Freiwilligenarbeit ist ein populäre Art, Urlaub und Arbeit zu verbinden. Sie ist durch dubiose Anbieter jedoch in jüngster Zeit in Verruf geraten. Hier sind Tipps, wie ihr ein seriöses Unternehmen für eure Unterstützung findet.

Ehrenamtliche Arbeit im Ausland ist neben der Erfahrung, die man sammelt, auch gut geeignet, um seinen Lebenslauf aufzumöbeln. Vor allem in den letzten Monaten gab es jedoch viel schlechte Presse für den sogenannten "Voluntourism". Auf dem Instagramaccount der White Savior Barbie etwa machen sich zwei Studenten über naive Freiwillige lustig, die meinen sie müssten Afrika retten.

In Kambodscha, Nepal und mehreren afrikanischen Ländern sind die Betreiber*innen von Waisenhäusern aufgeflogen, die im Menschenhandel involviert waren und ihr Einkommen vor allem durch Freiwillige verdienten. Zudem schlossen die Behörden aus Tierschutzgründen in jüngster Zeit in mehreren Ländern Einrichtungen, in denen Wildkatzen gehalten wurden.

Auch wenn diese Berichte erst mal sehr verunsichern, Freiwilligenarbeit an sich ist weiterhin eine gute Sache. Man hilft, lernt andere Kulturen kennen, bekommt erste Arbeitserfahrung. Deshalb ist es wichtig, eine gute und vertrauenswürdige Organisation zu finden, mit der man zusammen arbeiten möchte. Hier sind einige Tipps, um seriöse Anbieter zu finden.

Diese Bereiche solltest du meiden

Freiwilligenarbeit gibt es in vielen verschiedenen Arbeitsfeldern, vom Unterrichten in Schulen über Arbeiten auf dem Feld bis zum Füttern von Tieren ist alles dabei. Es gibt jedoch einige Bereiche, die man grundsätzlich meiden sollte.

Allgemein kann man sagen, dass Freiwilligenarbeit in Bereichen, in denen man in Deutschland eine abgeschlossene Ausbildung bräuchte erst mal zweifelhaft ist. Wenn man zu Hause nicht als BWL-Student im Krankenhaus arbeiten darf, warum sollte das in Afrika oder Asien in Ordnung sein? Das Gleiche gilt für die Arbeit mit Kindern oder Tieren: Wenn man diese in Deutschland ohne Ausbildung nicht ausüben dürfte, ist dies auch im Ausland keine gute Idee.

Frank Seidel hat das Portal "Wegweiser Freiwilligenarbeit" gegründet, um potentielle Freiwillige in passende Projekte zu vermitteln. Er empfiehlt, sich vor einem Aufenthalt genau zu fragen, ob man sich der Aufgabe gewachsen fühlt. "Wenn ihr es euch nicht in eurem eigenen Kulturkreis in eurer Muttersprache  zutraut, dann ist es wahrscheinlich keine gute Idee, es in einem anderen Kulturkreis zu machen."

Auch sei es extrem wichtig, im Vorhinein zu klären, welche Anforderungen an die Freiwilligen gestellt werden. Englischunterricht kann einerseits heißen, dass ein Freiwilliger eine ganze Klasse allein unterrichtet, andererseits unterstützen viele Freiwillige aber auch nur die Lehrer und übernehmen eine Assistentenposition.

Wie wirbt die Organisation auf ihrer Webseite?

Manoj Gautam, Geschäftsführer und Gründer des Jane Goodall Instituts Nepal hat schon oft Freiwillige in seinen Projekten betreut und kennt auch die Probleme in dem Bereich gut. Um zu verhindern, dass man Betrüger*innen auf den Leim geht,  empfiehlt er sich als ersten Schritt ganz genau die Webseite der Organisation anzugucken. Wenn man über eine Entsende-Organisation einen Aufenthalt bucht, sollte man sich genaue Informationen über das Projekt vor Ort geben lassen und auch dieses genau unter die Lupe nehmen und den direkten Kontakt aufnehmen.

