Für Auszubildende, Studierende und Berufsanfänger*innen gibt es kaum verständnisvolle kirchliche Ansprechpartner*innen. Zudem haben viele junge Erwachsene das Gefühl, alles selbst schaffen zu müssen. Deshalb spielt Gott in ihrem Alltag oft gar keine Rolle. Gleichzeitig sehnen sich auch Millennials danach, existentiellen Fragen nachzugehen: Gibt es im Leben mehr als Funktionieren und Leisten? Was ist meine persönliche Berufung? Langsam reagieren einige Anbieter*innen in den Kirchen auf solche Bedürfnisse.

Andreas (24): "Meine Berufung finden"

"Wo soll es mit meinem Leben hingehen? Für diese Frage habe ich im

Alltag kaum Zeit. Ich studiere

Theologie, weiß aber noch nicht, was ich nach dem Studium mache. Was ist meine Berufung? Damit meine ich nicht unbedingt einen kirchlichen Beruf. Ich bin überzeugt: Jeder Mensch hat eine Berufung und die kann sehr unterschiedlich aussehen. Die Zukunftswerkstatt des Jesuitenordens ist eine Art religiöse Kurzzeit-WG für junge Frauen und Männer auf Berufungssuche. Da habe ich Ruhe und eine Begleitung gefunden, um mein Leben und meine Zukunft mit Gott anzuschauen."

Isabelle (31): Entscheidungen mit Gott treffen

"Vom Studium bin ich heftig in den Beruf reingestolpert, als Ärztin in einer Klinik fühlte ich mich wie im Hamsterrad, hatte keine Zeit für Gespräche mit Patient*innen und Angehörigen. Das hat mich frustriert, so wollte ich nicht Ärztin sein. Ich brauchte einen Ort, wo ich mich zurückziehen kann, um meine Berufung zu klären – das, wofür es sich zu leben lohnt. Ich habe meinen Job gekündigt und einige Monate in der Zukunftswerkstatt verbracht. Danach konnte ich eine Entscheidung treffen."

Achim (25): "Zur Ruhe kommen und nichts tun"

"Ich arbeite im Personalbereich einer Unternehmensberatung und mache eine Psychotherapie-Ausbildung. Mein Alltag besteht aus Kommunikation. Darum habe ich mich gefragt, was passiert, wenn ich mal nicht kommuniziere? Ich habe kontemplative Exerzitien ausprobiert, christliche Meditationsübungen im Haus Gries im Frankenwald. Eine Woche schweigen, sitzen und wahrnehmen, zusammen mit 30 Menschen in meinem Alter. Da habe ich gemerkt, auch wenn ich alles aus dem Alltag weglasse und nicht kommuniziere, ist mein Tag voll mit diesen Menschen. Vor einer der Meditationen spürte ich plötzlich, wie ich mich darauf freute, mich da hinzusetzen."

Miriam (23): Offline bei Gott

"Ich studiere in Deutschland und arbeite in Österreich. Deshalb habe ich zwei Smartphones und bekomme ständig Nachrichten. Meist habe ich keine Zeit, gleich zu antworten. Dann bleiben sie im Hinterkopf und ich kann nie wirklich abschalten. Wenn ich mal Zeit für mich habe, habe ich oft keine Energie mehr und schaue einfach nur Serien. Ich wollte die Handys mal eine Weile ausschalten, den Kopf frei kriegen, niemandem antworten müssen. Das habe ich in einem time out-Kurs erlebt. Fünf Tage Schweigen und Meditation, endlich Zeit für mich selbst und meine Beziehung zu Gott."

Anabella (31): Keine Erwartungen

"In meinem Job bin ich oft auf Dienstreisen. Ich sehne mich nach einem Ort zum Runterkommen. Klar, ich könnte ein Wellness-Wochenende buchen, aber da wird von mir erwartet, dass ich mich auf jeden Fall entspanne. Erwartungen an mich gibt’s im Alltag schon genug. Ich habe ein religiöses Auszeitwochenende für junge Menschen mitgemacht. Stille, intensives Bibellesen und ein Begleitgespräch. Der Begleiter hat mir gesagt: 'Gott erwartet nichts von dir! Schau einfach, was in der Stille auf dich zukommt.' Das hat für mich schon Wunder gewirkt."

Philipp (28): "Auf die tiefere Dimension des Lebens schauen"

"Seit vergangenem Jahr bin ich mit dem Studium fertig und arbeite jetzt 350 Kilometer von Zuhause entfernt. Die ersten Monate fiel es mir schwer, mich neu einzugewöhnen. Dann habe ich bei Nightfever und Stay & Pray zufällig Bekannte getroffen. Seitdem mache ich in einer Studiengruppe von Schönstatt mit und singe in einer Kirchenband. Mir hilft es, mich aktiv einzubringen. Dadurch kann ich, trotz aller Aufgaben und Arbeit, zusammen mit anderen auf die tiefere Dimension des Lebens, auf Gott schauen."

Judith (28): Leben ohne Stress

"Ich bin immer im Stress. Zwei Jobs, zwei Studiengänge, Freund*innen und Familie. Ich will alles richtig machen, nichts und niemanden links liegen lassen. Das kostet Energie. Als ein paar Freund*innen mich nach Taizé mitgenommen haben, einer christlichen Gemeinschaft in Frankreich, war das für mich wie Urlaub. Handynetz hat man da nicht, Strom für den Laptop zu bekommen ist schwierig. Ideale Voraussetzungen, um abzuschalten. Ich habe in Taizé junge Menschen aus aller Welt kennengelernt. Man übernimmt Aufgaben wie Kochen und Putzen füreinander und kann frei über das Leben und den Glauben diskutieren."