Eine neue Studie zeigt am Beispiel der USA, wie unsere politische Haltung uns als Tourist*in beeinflusst. Wer "America First" denkt, macht auch so Urlaub.

Was haben der Brexit, die AfD und die America-First-Kampagne von Donald Trump gemeinsam? Sie alle möchten die internationale Zusammenarbeit – in Form von Bündnissen wie der EU oder der NATO – so gering wie möglich halten und befürworten eine isolationistische, nationalistische Politik.

Eine der weltweit größten Branchen ist allerdings darauf angewiesen, das international zusammengearbeitet wird: der Tourismus. Der Wirtschaftspychologe Florian Kock untersuchte mit seinem Team, ob US-Amerikaner*innen in Zeiten von America First auch nach Motto verreisen. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde unter US-Amerikaner*innen für den Besuch inländischer Nationalparks mit dem Slogan "See American First" geworben. Die Ergebnisse der Studie zeigen: Dieser Slogan könnte auch heute wieder funktionieren.

Wer zwischen "wir" und "denen" unterscheidet, verlässt zum Urlaub machen eher nicht die USA

"Die Studie zeigt, dass unsere politische Haltung Einfluss darauf nimmt, wie wir unser Urlaubsziel auswählen", erklärt der 30-jährige Wissenschaftler. Die Studie, die er zusammen mit einem Team internationaler Kollegen verfasste, ist Teil seiner Doktorarbeit am Royal Melbourne Institute of Technology. Sie wurde im unabhängigen, US-amerikanischen Wissenschaftsmagazin Journal of Travel Research veröffentlicht. Kock untersuchte, ob die politischen Phänomene Patriotismus und Ethnozentrismus, also die Voreingenommenheit eines Individuums gegenüber fremder Gruppen, unser Reiseverhalten beeinflussen.

Psycholog*innen haben festgestellt, dass Menschen bevorzugt so konsumieren, dass sich ihr Konsumverhalten mit ihren moralischen Überzeugungen deckt. Diesen Zusammenhang nennt man Kongruenz. Auch wenn wir eine Reise buchen, konsumieren wir etwas, zum Beispiel die Übernachtung in einem Hotel oder in einer Ferienwohnung, Essen und andere Aktivitäten. Wie Kock und sein Team zeigen, spielt der Wunsch nach Kongruenz auch dann eine Rolle, wenn Patriot*innen eine Reise buchen.

Ich verdiene mein Geld hier und gebe es hier aus. Wir Amerikaner müssen zusammen halten." – ein*e Studienteilnehmer*in

Insgesamt befragten Kock und sein Team 684 US-Amerikaner*innen, die ihren Urlaub in den USA verbringen, anstelle eine Auslandsreise zu buchen. Die Antworten der Teilnehmer*innen zeigten, dass besonders Menschen, die zwischen "wir" und "denen" – also US-Amerikaner*innen und Nicht-US-Amerikaner*innen – unterscheiden, es vorziehen, ihren Urlaub in den USA zu verbringen.

Kock erklärt: "Diese Unterscheidung in ,unsere Nation' und ,andere Nationen' nimmt auch Donald Trump immer wieder vor." In der Sozialwissenschaft wird das Ingroup-Outgroup-Phänomen genannt.

Aus den Antworten der Studienteilnehmer*innen ging außerdem hervor, dass US-Amerikaner*innen, die ihren Urlaub in den USA verbringen, Wert darauf legen, ihr Heimatland wirtschaftlich zu unterstützen. Sie wollen sich außerdem mit US-Amerikaner*innen, die in der Tourismusbranche beschäftigt sind, solidarisieren.

"Ich verbringe meinen Urlaub nicht in Kanada. Ich verdiene mein Geld hier und gebe es hier aus. Wir Amerikaner müssen zusammen halten". So äußerte sich ein*e Studienteilnehmer*in gegenüber Kock und seinem Team. Ein*e andere*r sagte: "In andere Länder zu verreisen macht doch nur die anderen Länder reicher. Diese Leute kommen ja auch nicht in die USA, also warum sollten wir zu ihnen gehen und unser Geld bei ihnen lassen?"

Indirekt hat Inlandstourismus negative Auswirkungen auf den Tourismus anderer Länder

Wie weit ein solches Reiseverhalten, das Kock auch als "ethnozentristischen Tourismus" bezeichnet, verbreitet ist, kann die Studie nicht beantworten. Die Studie beweise zunächst einmal, dass es zwischen Tourismus und Ethnozentrismus einen Zusammenhang gibt, erklärt Kock.

Die Studie zeigt aber auch, dass US-Amerikaner*innen, die aus den bereits genannten Gründen bevorzugt im eigenen Land Urlaub machen, kein Problem damit haben, Tourist*innen aus anderen Ländern zu empfangen: "Denn ausländische Touristen haben einen positiven Effekt auf die eigene Wirtschaft", erklärt Kock das Ergebnis, das zunächst widersprüchlich klingen mag.

Was die Teilnehmer*innen der Studie gegenüber anderen Nationen empfinden, wurde in der Studie nicht untersucht: "Man kann auch Patriot sein, ohne andere Nationen abzulehnen", betont Kock. Die Entscheidung ausschließlich im eigenen Land Urlaub zu machen und nur den inländischen Tourismus zu unterstützen, habe dennoch einen indirekten, negativen Effekt auf andere Länder.

Reisen Tourist*innen gerne in ein Land, dessen Präsident nach dem Motto "America First" regiert?

Und wie sieht es umgekehrt aus? Floriert der Tourismus in Ländern, die sich betont nationalistisch und patriotisch geben? Fühlen sich ausländische Tourist*innen in den USA genauso willkommen wie vor zwei Jahren?

In den USA sank die Zahl internationaler Touristenankünfte: 2017 reisten weniger internationale Tourist*innen als im Vorjahr und erwartet in die USA. "Es gibt deutliche Anzeichen, die auf einen Zusammenhang zwischen nationalistischen und fremdenfeindlichen Tendenzen in der Bevölkerung einer Tourismusregion und der verminderten Attraktivität dieser Tourismusregion schließen lassen", sagt Kock. Anders als in den USA, stieg die Zahl internationaler Tourismusankünfte 2017 im Vergleich zum Vorjahr weltweit an.