Dürre, Stürme, steigende Temperaturen und Meerespiegel – der Klimawandel ist kein Zukunftsszenario, sondern schon heute zu spüren. In unserer Serie Die Welt ist noch zu retten erzählen wir von innovativen Projekten und Menschen, die nicht tatenlos zugucken wollen.

Das Great Barrier Reef ist fast tot. Im zweiten Jahr in Folge blichen große Teile des Riffs aus. Der Grund: zu warmes Wasser. Das Wetterphänomen El Niño hatte dem Riff außergewöhnlich warmes Wasser in kurzen Abständen beschert. Das ergab eine aktuelle Studie australischer Biolog*innen. Korallen sind zwar widerstandsfähig, doch wenn sich das Meerwasser zu schnell erwärmt, geraten sie in Stress. Sie schwitzen sozusagen und stoßen die grünen Algen ab, mit denen sie sonst in Symbiose leben. Dadurch verlieren sie ihre Nahrungsquelle. Mit den Algen geht das Leben aus dem Riff. Ausgeblichene Korallen können sich erholen, aber dafür brauchen sie Zeit.

Hoffnung für Riffe

Ob das Great Barrier Reef noch zu retten ist, bleibt unklar. Aber vielleicht können andere Riffe gerettet werden. Ein Projekt der University of Hawaii bringt Hoffnung. Schon auf anderen Inseln wurden Korallen entdeckt, die der Hitze trotzen können. Beispielsweise in einer Bucht vor Palau, einer Inselgruppe im Pazifik. Dort leben schönste Korallenformationen – trotz gleichbleibend heißem und saurem Wasser. Das Riff hat daher den Namen Jacuzzi-Riff bekommen.

Über Jahre beobachteten die Forschenden dort die Korallen

. Die Untersuchungen legen nahe: Nicht der Anstieg der Temperaturen sorgt für das Sterben von Riffen, sondern wie schnell es passiert. 

Das Hawaiʻi Institute of Marine Biology nutzt diese Erkenntnisse nun für einen Versuch: 

Die Forschenden holen die gesündesten Korallen aus dem Wasser vor Coconut Island, bringen sie ins Labor und setzen sie einem Stresstest aus. Sie baden sie in immer heißerem Wasser und wollen so schauen, welche Korallen einen plötzlichen Temperaturanstieg überleben. Sie stressen sie, aber töten sie nicht.

Und einige schaffen es.

Diese Korallen nennen die Forschenden liebevoll Superkorallen. Sie werden in einem künstlichen Riff zurück ins Meer gepflanzt. Die Hoffnung: Wenn sie sich im Labor abhärten lassen, überleben sie auch den nächsten Hitzeschlag im offenen Meer. Dort sollen sie dem echten, sterbendem Riff Zeit verschaffen und helfen, sich zu regenerieren.

Aber das Team macht noch mehr: Die Wissenschaftler*innen vom Smithsonian Conservation Biology Institute haben in den letzten Jahren begonnen, eine Korallendatenbank aufzubauen. Aus dem Riff werden dafür Spermien und Eier von Korallen entnommen und eingefroren. Sieben Jahre brauchten die Wissenschaftler*innen, um herauszufinden, wie sie das machen können. So ist es nun möglich, Arten im Labor zu züchten und ins offene Meer zu setzen, um sie vor dem Aussterben zu bewahren. Derzeit sind 16 von 800 Korallenarten preserviert worden und warten im Labor auf Coconut Island auf ihren Einsatz.

Warum sind Korallen so wichtig?

Obwohl Riffe nur ein Prozent der Erdoberfläche ausmachen, beherbergen sie 25 Prozent aller Meereslebewesen. Ungefähr die Hälfte des Sauerstoffs in unserer Atmosphäre kommt aus dem Meer und den Korallenriffen – daher brauchen auch wir Menschen Korallen zum Überleben. Und unsere Küsten brauchen sie als Schutz vor Stürmen.

Neben zu warmem Wasser gibt es weitere Gründe für das Sterben von Riffen: Übersäuerung, Verschmutzung, Überfischung und Tourismus. Zum Schutz dieser einmaligen Ökosysteme muss natürlich mehr getan werden. Wir müssen unter anderem Müll reduzieren, Emissionen verringern und Überfischung verhindern.

Die Korallenzucht im Labor wirkt vielleicht wie ein Tropfen auf das heiße Meer, aber es ist eine kreative Lösung, den Korallen zu helfen, mit den Folgen des Klimawandels klarzukommen – und Zeit für große Lösungen zu verschaffen. Wenn es uns gelingt, zerstörte Riffe durch Superkorallen wieder zu beleben, könnten wir möglicherweise Riffe auf der ganzen Welt retten.