Sonnenuntergang am Strand, eine bunte Blumenwiese in den Bergen, Architektur in der Stadt: Egal, wo wir unseren Urlaub verbringen, immer bieten sich tolle Motive für ein Foto an. Aber nicht jeder kann sich Profi-Kameras leisten, außerdem ist es nicht gerade entspannend, schweres Equipment mit sich rumzuschleppen. Besser geht es mit dem Smartphone, das wir eh immer dabei haben und mit dem wir ohnehin ständig Fotos schießen: Fotografieren ist nach dem Telefonieren die zweithäufigste Tätigkeit mit dem Smartphone, was eine aktuelle Umfrage unter Smartphone-Nutzer*innen in Deutschland zeigt.

"Unser Smartphone benutzen wir alle im Alltag, wir kennen das Gerät gut und man kann auch gut nahe, emotionale Aufnahmen machen", sagt Jörg Nicht aus Berlin. Er ist Fotograf und einer der beliebtesten deutschen Instagrammer. Ein weiterer Vorteil: Mit dem Smartphone lassen sich Bilder direkt bearbeitet und in sozialen Netzwerken teilen.

Die drei häufigsten Fehler

Smartphones können heutzutage technisch sehr gute Aufnahmen liefern. Trotzdem gibt es häufige Fehler, die gerade Einsteiger*innen beim Fotografieren passieren. "Kinder und Hunde fotografieren viele Leute von oben. Auf Augenhöhe zu gehen, ist aber besser", rät Jörg Nicht.

Besonders schwierig sind Porträtfotos. "Wichtig ist, dass der Hintergrund nicht von der fotografierten Person ablenkt und der Fotograf nah genug dran ist", so der Experte. Generell sollte man sich das Motiv eines Bildes sehr gut überlegen. Weniger ist dabei mehr: "Oft ist bei Einsteigern einfach viel zu viel auf dem Foto! Wenn man die Bildaussage reduziert, hat man viel gewonnen."
Bei Porträts auf der Straße die Umgebung nutzen: Der Hintergrund wird durch die fahrende U-Bahn unscharf, die Person kommt dadurch besser zur Geltung.

Weniger gut geeignet ist das Smartphone bei hartem Licht, also in der Mittagssonne. "Bei Strandfotos kann man zwar harte Kontraste und Schatten effektvoll einsetzen", erklärt Jörg Nicht. Ansonsten gilt aber: Zwei bis drei Stunden nach dem Sonnenaufgang und vor dem Sonnenuntergang hat man das beste Licht.
Mit Schatten spielen: In der Mittagssonne ist das Smartphone eher ungeeignet, aber wo Sonne ist, da ist auch Schatten. Wenn die Sonne harte Schatten erzeugt, kann man sie für solche kreativen Aufnahmen nutzen.

"Der goldene Schnitt als Mittel der Bildgestaltung sollte beherzigt werden", erklärt Jörg Nicht. Gerade für Einsteiger sei das hilfreich. Wenn sich das Hauptmotiv in der Mitte des Bildes befindet, wirke das langweilig. Wenn man das Bild in Gedanken in neun gleich große Felder teilt, hat man Linien, an denen man sich orientieren kann. Viele Handykameras liefern die Raster-Funktion auch direkt mit. Das Hauptmotiv sollte an den Schnittpunkten oder entlang der Linien platziert werden. "Es kann aber auch spannend sein, wenn man bewusst davon abweicht", meint Jörg Nicht.

Der Zoom mit dem Smartphone eignet sich nicht so gut. Besser sei es, sich selbst auf das Objekt zuzubewegen. "Wenn man bei einer Safari einen Löwen aus sicherer Distanz fotografieren möchte, braucht man einfach eine Profi-Kamera", so Jörg Nicht. Was aber sehr gut mit neuesten Smartphones funktioniert: eine Aufnahme, bei der man sehr nah an einem Detail ist und der Hintergrund bleibt unscharf. Dafür könnt ihr per Fingerdruck mit dem Fokus der Kamera experimentieren. Allerdings ist gewollte Unschärfe manchmal nur mit Nachbearbeiten möglich: "Die Linsen sind schon darauf ausgelegt, möglichst scharf zu fotografieren", sagt der Experte.
Mit Unschärfe experimentieren: Die Blätter im Vordergrund sind scharf, die fast kahlen Bäume im Hintergrund unscharf. So entsteht die Geschichte vom fallenden Laub im Herbst.

Die Umgebung nutzen

Besonders und einzigartig werden eure Bilder, wenn ihr den Vordergrund einbezieht, Tiefe vermittelt und farbliche Akzente setzt. "Im Vordergrund kann eine Blume sein oder Felsenstruktur", rät der Experte. Ihr solltet Linien suchen und den Ausschnitt so wählen, dass mehrere Ebenen vorhanden sind – so entsteht Tiefe. "Bei einer grünen Alpenwiese können bunte Blumen einen tollen farblichen Akzent bilden", so Jörg Nicht. Überprüft immer, ob ihr einen Vordergrund und einen Hintergrund habt, und ob ihr vielleicht noch einen dritten Punkt findet.
Die Umgebung wird zur Nebendarstellerin: Eine Frau durchschreitet im Vordergrund die Straße, die auf eine Häuserfront zuläuft. Halt gibt die weiße Fassade auf der rechten Seite des Bildes.

Wenn ihr mit einer Aufnahme noch nicht ganz zufrieden seid: Schaut euch um und überlegt, was euch an der Szenerie so gut gefällt. "Vielleicht ist es in den Bergen das Bauernhaus, dann sollte man überlegen, mit welcher Perspektive man das am besten einfängt", erklärt Jörg Nicht. Überhaupt sei es gut, immer gleich mehrere Bilder von einem Motiv zu machen und hinterher auszusortieren.

Wenn ihr Urlaub in einer anderen Stadt macht, habt ihr gute Chancen auf interessante Schüsse mit eurer Handykamera. "Gerade für Urban Photography und Architektur sind Smartphones sehr gut geeignet", erklärt der Fotograf. Dabei gibt es zwei Herangehensweisen. "Man bekommt klare Linien, wenn man Gebäude frontal fotografiert", so Jörg Nicht. Spannend werde es, wenn man durch Glasfassaden auch noch die Spiegelung der gegenüberliegenden Häuser im Bild einfangen kann. So entstehen oft ungewohnte Sichtweisen auf bekannte Motive.
Mit Reflexionen und Spiegelungen spielen: Ein Haus spiegelt sich in der Spree.

Da sich die Linsen der Smartphones am Rand befinden, könne man Spiegelungen gut fotografieren, indem man mit dem Gerät nah an die spiegelnde Oberfläche herangehe. Das geht in Städten auch bei Regenpfützen oder einem ruhigen Fluss. Die zweite Möglichkeit, Linien und Architektur besonders eindrucksvoll einzufangen: Straßenschluchten. "Am besten steht man in der Mitte der Straße und die Häuserzeilen laufen in die Ferne", rät Jörg Nicht.

Finger weg von der Badehose

Ein absolutes No-Go wäre, die Linse mit der Badehose abzuwischen. "Katastrophal wäre es, wenn es Salzwasser ist, denn Salz greift die Linse an", erklärt Jörg Nicht. So wie man seine Brille behandelt, sollte man auch seine Kameralinse behandeln – am besten eignet sich ein Brillenputztuch. In vielen Optiker-Geschäften bekommt man so ein Tuch sogar gratis.

Profis bereiten sich zudem vor: Schon vor Reisebeginng könnt ihr nach Motiven und Inspiration Ausschau halten. Bei Instagram und Google+ kann man sich beispielsweise den Standort von Aufnahmen anzeigen lassen. "Es hilft sehr, sich anzusehen, wie andere fotografieren", meint Jörg Nicht und fügt hinzu: "Dann sollte man einen eigenen Blick entwickeln und sich immer fragen: Was interessiert mich an dem Motiv?"