Als ich Kathrin treffe, sieht sie irgendwie mitgenommen aus. Ja, das Wetter ist grau, nass und kalt, die Stadt ist voller Menschen und hektisch wie immer. Aber gerade beginnt der Frühling und alle scheinen neuen Elan zu gewinnen. Und das sollte Kathrin auch. Schließlich schien ihr gerade monatelang die Sonne ins Gesicht. Vor dem Winter ist sie nämlich in eine Auszeit nach Neuseeland geflüchtet.

Jetzt ist Kathrin zurück und hat keinen Job. Noch nicht oder nicht mehr – Ansichtssache. Für die Auszeit hat sie ihren alten Job gekündigt. Danach wollte sie ganz neu starten. Doch das fällt ihr jetzt ziemlich schwer. Ihr Alltag ist unstrukturiert, sie fühlt sich nutzlos und irgendwie eingesperrt. Berlin ist zwar keine Provinz, aber eben auch keine endlos weite, beeindruckende Vulkanlandschaft. Nach dreimonatigem Tausch von Job, Alltag und Großstadtmief gegen die Gesellschaft von Kiwis und den Duft der Freiheit ist Kathrin irgendwie deprimiert. Sie hat den Sabbatical-Blues.

Raus aus dem Trott mit Ende 20

"Wer von einer Auszeit im Ausland zurückkommt, leidet oft an einer Art Kulturschock", weiß Andrea Oder, Sabbatical-Coachin aus Berlin. "Im Sabbatical ist jeder Tag schön und aufregend, zurück im Alltag warten starre Strukturen und Pflichten."

Doch warum musste dieser Schnitt überhaupt sein? Kathrin ist Anfang 30, im Berufsleben steht sie gerade einmal seit vier Jahren – das ist also erst der Anfang. War diese Zeit für sie schon so kräftezehrend, dass sie ausbrechen musste? "Eine Auszeit aus Erschöpfung nehmen sich eher ältere Arbeitnehmer", sagt Andrea Oder aus Erfahrung, "bei Jüngeren geht es meist darum, einem besonderen Interesse nachzugehen. Zum Beispiel reisen oder eine neue Sprache lernen." Schließlich erfüllt der Job die meisten Menschen nicht vollständig. Sie haben noch andere Leidenschaften, so wie Kathrin. Außerdem passte eine Auszeit ganz gut zum ohnehin geplanten Jobwechsel.

"Dass viele Menschen schon mit Ende 20 ihre erste Auszeit nehmen, hat meist damit zu tun, dass sie zu dem Zeitpunkt die beste Gelegenheit sehen, sich noch für eine Weile aus ihrem normalen Leben herauszuziehen", erklärt die Beraterin, "sie möchten später vielleicht eine Familie gründen oder mehr in die Karriere investieren und denken sich: Ich mach das lieber jetzt, bevor ich nicht mehr kann."

So ging es auch meinem Bekannten Mathis und seiner Freundin Gabi. Mit Ende 20 arbeitete er seit etwa drei Jahren fest als Ingenieur, seine Freundin war gerade mit dem Studium fertig. Da sein Arbeitgeber, ein mittelständischer Anlagenbauer, es seinen Mitarbeitern ermöglichte, eine bezahlte Auszeit zu nehmen, nutzte das Paar die Chance und reiste ein Jahr um die Welt. Der perfekte Zeitpunkt für beide. Ein Jahr nach der Rückkehr bekamen sie Nachwuchs.

Vorbereitung ist alles

Wer wie Mathis eine Auszeit mit seinem*r Arbeitgeber*in vereinbaren kann, hat es leichter. Man braucht sich keine Sorgen um die Zeit nach der Rückkehr zu machen und hat weniger finanziellen Druck. Generell gilt es aber, bei der Planung eines Sabbaticals auch an die Rückkehr zu denken. "Wer vor der Abreise schon seine Rückkehr gut plant, kann den Sabbatical-Blues abfedern," rät Andrea Oder, "da gilt es an die Wohnsituation zu denken, an die Finanzen, aber auch an Meldefristen, zum Beispiel beim Arbeitsamt."

Meine Freundin Kathrin hat diese Tipps ernst genommen und sich so gut es ging auf ihre Rückkehr vorbereitet. Der Blues hielt deshalb nur einige Tage an. Mittlerweile hat sie sich wieder eingelebt – und der Neustart ist geglückt.
Fragen, die man sich vor einem Sabbatical stellen sollte:

  • Plane ich wirklich eine Auszeit oder nur einen Arbeitsplatz mit Aussicht? Das wäre dann nämlich digitales Nomadentum und ist nicht zu verwechseln mit einer erholsamen Auszeit, warnt Andrea Oder.
  • Habe ich Geld beiseitegelegt, das nicht in die Reisekasse einfließt, sondern für meine Rückkehr reserviert ist?
  • Wo werde ich nach der Rückkehr wohnen? Die Sabbatical-Coachin rät: Der*die Zwischenmieter*in sollte rechtzeitig ausgezogen oder im Falle einer Wohnungskündigung der Schlafplatz, zum Beispiel bei Freund*innen, abgeklärt sein.
  • Wann muss ich zurück zur Arbeit? Auszeitnehmer*innen, die ihren Job behalten, sollten vor der Reise bedenken, dass sie zwischen Rückkehr und Arbeitsstart einen Puffer brauchen – für Jetlag und Organisatorisches, das nach der Auszeit anfällt.
  • Wann muss ich mich arbeitslos melden? Habt ihr den Job gekündigt, solltet ihr die Fristen des Arbeitsamts im Blick behalten. Wann müsst ihr euch melden oder Anträge stellen? In jedem Fall solltet ihr vorher Kontakt mit der Behörde aufnehmen und klären, ob eure Abwesenheit meldepflichtig ist.