Alltag fressen Liebe auf – das ist hinlänglich bekannt. Besonders, wenn ein Paar zusammen lebt und auch noch Kinder hat, bleiben kaum zehn Minuten für Zweisamkeit. Zwischen Arbeit, Haushalt, Einkaufslisten und Terminplanung schrumpfen die Möglichkeiten für romantische Nähe auf Schlumpfgröße. Und abends fallen dann beide nicht leidenschaftlich übereinander her, sondern völlig erledigt ins Bett. Das kann auf Dauer zu Beziehungsfrust führen und die Liebe verdörren lassen.

Beliebte Gegenmaßnahme bisher: Date Nights. Obwohl es durchaus sinnvoll ist, sich diese Auszeiten mit- und füreinander zu nehmen, kann so ein geplanter großer Abend aber auch zusätzlichen Stress und Planungsaufwand bedeuten. Und Druck, dass für diese paar Stunden gefälligst alles perfekt und wunderschön zu sein hat. Klingt wenig romantisch.

Doch es muss gar nicht das opulente Dinner oder der teure Kinobesuch sein, auch kein Wellnesstag oder Wochenendtrip. Nein, viel wichtiger fürs Beziehungsglück sind gemeinsam bewusst erlebte Mini-Momente – Micro-Dating.

Was zum Teufel ist Micro-Dating?

Die Grundlage von Micro-Dating ist im Kern nichts anderes als Achtsamkeit oder Aufmerksamkeit. Nur eben verteilt auf mehrere, kleinere Momente im Alltag – Häppchen-Liebe statt großer Gesten, wenn man so will.

Also, anstatt zwischendurch mit dem Smartphone in Social-Media-Kanäle abzutauchen, einfach kurz das Gerät beiseite legen und dem*der Partner*in bewusst in die Augen schauen, zuhören, Nähe herstellen.

Was auch hervorragend funktioniert: gemeinsam kochen und sich dabei über etwas anderes unterhalten als Alltägliches und Organisatorisches. Vor dem Aufstehen fünf Minuten kuscheln. Einen kleinen Spaziergang machen, und wenn’s nur eine Runde um den Block ist. FaceTime in der Mittagspause. Ein gemeinsames Einschlafritual entwickeln. Oder, wenn möglich, morgens in Ruhe zu zweit einen Kaffee oder abends ein Glas Rotwein trinken und sich dabei austauschen.

Das Entscheidende bei all dem ist: emotional und mental präsent sein und ganz bewusst die Gegenwart der*des anderen genießen.

Wieso ist das gut?

Für eine Studie haben sich zwei US-Wissenschaftler*innen die Daten von über 120 Studierenden in monogamen Beziehungen angeschaut. Ergebnis: Diejenigen, die innerhalb ihrer Beziehungen bewusst Augenblicke und Ereignisse genießen konnten, wiesen eine eindeutig höhere Zufriedenheit in ihrer Partnerschaft auf.

Micro-Dating kann also nachweislich Beziehungen verbessern. Denn einander bewusst wahrzunehmen und sich aufeinander zu konzentrieren, geht nicht selten unter, wenn ihr ein Leben teilt und euch darauf verlasst, eh jeden Abend nebeneinander einzuschlafen. Anders als zu Beginn der Liebe, als ihr euch noch extra treffen musstet. Doch dein*e Partner*in ist nun mal kein Möbelstück – auch, wenn er*sie immer da ist.

Richtig abschalten, sich Zeit nehmen – auch nur kurz –, die ewig wirbelnde Gedankenspirale stoppen und Momente bewusst erleben, das ist allerdings gar nicht immer so einfach. Doch mit regelmäßiger Übung sollte es mit der Zeit nach und nach besser klappen; auch Meditation oder bewusstes Atmen können dabei eine Hilfe sein.

Kleine Momente = großes Glück

Natürlich kann und soll auch das Konzept Micro-Dating keinesfalls davon ablenken, dass die wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und eigenen Anforderungen an uns – egal, ob allein, als Paar oder Familie – manchmal exorbitant hoch sind.

Gerade deshalb ist es aber wichtig, zwischendurch einen Gang runterzuschalten und sich wieder miteinander zu synchronisieren, im gleichen Rhythmus zu atmen, Verbundenheit zu spüren. Jeder Mensch braucht und verdient es, gesehen zu werden. Auch und gerade in einer Beziehung, auch und gerade in diesen Zeiten.

Denn vollkommen egal, ob ihr es Achtsamkeit, gemeinsames Runterkommen oder Micro-Dating nennt: Es sind die kleinen Momente, die zusammen ein großes Glück ausmachen und Kraft schenken.

Außerdem auf ze.tt: So sieht Liebe aus, wenn niemand hinschaut