"Einsamkeit ist nur schön, wenn man es jemandem sagen kann", diesen Satz habe ich vor langer Zeit in dem Roman "Der liebe Augustin" von Horst Wolfram Geißler gelesen. Er blieb mir im Gedächtnis, denn er drückt ein Erleben aus, das viele von uns immer wieder erfahren. Singles häufiger als andere: Das Gefühl der Einsamkeit.

Es geht dabei gar nicht so sehr um das Gefühl des Alleinseins. Alleinsein kann nämlich auch ein wohliges Gefühl sein, kann Mit-Sich-Sein bedeuten. Mit den eigenen Gedanken, Tagträumereien und Kompliziertheiten, die man alleine manchmal am besten erträgt. Doch so schön dieses innere Erleben ist, irgendwann kommt die Frage: Wohin damit?

Die Sehnsucht nach dem Du

Das sind die Momente, in dem einen die romantische Sehnsucht nach einem*r Partner*in packt. Egal, wie glücklich und zufrieden man sich sonst als Single fühlt. Dann ist sie plötzlich da: Diese doofe Einsamkeit.

Doch was will man da tun? Auf die Schnelle lässt sich kein*e Partner*in herbeizaubern. Keine Nähe zu einem Menschen aufbauen. Was in solchen Momenten hilft, ist, sich klarzumachen, nach was genau wir uns sehnen. Denn dann werden wir vielleicht merken, dass das, was wir meinen zu brauchen, auch von Freunden kommen kann. Denn Freundschaften stillen viele unserer Grundbedürfnisse. Unser Bedürfnis nach Nähe und Anerkennung, nach Geborgenheit und Sicherheit.

Denn egal, wie unverbindlich wir als Generation leben, wie schwer wir uns mit Paar-Beziehungen tun, eine Sache, die können wir: Freundschaften.

Generation Freundschaft

Freunde werden immer mehr zu unserer Ersatzfamilie. Sie sind unsere Wahlverwandtschaften der Jetzt-Zeit. Die Stiftung für Zukunftsfragen hat 2010 in einer Umfrage unter 2.000 Teilnehmer*innen nach den persönlich wichtigsten Lebensqualitäten gefragt. "Freunde" wurden von 92 Prozent als besonders wichtig genannt. Eine Zunahme von immerhin neun Prozent im Vergleich zu der gleichen Erhebung im Jahr 2002. Freundschaften rangierten in der Rangliste auch noch vor Partnerschaft.

Diese Zahlen sind nicht nur Ausdruck des demographischen Wandels, in Zeiten, in denen es mehr Singles gibt als je zuvor, Ehen öfter in die Brüche gehen und weniger Kinder geboren werden. Es zeigt auch, wie wir mit einem Leben umgehen, das uns verstärkt in die Flexibilität zwingt. Das uns alle möglichen Unsicherheiten zumutet – von Jobs, über Altersversorgung, bis hin zu wechselnden Wohnorten.

Wir mögen die rastlose Generation der Nicht-Beziehungs-Menschen sein, aber eine Sache haben wir offensichtlich verinnerlicht: Enge Beziehungen sind essentiell für unser Glück. Und für viele von uns sind das eben enge Beziehungen zu Freunden.

Du bist nicht allein

Gerade wenn sich die Einsamkeit mal wieder anfühlt wie ein kühles Moor in das man versinkt, können Freunde die Hände reichen und uns aus dem Sumpf herausziehen. Denn oftmals brauchen wir in solchen Situationen auch einfach nur die Versicherung: Du bist prima. Du wirst sehr gemocht. Und ich bin für dich da.

Außerdem bieten Freundschaften heutzutage auch verstärkt Ersatz für das, was vielleicht klassischerweise einer Paar-Beziehung vorbehalten war: Dasein im Alltag. Dank sozialer Netzwerke und Messenger-Dienste können wir, selbst wenn wir in verschiedenen Städten wohnen, eine Art gemeinsamen Lebens führen. Im Alltag füreinander da sein. Die Anzahl der Facebook-Nachrichten, die ich mir mit meinen engsten Freundinnen im letzten Jahr geschrieben habe, geht in die Tausende. Es kommt mir manchmal vor, als würden wir gemeinsam Tagebuch führen.

Ob es dabei um anbahnenden Liebeskummer geht oder einfach um die Frage, ob die Halsschmerzen von gestern wieder besser sind. Gemeinsame Rituale, Einkaufsberatung, ein Streetart-Foto mit dem Satz: "Grad an Dich gedacht". Dieses Aneinander-Denken tut zutiefst gut.

Sicher, es gibt Dinge, die können Freundschaften nicht leisten. Und das muss bei sexueller Nähe gar nicht aufhören. Aber gute Freunde können uns zeigen, immer wieder, dass wir alles andere als alleine sind. Etwas, was im Übrigen auch in romantischen Beziehungen keine Selbstverständlichkeit ist. Gemeinsam ist eben alles besser zu ertragen.