Wenn Haustiere sterben, ist das für ihre Besitzer*innen mitunter eine sehr schmerzhafte Erfahrung. Ross Taylor hält den Kummer dieser letzten gemeinsamen Momente mit seiner Kamera fest.

Zu unseren Haustieren pflegen wir eine ganz besondere Bindung: Meist ihr gesamtes Leben lang sind wir an ihrer Seite und sie an unserer, wir erziehen und pflegen sie und geben hoffentlich unser Allerbestes, ihnen ein glückliches und gesundes Leben zu bescheren. Unsere Haustiere sind so sehr Teil unseres Lebens, dass wir ihre Namen mit denen unserer Partner*innen und Kinder verwechseln, dass wir Fotoshootings mit ihnen veranstalten, ihre Bilder in der Wohnung aufhängen und ihnen Geschenke zum Geburtstag und Weihnachten kaufen. Wir berücksichtigen sie in unseren Testamenten, erstellen Instagram-Accounts für sie und ziehen ihnen Klamotten an. Und auch sie lieben uns bedingungslos, wie es sonst Eltern mit ihren Kindern tun.

Unsere Hunde und Katzen machen uns glücklich – und wir sie. Es liegt auf der Hand, dass wir durch ihre Zuneigung zu uns und ihre Abhängigkeit von uns eine emotionale Beziehung zu ihnen aufbauen. Doch wie jedes Leben endet auch das unseres Haustiers – und zwar meist viel früher als uns lieb ist. Abhängig von Rasse und Züchtung werden Hunde zwischen acht und 16 Jahre alt, ähnlich sieht es bei Katzen aus. Wer sich also ein Haustier anschafft, wird früher oder später mit dessen Ableben konfrontiert sein. Und wie jedes Ableben ist auch das des Haustiers eine große emotionale Herausforderung. Wir trauern, als wäre ein Familienmitglied verstorben – denn das ist es ja auch. Es entsteht eine Leere, die zu füllen anfangs unmöglich erscheint. Der Herzschmerz ist real, auch wenn es nach außen, für Menschen, die keine Haustiere haben, übertrieben wirken mag.

Wie schmerzhaft die letzten Momente mit dem eigenen Hund sein können, zeigt Ross Taylor. Der Fotograf aus Denver im US-Bundesstaat Colorado begleitet tiermedizinische Organisationen, die Haus-Einschläferungen von Haustieren durchführen. Mit dem Einverständnis der Besitzer*innen dokumentiert Taylor die Zeit vor, während und nach der Tod des Haustiers. Er nennt sein Fotoprojekt Last Moments. "Damit möchte ich die Intimität und Intensität der Mensch-Tier-Beziehung untersuchen", sagt Taylor. Jedes Jahr müssten tausende Haustierbesitzer*innen eine derartig schmerzhafte Erfahrung durchmachen und trotzdem seien diese Momente kaum dokumentiert.

Und das, obwohl alleine in deutschen Haushalten mehr als 34 Millionen Haustiere leben. Darunter 15 Millionen Katzen und 9,5 Millionen Hunde. Den Rest machen andere Kleintiere wie Meerschweinchen, Hamster, Kaninchen und Vögel sowie Zierfische und Terrarientiere aus. Laut Tierschutzorganisation und Europas größtem Haustierregister Tasso e.V. waren übrigens Balu und Luna im Jahr 2019 die beliebtesten Hundenamen in Deutschland. Ihre Katzen nannten die Deutschen im selben Jahr am liebsten Simba und ebenfalls Luna.

Schreie durch Mark und Bein

Taylor beschreibt die Arbeit an seinem Projekt als eine der intensivsten Erfahrungen, die er je erlebt hat. "Es ist schwer zu sehen, wenn jemand so viel Schmerz empfindet." Er habe Menschen erlebt, die von ihrer Trauer so überwältigt waren, dass sie zusammengebrochen seien. Eine Haustierbesitzerin habe sich auf dem Boden neben ihrem Haustier zusammengerollt und laut gewimmert. Die Schreie, die er im Laufe von Last Moments hörte, seien teilweise so qualvoll gewesen, dass er sie bis heute nicht vergessen könne. "In diesen Momenten wird mir immer wieder klar, wie wichtig es ist, das besondere Verhältnis zwischen Haustieren und ihren Besitzern zu dokumentieren", sagt der 48-Jährige.

Es ist wichtig, den Schmerz zu respektieren, der mit dem Verlust eines Haustiers einhergeht.

Die Tragik eines Abschieds hinterließ bei Taylor aber nicht nur ein mulmiges Gefühl im Magen. "Es ist auch unglaublich berührend, zu sehen, wie fürsorglich Menschen sind." Die Arbeit habe ihn grundlegend geprägt: "Ich reagiere jetzt anders, wenn mir jemand aus meinem Umfeld vom Ableben des Haustiers erzählt. Mein Herz ist nun offener für diejenigen, die diesen Prozess durchlaufen." Zusätzlich habe er einen tiefen Respekt vor Tierärzt*innen. "Es sind beeindruckende Menschen."

Respekt vor der Trauer

Eine ähnliche Reaktion erhoffe er sich auch von den Menschen, die seine Fotos sehen. "Ach, es war ja nur ein Hund" oder "Kauf dir eben eine andere Katze", sind Sätze, die für Haustierbesitzer*innen einem sprichwörtlichen Dolch ins Herz gleichen. "Es ist wichtig, den Schmerz zu respektieren, der mit dem Verlust eines Haustiers einhergeht. Ich hoffe, dass mein Projekt am Ende mehr Einfühlungsvermögen füreinander aufbaut", sagt Taylor.

Menschen gehen unterschiedlich mit dem Verlust ihres Haustiers um. Nicht jede*r reagiert so, wie die Menschen auf Ross Taylors Fotos. Manchen reicht ein Abschied und eine kurze Trauerphase, bevor sie sich den nächsten Hund zulegen. Für andere wiederum kommt ein Ersatz nicht mehr infrage. Egal, welche Art von Trauerarbeit ein Mensch wählt, sie sollte in keinem Fall von anderen übersehen oder degradiert werden.

Unsere Hunde und Katzen machen uns glücklich – und wir sie. Sie sind unsere treuen Gefährt*innen und Spielkamerad*innen. Sie trösten uns, wenn wir Kummer haben. Sie muntern uns auf, wenn wir wütend sind. Es ist so wichtig, auch in schweren Zeiten für sie da zu sein und sie am Ende ihres Lebens beim Sterben zu begleiten, damit sie sich nicht allein fühlen.