Marias Oma wurde 81 Jahre alt. Im Dezember 2018 verstarb sie an Krebs – und Maria und ihre Familie reisten nach Moskau, um sich um ihren Nachlass zu kümmern. Im Laufe der Jahrzehnte hatten sich so viele Besitztümer angesammelt, dass die Familie mehr als eine Woche lang begutachtete, sortierte und entrümpelte.

Es sind die Spuren eines bewegten Lebens, die nicht nur einen emotionalen Wert für die Familie haben. Maria erhielt beim Entrümpeln zudem einen neuen Einblick in das Leben ihrer Oma sowie in eine Zeit, die ihr fremdartig vorkam. Von Urlaubssouvenirs, alten Lebensmitteln und Gebrauchsgegenständen bis hin zu Küchenutensilien, die vielleicht gar nicht mehr hergestellt werden, entdeckte sie zahlreiche Kuriositäten. Der Fundus beeindruckte Maria so sehr, dass sie die Fotos einiger Gegenstände auf Twitter veröffentlichte.

Darunter waren zum Beispiel Hundefiguren aus Porzellan. Marias Oma hatte sie leidenschaftlich gesammelt. "Zu allen Anlässen bekam sie solche Hundefiguren geschenkt", erzählt Maria. "Am Ende ihres Lebens besaß sie locker um die 800 Stück." Sie fand außerdem so viel Wolle, dass sie damit fünf Umzugskartons füllen konnte, und alte Kaviardosen, in denen Perlen und Schmuck gelagert waren. Maria fand ebenso eine Lenin-Büste, die ein General in Deutschland ihrem Uropa geschenkt haben soll. Die könnte zwar ziemlich wertvoll sein und genauso gut in einem Museum stehen, Marias Oma benutzte sie allerdings lieber als Hutablage. Die Büste bleibt nun in der Familie. Ein Senfspender hingegen wird aussortiert: Er hat die Gestalt eines Jungen, der gerade sein großes Geschäft verrichtet.

Warum sollte man ein scheißendes Kind als Senfspender besitzen?

Marias Oma besuchte ihren Sohn, Marias Vater, mindestens einmal im Jahr in Deutschland. Im Zuge dessen stattete sie auch den Nachbarländern regelmäßig Besuche ab. Jedes Mal brachte sie Souvenirs mit zurück nach Moskau."Sie hat am liebsten deutsche Küchenprodukte genutzt oder Dinge, die in Russland zu jener Zeit Mangelware waren", sagt die 29 Jahre alte Maria.

Sie erzählt, dass ihr beim Aussortieren viele Gegenstände unterkamen, die sie aus ihrer Kindheit in Russland kannte und nun nostalgisch machen würden. So zum Beispiel ein Nussknacker in Drachenform. "Wenn ich den sehe, dann erinnere ich mich an den Geruch von Holz und Walnüssen. Sowas kann man ja dann nicht wegwerfen oder verkaufen." Es gäbe viele Dinge, die sie ziemlich hässlich finden würde, aber genau das mache auch ihren Charme aus. Das Ausräumen der Wohnung habe sie ihrer Oma ein Stück näher gebracht.

Eine Handvoll Gegenstände nahm sie mit in ihre Wohnung nach Köln. Den Großteil aber, vor allem Kleidung, spendete die Familie an eine russische NGO, die Hilfsbedürftige unterstützt.