Sie ist ein bisschen verpeilt und besitzt Unmengen Schuhe. Sie trinkt zu Hause allein Wein aus Ikea-Gläsern und tanzt dabei zu Beyoncé. Sie knutscht mit irgend einem Typen nachts im Club und nimmt ihn mit nach Hause. Am nächsten Tag sitzt sie in ihrem Kinderschlafanzug allein auf dem Fensterbrett und fühlt sich ungeliebt. Er hat noch nicht mal nach ihrer Nummer gefragt.

So oder ein bisschen anders wird sie immer beschrieben: In Sex and the City, How to be Single oder Bridget Jones. Sie, diese Single-Frau. Sie ist zwar charmant und liebenswert, hat Freund*innen und einen Job, aber ihr Leben kennt letztlich trotzdem nur eine Wendung; die Wendung ins Tragische.

Denn die Botschaft dieser Filme und Serien ist eindeutig: Eine junge Frau kann nur über eine begrenzte Zeit lang frei und fröhlich sein. Irgendwann, das erfordert die Dramaturgie dieses kulturellen Skripts, kippt die Unbeschwertheit. Dann nämlich, wenn die Single-Frau sich und uns allen endlich eingesteht, was sie wirklich will. Wenn sie uns blicken lässt in den überschminkten Abgrund ihres Alleinseins.

Denn dort, so soll uns gezeigt werden, herrscht nur ein Wunsch: Der Wunsch nach dem Ende des Single-Seins.Denn die Single-Frau, so wird impliziert, ist ganz tief unten und total allein.

Selbstverständlich Schokolade zum Frühstück

Die eigentlich unglückliche Single-Frau ist der desolate Typus der Jetzt-Zeit. Dieser Typus ist immer weiblich – immer noch – und löst zwar die alte Jungfer als fieses Bild der alleinstehenden Frau ab, hat dabei aber von seiner Frauenfeindlichkeit nichts eingebüßt.

Viele junge Frauen – als ältere Frau ist man ja irgendwann eh nur tragisch – leiden unter dieser Stigmatisierung. Denn sie geht einher mit etwas, das es in der englischsprachigen Welt schon zu einem geflügelten Wort gebracht hat: dem Single-ShamingSingle-Shaming bedeutet, Singles das Gefühl zu geben, sie seien irgendwie unvollständig. Vielleicht amüsant, aber auf jeden Fall latent unglücklich.

Single-Shaming hat nichts mit öffentlichen Prangern und sozialem Ausschluss zu tun. Es ist viel subtiler: "Du bist aber jetzt schon ganz schön lange allein, oder?", "Du musst halt mal öfter rausgehen!", "Willst du keine Kinder?", "Du findest den Einen ganz bestimmt noch!". Wer sich von diesen und ähnlichen Fragen unter Druck gesetzt fühlt, der darf sich des Nachts den nächsten Wodka in den Zahnputzbecher kippen und bittere Tränen der Ungenügsamkeit gleich hinterher.

Während alleinstehende Männer die Chance haben, für flüchtigen Sex oder Abende allein vorm Computer nicht verurteilt zu werden, wird Frauen ihre angebliche Unzulänglichkeit gerne überdeutlich präsentiert. Es gibt nur ein Happy End für dein Leben: die Beziehung. Single? Ja. Aber bitte nicht so lange, irgendwann muss der Ring schon her.

All the Single Ladies

Die Beziehung ist angeblich der Ort, an dem die Bridget Jones, Carrie Bradshaws und wie sie alle heißen wirklich zu sich selber finden. Die Beziehung ist der Ort, an dem unsere weinselige Girls-Night-Out-Tragik und unser Chick-Flick-Geblubbere endlich versiegen kann. Es wird unterstellt, dass die Beziehung für alle Frauen das Nonplusultra darstellt.

Egal wie erfüllt und zufrieden sich ein Leben anfühlt, wer genau hinhört, wird dem falschen Bewusstsein schon auf die Schliche kommen und reumütig nach dem Einen suchen. Ja, dem Einen. Denn diese Art von Single-Shaming ist auf heterosexuelle Frauen gemünzt.

Aber bei aller Kritik am Single-Shaming ist wichtig zu verstehen: Es geht nicht darum, abzustreiten, dass eine romantische Beziehung nicht tiefes Glück bereiten kann. Dass eine romantische Partnerschaft nicht etwas Wunderbares ist. Es geht vielmehr um die Frage, welche Arten von Glück Frauen zugestanden wird. Und welche eben nicht.

Denn was das Single-Shaming zum Ausdruck bringt, ist, dass Frauen nur in einer Beziehung wirklich glücklich werden können. Als Singles sind sie Mangelexemplare. In diesem Kontext sind Frauen allerdings immer Mangelexemplare: Wir sollen alles auf einmal können und machen – Karriere, Kinder, Beziehung – können aber bei diesem Alles sowieso immer nur scheitern. An der gläsernen Decke und dem fehlenden Mann in unserem Leben. Dedüm.

Mehr Fantasie, mehr Freiheit

Singles als Mangelexemplare. Dieses Stigma engt ein. Es macht Schuldgefühle. Es zementiert Geschlechterungerechtigkeit. Statt Single-Frauen die immergleichen drohenden Bilder vorzusetzen, zu versuchen, sie mit den immergleichen lahmen Tipps vom Single-Sein zu befreien, sollten wir lieber gemeinsam daran arbeiten, uns ein wenig Luft zum Atmen zu lassen. Für die eigentlich entscheidende Frage: nicht "Was erwarten die anderen von mir?", sondern "Was will eigentlich ich?".