Vor etwas mehr als einer Woche ging Nora Först eine Straße in Wien entlang. Sie trug einen Schal und guckte gerade auf ihr Telefon, als zwei Polizisten sie aufhielten. Denn durch den Blick auf ihr Telefon war ihr Mund sowie ihre Nase kurzfristig verdeckt und damit verstieß die 28-jährige Psychologin gegen das neue Verhüllungsverbot.

Seit 1. Oktober 2017 ist in Österreich ein Gesetz über das Verbot der Verhüllung des Gesichts in der Öffentlichkeit – das Anti-Gesichtsverhüllungsgesetz – in Kraft. In den Medien wird das Gesetz auch als Burkaverbot bezeichnet. Im Mai wurde dieses mit den Stimmen der sozialdemokratischen SPÖ und der bürgerlich-konservativen ÖVP als Teil eines Integrationspakets beschlossen.

In zwei Wochen 30 Amtshandlungen

Seit des Inkrafttretens des Gesetzes gab es bereits 30 Amtshandlungen: Vier betrafen den Vernehmungen nach Frauen mit muslimischer Gesichtsverschleierung – die restlichen Fälle nach Angaben der Polizei Tourist*innen und sogenannte Provokateur*innen.

Der Fall rund um Nora Först ist nicht der erste, der an der Sinnhaftigkeit des Gesetzes zweifeln lässt. So wurde auch ein Mann in einem Haikostüm, der Anfang Oktober als Maskottchen für die Neueröffnung eines Computerladens in Wien warb, abgestraft.

Nora Först Rechtsanwalt Georg Zanger will den Fall inzwischen, wenn nötig, bis zum Höchstgericht bringen: "Wenn ein Straferkenntnis kommt, werden wir zum Landesverwaltungsgericht gehen und  dort schon anregen, dass das Landesverwaltungsgericht von sich aus das Höchstgericht befragt, ob dieses Gesetz nicht grundrechtswidrig ist", erklärt Zanger gegenüber ORF Wien. Auch ein Gang bis zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte sei möglich, so der Anwalt.

Bei der Wiener Polizei meinte ein Sprecher noch vor einer Woche gegenüber der österreichischen Tageszeitung der Standard, dass Schals über dem Mund "wohl erst bei Frost und Minusgraden" okay seien. Die Frage wie kalt es also sein muss, um sich legal einen Schal über das Gesicht in Wien zu ziehen, bleibt offen.