Zwei der mächtigsten Männer der Welt treffen sich zu einem Dinner im Weißen Haus. Ursprünglich, so dachte der eine, seien mit ihm weitere Gäste eingeladen. Tatsächlich aber sind sie heute Abend nur zu zweit.

Auf der einen Seite des Tisches sitzt, etwas verwundert über die Zweisamkeit, der damalige Direktor des FBI, der zentralen Sicherheitsbehörde der USA. Ihm gegenüber: der amerikanische Präsident Donald Trump. Zwischen den beiden liegt etwas in der Luft, es herrscht unangenehme Stille. Der Präsident beginnt das Gespräch mit den Worten: "Wollen Sie FBI-Chef bleiben?"

Der FBI-Direktor beginnt zu begreifen, was das hier werden soll. Er begreift, dass Trump ihn subtil unter Druck setzen will.

Als er einwirft, er wäre vielleicht nicht verlässlich in einem politischen Sinn, aber der Präsident könne darauf zählen, er würde immer die Wahrheit sagen, sagt dieser direkt: "Ich brauche Loyalität. Ich erwarte Loyalität." Dann folgt Stille. Die zwei Männer sehen sich an. Der Präsident sagt etwas später noch einmal: "Das ist es, was ich will. Ehrliche Loyalität." Der FBI-Direktor erwidert, dass er das von ihm bekommen werde, im Wissen, dass die beiden Männer unter ehrlicher Loyalität wohl etwas anderes verstehen.

Politdrama at its best

Das ist keine Szene aus der aktuellen Staffel von House of Cards. Das ist Realität. Diese Situation trug sich so am 27. Januar zu, bei einem Dinner zwischen dem damaligen FBI-Direktor James Comey und dem aktuellen US-Präsident Donald Trump. Zumindest beschreibt Comey das – genau so detailliert – in einer Erklärung, die er dem US-Geheimdienstausschuss am Mittwoch vorlegte.

Comey wurde vom Geheimdienstausschuss für den heutigen Donnerstag vorgeladen, um darüber auszusagen, ob Trump versucht hat, ihn bei seiner Arbeit zu beeinflussen. Es geht um Existenzielles: Comey ließ das FBI zu brisanten Verwicklungen zwischen Mitarbeiter*innen aus Trumps Wahlkampfteam und Russland ermitteln.

Der Ausschuss will konkret untersuchen, ob Trump den damaligen FBI-Direktor Comey dazu aufgefordert hat, Ermittlungen zum früheren Nationalen Sicherheitsberater Michael Flynn einzustellen. Flynn war zurückgetreten, nachdem bekannt wurde, dass er vor Trumps Amtsantritt mit Russland über die Aufhebung von Sanktionen gesprochen hatte.

Schon vor einiger Zeit hatten Medien berichtet, dass der US-Präsident Comey im Februar darum gebeten habe, die Ermittlungen fallen zu lassen. Jetzt bestätigte Comey das erstmals offiziell. Mehr noch: der Druck, den der Präsident dafür auf Comey ausgeübte, sei in seinen Augen extrem unangenehm und ungewöhnlich gewesen.

Trump habe ihn etwa am 14. Februar nach einem Terrorabwehr-Briefing im Oval Office noch kurz persönlich sprechen wollen und ihm wörtlich gesagt: "Ich hoffe, Sie sehen einen Weg, das fallen zu lassen, von Flynn abzulassen. Er ist ein guter Kerl. Ich hoffe, Sie können das fallen lassen."

Comey kann die Situationen deshalb so exakt wiedergeben, weil er sich seit dem 6. Januar nach jedem Gespräch mit Trump Notizen machte. Damals habe er Trump in seinem Tower über die Dokumente von angeblichen Pinkelpartys in Russland unterrichtet und ihm versichert, dass er nicht gegen ihn ermittle.

Nach Treffen mit Obama seien solche Notizen nicht nötig gewesen, so schreibt Comey in seiner Erklärung. Er habe Obama nur zweimal persönlich gesprochen: einmal bei einem Treffen 2015, bei dem es generell um Strafverfolgung ging, und einmal, um ihn Ende 2016 zu verabschieden. Mit Trump hingegen habe es in nur vier Monaten neun persönliche Gespräche gegeben.

Die von Comey beschriebenen Situationen strotzen nur so vor Merkwürdigkeit, darunter fast paranoide Anfälle des US-Präsidenten. Am 30. März habe Trump ihn etwa unvermittelt angerufen und ihm gesagt, dass er nichts mit russischen Prostituierten am Hut habe. Er habe nichts Falsches getan und er hoffe, Comey würde einen Weg finden, darzulegen, dass er nicht gegen ihn ermittelte.

Trump dürfte jetzt gerade sehr, sehr sauer sein

Am Morgen des 11. April habe Trump Comey noch einmal angerufen und ihn gefragt, was er getan hätte, um öffentlich darzulegen, dass nicht gegen ihn ermittelt werde. Comey erwiderte, er habe die Bitte an den Generalbundesanwalt weitergeleitet, aber bisher noch nichts gehört. Trump habe gesagt: "Ich war sehr loyal zu Ihnen. Sehr loyal. Wir hatten da diese Sache, Sie wissen schon." Comey fragte nicht nach, was diese Sache sei, und sagte stattdessen, der Weg führe über den Rechtsberater des Weißen Hauses und den amtierenden Vize-Generalbundesanwalt. Trump sagte, das werde er tun, und legte auf. Es sei das letzte Mal gewesen, dass die zwei Männer miteinander sprachen.

Trump entließ Comey am 9. Mai.

Comeys Aussage vor dem US-Geheimdienstausschuss dürfte den US-Präsidenten gerade sehr wütend machen. Denn für Trump steht wegen dieser Sache vielleicht sogar die Präsidentschaft auf dem Spiel. Der Ausschuss hat die Aufgabe, die Arbeit der Geheimdienste zu beaufsichtigen und als Kontrollorgan des US-Senats gegebenenfalls Ungereimtheiten ans Licht zu bringen.

Vor allem den Politiker*innen, die eine Amtsenthebung Trumps anstreben – wir berichteten – könnte Comeys Aussage nutzen. Behinderung der Justiz gilt in den USA als schwere Straftat.