Unsere Autorin hat als Pressemitglied eine Rede von Donald Trump live erlebt. Wie gefährlich dessen Hetze auf die sogenannten Fake News ist, hat sie dabei am eigenen Leib erfahren.

Gerade ist Donald Trump dabei, auf der Bühne seine Ende vergangenen Jahres verabschiedete Steuerreform und sich selbst als deren brillanter Urheber anzupreisen, als plötzlich lautes Buhen ertönt. Ein einzelner Gegner Trumps hat es in den Saal geschafft, und wird prompt auf seine einsamen Protestrufe hin von einer ganzen Traube an Sicherheitsleuten zum Ausgang eskortiert. Kollektives Buhen begleitet ihn, und zahlreiche Gegenstände prasseln auf ihn ein. Kappen, Wimpel, Müll – was auch immer Trumps treueste Unterstützer*innen zu greifen bekommen werfen sie energisch auf den einsamen Eindringling. Er gehört nicht zu ihnen, zu dem Meer der rot bemützten Unterstützer*innen Trumps.

Vorne auf der Bühne genießt ein gönnerhaft grinsender Trump offensichtlich den ihm geltenden emotionalen Aufruhr, während die aggressiven Buhrufe beinahe fließend in einen ebenso aggressiven USA-Sprechchor übergehen. Die Feindseligkeit und Aggressivität im Saal sind beinahe mit Händen zu greifen, und für einen kurzen Moment wird mir schlecht.

"Um das klar zu stellen für die Fake News da hinten", ruft Trump und gestikuliert nach hinten in den Pressebereich, wo auch ich sitze, "wir waren sehr nett zu ihm, und er war sehr widerwärtig. Das war nur eine Person, sonst haben wir hier Tausende an Unterstützern. Morgen heißt es dann wieder in den Schlagzeilen Protest bei Trumps Rede! Aber es war nur einer." Während Trump wild in den Pressebereich gestikuliert, dreht sich der ganze Saal nach hinten um, und gleichzeitig mit Trumps Standpauke werden wir mit erneuten Buhrufen und hasserfüllten Beschimpfungen überschüttet.

Es wird im Laufe von Trumps fast eineinhalb Stunden dauernder Ansprache nicht das letzte Mal sein, dass seine Unterstützer*innen auf das Stichwort Fake-Medien hin eine Welle an Beschimpfungen über uns ergehen lassen. Je länger Trumps Rede dauert, desto unwohler fühle ich mich inmitten der hitzig erregten Menge und als Trump endlich von der Bühne tritt, flüchte ich mit zitternden Knien aus dem Saal und muss mich erst mal sammeln.

Trump und sein nicht enden wollender Wahlkampf

Zur Hintergrundinfo: Ich befinde mich auf der Conservative Political Action Conference, kurz CPAC, die einmal jährlich engagierte konservative Bürger*innen, Politiker*innen und Aktivist*innen in den USA versammelt und ihnen eine Bühne für den Austausch und die Diskussion der konservativen Agenda bietet.

Auch Wayne LaPierre, der Vizepräsident der Waffenlobbyorganisation National Rifle Association (NRA), hat hier am Vortag bereits gesprochen. Im Gegensatz zu Trumps offiziellen präsidentiellen Ansprachen also, wie etwa der State of the Union, wo er sich an alle US-Bürger*innen wenden muss, ist der Auftritt auf der CPAC für Trump ein Heimspiel. Hier haben sich seine treuesten Unterstützer*innen versammelt, und mit den feuerroten Make-America-Great-Again-Kappen, die es seit Trumps Wahlkampf überall in den USA zu kaufen gibt, bekennen sie sich öffentlich zu ihrem Präsidenten.

Präsidentiell wirkt Trumps Wahlkampf auf der CPAC allerdings kaum, stattdessen fühle ich mich wie auf einem erneuten Wahlkampfauftritt. Trump ist in seinem Element, er reißt einen Witz nach dem anderen, und genießt sichtlich die euphorische und bedingungslose Hingabe seiner Fans. Tatsächliche Inhalte liefert er jedoch kaum. Dementsprechend beschreibt auch die Washington Post am nächsten Tag Trumps Auftritt als eine weitere Station seiner nicht enden wollenden Kampagne.

Warum wir für die Pressefreiheit kämpfen müssen

Trumps Auftritt auf der CPAC hat mich erschüttert, und zwar nicht nur als Journalistin, sondern auch als Bürgerin einer Demokratie. Dass Populist*innen seit einigen Jahren meist von rechts außen unsere freiheitlich demokratischen Werte angreifen, ist mittlerweile nichts Neues mehr. Auch mir war das natürlich immer bewusst, und wie viele andere habe ich das kritisiert und verurteilt.

Nach Trumps Auftritt allerdings ist mir zum ersten Mal klar, wie fragil unsere demokratischen Grundwerte, in diesem Fall eben vor allem Pressefreiheit, tatsächlich sind. Die Erfahrung, als Journalistin öffentlich ausgebuht und beschimpft zu werden, nur weil man seine tägliche Arbeit erledigt, war für mich extrem einschneidend. Es mag sich überzogen und etwas sehr dramatisch anhören, aber in dem Moment, in dem die johlende und aggressive Menge den einzelnen Trump-Gegner sowohl verbal als auch körperlich angriff und Donald Trump dazu unter allgemeinem Jubelgeschrei uns anwesende Journalist*innen denunzierte, bekam ich zum ersten Mal eine Ahnung davon, wie der Nationalsozialismus in Deutschland entstehen konnte.

In den USA scheinen immer mehr Menschen langsam zu begreifen, dass Trumps Angriff auf die Pressefreiheit tatsächlich schlimme Folgen haben könnte. Eines der derzeit am meisten diskutierten Bücher ist Steven Levitsky und Daniel Ziblatts How Democracies Die. Darin argumentieren die beiden Autoren, dass Demokratien nicht mehr länger schlagartig mit einem Militärputsch oder einer Revolution zu Ende gehen, sondern langsam und schleichend durch die stetige Erosion fundamentaler Werte wie der Pressefreiheit. Klingt bekannt?

Deutschland darf nicht wie die USA enden

Gerettet aus meinen klammen Angstzuständen nach Trumps Rede hat mich Cem Özdemir. Dessen leidenschaftliche und wahrhaft großartige Verteidigung der Pressefreiheit als Antwort auf rechte AfD-Hetze ging am Tag von Trumps CPAC Ansprache viral und hat mir in dem Moment genau die Zuversicht im Hinblick auf den Zustand unserer freiheitlich demokratischen Grundordnung in Deutschland gegeben, die ich für die USA langsam zu verlieren drohe. Deswegen – lasst uns in Deutschland nicht so enden. Lasst uns offensichtliche Angriffe auf die Pressefreiheit nicht einfach hinnehmen und als populistisches Geschwafel abtun, sondern lasst sie uns entschieden verurteilen und kontern.