[Außerdem bei ze.tt: Fotografinnen parodieren Doppelmoral von Freiwilligenarbeit]

Gautam empfiehlt, hier besonders die Mission und Vision der Organisation in Augenschein zu nehmen, anstatt sich von spannenden Aktivitäten ablenken zu lassen. "Aktivitäten kann man in wenigen Tagen ausarbeiten, aber das Gesamtprojekt ist das, was entscheidend zum guten Zweck beiträgt. Eine unseriöse, geldorientierte Organisation wird keine solide Vision haben, die sie mit einem strategischen Ansatz und langfristigem Plan verfolgt. Freiwillige sollten die angebotenen Aktivitäten mit der Mission abgleichen. Wenn die beiden Aspekte nicht 100%ig zusammenpassen ist von einer Zusammenarbeit abzuraten." Außerdem sollte man darauf achten, ob auf der Webseite vor allem Bilder zu sehen sind, die Mitleid erregen sollen oder eher Informationen über das Projekt.

Vorsicht bei Waisenhäusern

Sehr kritisch sehen viele Expert*innen mittlerweile Freiwilligenarbeit in Waisenhäusern. Ohne die entsprechende Ausbildung kann es schwierig sein, angemessen mit den Kindern umzugehen. Außerdem hat es sehr problematische psychologische Auswirkungen auf Kinder, wenn ihre Bezugspersonen ständig wechseln und ein langfristiger Kontakt nicht gegeben ist. "Der Schaden, der durch diese Erfahrungen angerichtet wird, zeigt sich oft erst Jahre später." erklärt Martin Punaks, Landesdirektor von Next Generation Nepal, einer Nichtregierungsorganisation, die sich gegen Freiwilligenarbeit in Waisenhäusern einsetzt. "Ich habe viele junge Leute getroffen, die in Waisenhäusern aufgewachsen sind und an den klassischen Problemen von Bindungsstörungen leiden – Persönlichkeitsstörungen, Depressionen, Angstgefühle, Wut, Anfälligkeit für Kriminalität."

[Außerdem bei ze.tt: Wie du mit einem Freiwilligendienst Geflüchteten helfen kannst]

Frank Seidel vom Wegweiser Freiwilligenarbeit sagt jedoch auch, dass Arbeit in Waisenhäusern – welche er ebenfalls ablehnt –  nicht gleichzusetzen ist mit Arbeit mit Kindern im Allgemeinen. "Es gibt auch eine ganze Menge Freiwilligenprojekte, in denen Freiwillige zwar mit Kindern arbeiten, diese aber im Familienverband aufwachsen und es somit nicht dieselben Bindungsprobleme gibt, wie bei Waisen. Zu solchen Projekten gehören Unterrichtsprojekte, Kindertagesstätten, Projekte mit behinderten Kindern, Kindergärten und Nachhilfe."

Über die Arbeit mit Tieren

Extrem problematisch können Projekte sein, in denen Freiwillige mit wilden Tieren arbeiten. Hier gibt es wenige nachhaltige Anbieter, da wilde Tiere eben möglichst wenig in Kontakt mit Menschen kommen sollten. Absolute No-Gos sind Projekte, in denen Wildkatzen gezüchtet werden, regelmäßiger Kontakt mit den Freiwilligen ermöglicht wird (zum Beispiel zum Streicheln) und Tiere in zu kleinen Käfigen gehalten werden. Auch sollte man sich immer die Frage stellen, warum die Tiere nicht in freier Wildbahn sleben und ob es dafür einen plausiblen Grund gibt, der mit der langfristigen Vision der Organisation übereinstimmt.

Das solltest du dir vorher klarmachen

Damit ein Aufenthalt in einem Projekt für alle Seiten von Vorteil ist, sollten Freiwillige sich aber vor allem von Anfang an klarmachen, dass sie nicht ins Ausland gehen, um anderen etwas beizubringen, sondern um zu lernen. Freiwilligenarbeit ist eine tolle Möglichkeit, andere Lebensrealitäten kennenzulernen und den eigenen Horizont zu erweitern, aber mit seinem Einsatz – egal wie leidenschaftlich und intensiv dieser auch ist – wird man nicht die Welt retten. Vielleicht wird man allerdings seine eigene auf den Kopf stellen, und das ist ja auch schon viel Wert.