziept, wenn jemand nicht schnell genug oder gar nicht zurückschreibt, das hänge laut Bettina Dahlhaus vom Selbstwert ab. Menschen mit geringem Selbstwertgefühl würden demnach Gedankengänge wie "Ich war nur eine*r von vielen, im Grunde bin ich ja auch nichts Besonderes" oder "Wie konnte ich auf die Idee kommen, dass jemand so Attraktives ausgerechnet mich will?" durchlaufen und sich entsprechend schlecht fühlen und zurückziehen.

Menschen mit stabilem Selbstwert würden hingegen eher Dinge denken wie "Vermutlich bin ich nicht sein*ihr Typ. Macht nix, mir gefällt ja auch nicht jede*r" oder "Ich frage einfach noch mal nach, vielleicht hat die ausbleibende Antwort gar nichts mit mir persönlich zu tun".

Je authentischer wir schon in der Kennenlernphase sind, desto höher die Chance, am Ende auch einen Menschen zu finden, mit dem wir auf Dauer glücklich sein könnten.

Das Selbstwertgefühl beeinflusst also nicht nur die Gedanken, sondern daraus resultierend auch die Handlungen. Wer innerlich gefestigter und weniger angstgetrieben ist, schreibt auch eher mal zurück, wenn keine Antwort kommt. Und reißt damit auf seiner*ihrer Seite den Schutzwall ein Stück weit ein.

Authentizität statt Spielchen

Zwar haben Forscher*innen herausgefunden, dass künstliche Verknappung beim ersten Kennenlernen durchaus interessanter machen kann, aber diese Spielchen rächen sich spätestens dann, wenn aus dem Flirt etwas Festes werden soll.

Wer an einer echten Beziehung interessiert sei, für den*die ergebe es laut Bettina Dahlhaus nicht viel Sinn, sich zu verstellen. "Bin ich ein spontaner, emotionaler Typ, der am liebsten schnell eine Antwort raushaut, dann möchte ich auch zukünftig nicht ständig hin und her überlegen müssen, welches Verhalten zielführend ist. Ich möchte ja so geliebt werden, wie ich bin."

Je authentischer wir schon in der Kennenlernphase seien, desto höher die Chance, am Ende auch einen Menschen zu finden, mit dem wir auf Dauer glücklich sein könnten.

Und das ergibt sich erfahrungsgemäß tatsächlich relativ organisch. "Wenn beide aneinander interessiert sind, passt sich auch der Rhythmus des Zurückschreibens meist schnell aneinander an", berichtet Bettina Dahlhaus aus ihrer Erfahrung. "Reagiert also jemand häufig sehr spontan, versuche ich natürlich auch, so schnell wie möglich zu antworten. Ich möchte ja zeigen, dass ich ebenso viel Interesse habe und will signalisieren: Ich hab zwar viel um die Ohren, aber für dich lasse ich alles stehen und liegen. Ich nehme mir Zeit für dich, denn du bist meine Priorität."

Wer nicht will, der*die hat schon

All das heißt logischerweise nicht, dass wir den*die anderen volle Elle minütlich mit Nachrichten bombardieren sollen, weil es uns die Hormone nun mal so befehlen; es ist eine Selbstverständlichkeit, den*die andere*n und sein*ihr (nicht vorhandenes) Kontaktbedürfnis zu respektieren.

Die Balance ist entscheidend. Gefühle und Interesse zeigen – ja. Sich von dem*der anderen abhängig machen und (sehn)süchtig nur auf seine*ihre Nachrichten warten – nein. "Wichtig ist dabei aber, dass es eben kein Spielchen ist, sondern ich tatsächlich auch weiterhin meine eigenen Interessen verfolge", sagt Online-Dating-Expertin Dahlhaus.

Letztlich gilt, wenn beide sich aufrichtig und gleichermaßen toll finden, dann ist alles ganz einfach und das mit dem Zurückschreiben kein Problem. Und falls die Konversation mehrmals länger ins Stocken gerät, dann mag das schade sein, gehört jedoch dazu. Oder vereinfacht gesagt: Wer nicht will, der*die hat halt schon.