Verbringen wir plötzlich wieder viel Zeit auf engem Raum mit der Familie – wie bei Familienfesten oder an Weihnachten – kann es schnell zum Streit kommen, weil alte Familienmuster durchkommen und uns die Sicherung durchbrennt. Kann es gutgehen, als Erwachsene wieder Urlaub mit den eigenen Eltern zu machen?

Mit Mama ans Meer

"Die Urlaube mit meiner Mama sind konfliktfrei und sehr erholsam, weil wir auf Augenhöhe miteinander umgehen", sagt Christiane, 28. Es sei wie mit einer Freundin in den Urlaub zu fahren. Seit Christiane 19 Jahre alt ist, macht sie einmal im Jahr zusammen mit ihrer Mutter Urlaub.

"Zuerst war es eher Zufall. Ich war für das Studium in eine weiter entfernte Stadt gezogen und single. Alle meine Freunde haben keinen Urlaub gemacht oder hatten ihn schon anderweitig geplant – da haben meine Mama und ich beschlossen: Komm, wir fahren zusammen." Seitdem machen Christiane und ihre Mutter einmal im Jahr einen gemeinsamen Strandurlaub, den sie immer schon im Winter buchen. Im Juli fliegen beide nach Spanien.

"Das ist gar nicht wie der Familienurlaub früher. Wir reden viel miteinander und holen einfach die gemeinsame Zeit nach, die wir während des Jahres nicht haben, weil wir weit entfernt voneinander leben", sagt Christiane. Inzwischen arbeitet sie 280 Kilometer entfernt von Bayreuth, dem Heimatort ihrer Eltern.

"Natürlich gehe ich nicht feiern, wenn ich mit meiner Mama im Urlaub bin, aber das ist auch total okay", sagt die 28-Jährige. In der Woche mit ihrer Mama gehe es vor allem um Erholung. "Eigentlich bin ich ein Aktivurlauber, aber eine Woche Urlaub mit meiner Mama am Strand ist total entspannend." Die Urlaube, die Christiane mit ihrem Freund oder ihren Freundinnen verbringt, seien dafür dann actionreicher.

Wer zahlt?

Konflikte seien in den Urlauben mit ihrer Mutter noch nicht vorgekommen. "Wenn meine Mama mir mal die Haare flechten will, denke ich schon kurz: Mensch, ich bin doch kein Kind mehr. Aber einmal im Jahr ist das was anderes. Ich sage mir: Ach, schon okay – wenn es sie glücklich macht", erzählt Christiane. "Dafür trinkt Mama dann mal den Wein, den ich so gerne trinke, den sie aber nicht so mag." Sie und ihre Mutter verbrächten auch nicht jede freie Minute im Urlaub zusammen. Mal geht Christiane joggen, ihre Mutter bleibt im Hotel und liest ein Buch. "Das ergibt sich eigentlich immer, ohne dass wir diskutieren müssten." Und finanziell? "Ich versuche schon, dass es ausgeglichen ist, das wollen wir beide. Manchmal lade ich meine Mama ein, weil ich inzwischen mehr als sie verdiene", sagt sie.

"Ich fände es total bescheuert mich einladen zu lassen", sagt Stefanie, 27. Die Studentin hat dieses Jahr zum ersten Mal wieder mit ihrer Mutter Urlaub gemacht, einen Städtetrip nach Mailand. "Wir haben ganz klar halb-halb gemacht, das finde ich auch wichtig", sagt sie. Schließlich sei sie erwachsen und da gehöre das dazu.

"Ich bin älter und deshalb ist der Urlaub nicht mehr so wie früher", sagt sie. Während ihres Bachelorstudiums ist Stefanie ausgezogen. Für ein weiterführendes Studium an einem anderen Studienstandort wohnt sie inzwischen wieder zu Hause. "Ich möchte meine Selbständigkeit aufrecht erhalten und das gelingt mir auch – zu Hause wie im Urlaub."

Stefanie und ihre Mutter haben ein sehr enges Verhältnis. "Wir haben die gleichen Interessen und verbringen gerne Zeit miteinander. Der Urlaub war total toll, das war wie mit einer Freundin wegzufahren", erzählt die 27-Jährige. In ihrem Freundeskreis ist sie nicht die Einzige: "Viele meiner Freundinnen fahren auch mit ihrer Mama weg, um Musicals anzuschauen oder einen Wellness-Urlaub zu machen."

Sie vermutet, dass viele einfach ein sehr freundschaftliches Verhältnis zu ihrer Mutter hätten. "Bei meinem Bruder und meinem Papa kann ich mir irgendwie nicht vorstellen, dass sie zu zweit Urlaub machen, obwohl sie schon auch gemeinsame Interessen haben. Aber vielleicht gibt es das ja auch."