Selbsterkenntnis kommt meistens unerwartet: auf dem Fahrrad, an der Supermarktkasse oder abends im Bett. Und sie kann einen ganz schön erschrecken. Dann nämlich, wenn einem plötzlich bewusst wird, dass man sich ziemlich rücksichtslos verhalten hat. Dass man eine ziemliche Idiotin war.

Idioten sind die, die einem die Vorfahrt nehmen. Die deinen besten Freund betrügen. Die Kassierer*innen im Supermarkt anschnauzen. Die beim Team-Meeting immer nur sich selber hören möchten. Idiotie ist ein demokratisches Phänomen, das in allen Geschlechtern und Größen, zu jeder Uhrzeit und in allen Ländern vorkommt.

Aber eines haben idiotische Menschen alle gemeinsam: Ihnen sind andere Menschen egal. Ein Arschloch setzt sich über andere Menschen hinweg, Idioten bekommen die anderen Menschen um sie herum erst gar nicht mit. Sie respektieren sie nicht, sie ignorieren ihre Wünsche, Pläne und Bedürfnisse. Sie sind blind für andere. Sie denken nur an sich.

Wieviel Idiot*in in einem steckt, ist also vor allem eine moralische Frage: Wie sehr interessieren wir uns eigentlich für andere? Um das zu beantworten, müssen wir uns genau beobachten. Womit wir wieder bei der Selbsterkenntnis wären. Statt auf dem Fahrrad oder an der Supermarktkasse von ihr überrascht zu werden, können wir sie auch systematischer herbeiführen – mit der Achtsamkeitstechniken.

Achtung, Achtsamkeit!

In der Psychologie wird schon seit längerem mit der sogenannten Mindfulness, auch Achtsamkeit genannt, gearbeitet. Das Konzept stammt aus buddhistischen Meditationspraktiken und bedeutet, ganz grob zusammengefasst, den Fokus auf den gegenwärtigen Moment zu legen. Wer Mindfulness praktiziert, ist ganz bewusst im Hier und Jetzt. Und zwar ohne dabei eine Absicht oder ein bestimmtes Ziel zu verfolgen. Mindfulness-Techniken werden viel in der Psychotherapie eingesetzt, können uns aber auch im Alltag unterstützen.

Die Psychologin Erika N. Carlson geht davon aus, dass Mindfulness eine geeignete Technik für die Selbsterkenntnis ist – und somit auch eine Möglichkeit, dem eigenen Idiotentum auf die Schliche zu kommen. Je öfter wir Mindfulness praktizieren, so die Annahme, desto größer wird die Grundlage, auf der wir uns selbst reflektieren können. Dabei gilt es, die eigenen Erlebnisse so neutral und vorurteilsfrei wie möglich wahrzunehmen.

Kolleg*innen von Carlson konnten das sogar in Studien nachweisen. Teilnehmer*innen, die Mindfulness trainiert hatten, konnten ihre emotionalen Reaktionen nach bestimmten Ereignissen deutlich akkurater vorhersagen als andere. Sie hatten sich selber durchschaut, könnte man vielleicht sagen.

Habt ihr euch selbst durchschaut?

Je besser wir uns selber durchschauen, desto mehr werden wir feststellen: Wir sind nicht so oder so. Wir sind so und so und so. Mal sind wir Idioten, mal sind wir richtig nett. Aber wir können vielleicht alle ein bisschen weniger idiotisch sein, wenn wir uns besser verstehen.

Selbsterkenntnis muss nicht häppchenweise kommen. Sie kann auch ein dauerhafter Prozess sein. Im Kern geht es darum, uns und die Welt ein bisschen anders zu sehen. Die anderen mehr zu sehen. Und dann, fast versprochen, werden wir automatisch auch ein bisschen weniger idiotisch.Hier und

hier gibt es ein paar konkrete Beispiele für Mindfulness-Übungen. Dieses Eindruck gibt euch einen ersten Eindruck: