Es wirkt, als würde es stets zu Studienbeginn ein Pflichtseminar mit dem Titel So redest du deine Mitstudierenden in fünf Schritten in den Schlaf geben. Schritt 1: Dein Referat sollte so emotional aufbrausend wie ein Wikipedia-Artikel sein. Schritt 2: Je öfter du Foucault zitierst, desto besser. Foucault passt immer. Auch wenn du ein Referat über Telematik hältst. Schritt 3: Verwirre dich und deine Mitstudierenden dadurch, dass du möglichst viele Fachbegriffe aneinanderreihst. Schritt 4: Beschreibe Power-Point-Folien mit Sätzen, die mindestens fünf Kommas enthalten, in Schriftgröße 8. Wer das nicht lesen kann, sollte eh zum Augenarzt. Schritt 5: Überziehe dein Referat um mindestens 15 Minuten.

In all der Zeit, in der ich kreativitätsbefreiten Referaten gelauscht habe, hätte ich diverse Hausarbeiten beenden können. Liebe Mitstudierende: Lasst uns damit Schluss machen. Denn ein Referat ist nicht unwissenschaftlich, nur weil es auch der Späti-Verkäufer noch versteht, der Foucault für ein neuartiges Sexspielzeug hält. Es ist nicht unvollständig, nur weil du nicht vom Urknall bis zum Jetzt alles zu dem Thema wiederkäust. Und es ist nicht weniger informativ, wenn du dich durch keine überladene Power-Point-Präsentation klickst.

Für eine Rekreativisierung von Referaten!

Lasst uns hier und jetzt eine Bewegung starten: Für die Rekreativisierung von Referaten! Lasst uns versuchen, Referate zu halten, die allen Anwesenden im Gedächtnis bleiben. Lasst uns versuchen, die zehn bis dreißig Minuten zu den kurzweiligsten unserer Universitätskarrieren zu verwandeln. Und lasst uns unkonventionelle Mittel anwenden, um dies zu erreichen. Auch wenn diese vielleicht nicht in der Studienordnung stehen.

Wie, fragt ihr euch jetzt vielleicht. Klar, an dieser Stelle kommen jetzt in der Regel die Standardtipps: Halte dich kurz, sprich möglichst frei, rede in einfacher Sprache, verwende minimalistische Power-Point-Folien. Aber da ist mehr drin! Ein Referat macht nicht nur euch, sondern auch euren Mitstudierenden und Dozierenden mehr Spaß, wenn es nicht nur informiert, sondern auch unterhält.

Die Praxistipps

Ich habe euch eine unvollständige Liste unkonventioneller Ideen zusammengestellt, wie ihr euer Referat aufpeppen könnt.

  • Starte deinen Vortrag mit einer Aufwärmübung. Uni bedeutet vor allem, viele Stunden auf Stühlen zu verbringen, denen das Wort Ergonomie noch nie begegnet ist. Trage also mit einer kleinen Aufwärmübung dazu bei, den sich anbahnenden Bandscheibenvorfall deiner Kommiliton*innen zu vermeiden. Bewegung macht außerdem munter, das heißt, du erhöhst dadurch die Chance, dass es alle wach bis zum Ende deines Referats schaffen.
  • Bingo-Handout. Es gibt schon einen Grund, warum Bingo-Dienstag der beliebteste Tag im Altersheim ist. Alles macht mehr Spaß, wenn man etwas dabei gewinnen kann. Auch Referate. Wecke den Ehrgeiz in deinen schlaff auf ihren Sitzen lümmelnden Mitstudierenden und erstelle ein Bingo-Handout mit Begriffen, die du in deinem Referat verwenden wirst.


    [caption id="attachment_220093" align="aligncenter" width="600"]Giphy[/caption]
  • Power Point ohne Text. Es ist ein klassischer Ersti-Fehler, Power-Point-Folien so voll mit Wörtern zu packen, dass man den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr sieht. Befreie dich ganz von dem Konzept, Wörter auf Power-Point-Folien zu schreiben. Versuche deine Präsentation ausschließlich mit Bildern oder Gifs zu veranschaulichen. Dieser Tipp könnte eine echte Challenge werden, solltest du ein Referat über höhere Algorithmik halten.
  • Für Fortgeschrittene: Verwandle dein Referat in einen Pecha-Kucha-Vortrag. Pecha Kucha ist eine japanische Vortragstechnik. Der Vortrag ist in ein strenges Format eingebettet: 20 Bilder werden für jeweils 20 Sekunden eingeblendet, die Gesamtzeit von 6.40 Minuten ist damit die maximale Sprechzeit. Das klingt erst mal super einengend, verhindert aber, dass dein Referat zu einer langatmigen Rede zur Lage der Nation anschwillt.
  • Schalte Expert*innen dazu. Baue Videoelemente ein, damit nicht nur du die ganze Zeit laberst. Leite die Videos ein mit "Und jetzt live zugeschaltet ist XY, Expert*in für YZ". Rekrutiere deine Mitbewohner*innen, Späti-Verkäufer oder Oma als Expert*innen.
  • Channele deinen inneren Luis Trenker. Du kennst Luis Trenker nicht? Der 1892 geborene und inzwischen leider verstorbene Medienmensch hat früher im Fernsehen Geschichten erzählt. Von damals, im Krieg. Versuche Referate so zu halten, wie Luis Trenker Geschichten erzählt: Als säßest du mit deinen unwissenden Enkelkindern (aka Mitstudierenden) im Wohnzimmer und würdest ihnen etwas über die Welt erzählen.
  • Du findest deinen inneren Luis Trenker nicht? Dann verwandle das Referat in ein Videoprojekt, wie du in deiner WG-Küche sitzt und deinen Mitbewohner*innen das Thema erklärst. Oder filme deine Oma dabei, wie sie dein Referat vorliest. Zeige das Video und stell dich am Ende für eventuelle Rückfragen zur Verfügung.
  • Nachbesprechung. Lass am Ende des Referats keine Rückfragen zu, sondern lade zur Nachbesprechung zu dir nach Hause ein. Besprecht viel und trinkt nichts. Oder trinkt viel und besprecht nichts. Lade auch den*die Dozent*in ein.
  • Streame dein Referat live auf Facebook, Instagram oder Twitter. Bitte deine Follower*innen um Feedback.

Du hast großartige Referatsverschönerungsideen, die unbedingt auf diese Liste sollten? Dann schick mir gerne eine Mail, ich werde sie hier ergänzen.