Im ersten Teil unseres Seitensprung-Survival-Guides haben wir ein paar Tipps für diejenigen, die ihre Probleme nach einem Seitensprung lieber unter den Teppich kehren. Einen Ratgeber für alle, die schon mal von jemandem betrogen wurden, gibt es nächste Woche.

Du konntest es also nicht lassen. Egal, wie gut es sich in dem Moment angefühlt hat – das war eine ziemlich miese Nummer, und du weißt es. Oder ist sie es noch, weil die Geschichte gar nicht vorbei, sondern zu einer echten Affäre ausgewachsen ist? Kein Grund, sich fertigzumachen. Du befindest dich in bester Gesellschaft. Der Hälfte der deutschen Erwachsenen geht es so wie dir. Das ist nämlich die Zahl derer, die in ihren Leben mindestens einmal fremdgehen. Wobei, wir beide wissen genau, wie das mit den Dunkelziffern bei Umfragen zu Sex so ist. Weil wir Menschen selbst anonym dazu neigen, eher sozial erwünschte Antworten zu geben als ehrliche. Und sexuelle Treue, die setzen wir in einer Beziehung nun mal kollektiv voraus. Zumindest tun das knappe 90 Prozent von uns.

Mit deinem Seitensprung enttäuschst du also ganz schön viele Erwartungen an dich: die deines Umfeldes, die deines*r Partner*in und deine eigenen. Kein Wunder, dass oft "Bloß nicht drüber nachdenken" oder "So tun, als ob nix wär" selbst angesichts magenschleimhautzersetzender Schuldgefühle als der einzig mögliche Umgang mit der Situation erscheint. Was du sonst tun könntest? Dich dem Problemkomplex stellen, den du fabriziert hast. Zum Beispiel so:

Sei ehrlich zu dir selbst

Vermutlich wirst du denken, das mit dem Fremdgehen sei dir einfach so passiert. Eine unausschlagbare Gelegenheit, die sich plötzlich dargeboten hat. Die Magie des Moments. Oder die des Vollrauschs. Selbst wenn du schon länger mit dem Gedanken an fremde Haut gespielt haben solltest, wird er sich eher spontan angefühlt haben. Dabei gibt es für jede noch so kleine Handlung, die wir vollführen, eine Motivation. Selbst wenn jemand die Kontrolle über seine*ihre Genitalien verliert, gibt es dafür also einen Grund. Der muss nicht mal unbedingt etwas mit der Beziehung zu tun haben, in der man gerade steckt. Also mach dich frei von den Ideen, wie deine Gefühle und Bedürfnisse auszusehen haben. Schau sie dir genau an: Was ist es wirklich, das du bei dem*der anderen suchst? Was fehlt dir?

Vielleicht ist dein Leben zwar schön, aber auch ein wenig langweilig. Ein nervenkitzliges Abenteuer am Rande sorgt dann gefühlt wieder für Lebendigkeit. Vielleicht suchst du nach der Bestätigung dafür, dass du immer noch ein Mordsteil bist. Dass du durchaus noch was reißen kannst. Oder du willst dich jenseits deiner festen Beziehung ausprobieren, dich nicht komplett an diesen einen Menschen binden oder einfach nur mal wieder hemmungslosen Sex haben, weil es bei euch in der Kiste nicht mehr läuft. Oder nirgendwo mehr.

Du wirst deine eigenen Gründe haben. Finde sie. Und komm dabei bloß nicht auf die Idee, deine Missetaten deinem*r Freund*in in die Slipper zu schieben. Du hast das gemacht, nicht dein*e Partner*in, also übernimm auch die Verantwortung dafür.

Warum ich so darauf herumreite? Erstens ist es für eine*n mündige*n Erwachsene*n immer gut, über sich selbst Bescheid zu wissen. Zweitens kannst du deine imaginäre neunschwänzige Katze wieder einpacken, sobald du erkennst, dass du Gründe für dein Verhalten hast. Und drittens sag ich dir nachher.

Hab keine Angst vor der Wahrheit

Die Angst, aufzufliegen, gehört zum Fremdgehen wie ein heulender Magen zur Achterbahnfahrt. Ohne geht es nicht. Manche stehen darauf, dem Erwischtwerden knapp, aber erfolgreich zu entkommen. Für die meisten hingegen ist diese Sorge der blanke Horror. Schließlich steht nichts weniger als die Beziehung auf dem Spiel, wenn rauskommt, was du getan hast. Und deine eigene Reputation. Wer will sich schon freiwillig als treuloses Arschloch outen?

In Wirklichkeit ist das alles schon längst passiert. Du hast deine Beziehung bereits aufs Spiel gesetzt, indem du losgezogen bist und irgendwen anderes gevögelt hast. Du bist treulos, und vielleicht bist du auch ein Arschloch – das kann ich nicht beurteilen. Jedenfalls sind das nicht die Konsequenzen, die erst aus dem Erwischtwerden entstehen, sondern aus deinem Handeln.

Immerhin 63 Prozent aller Seitensprünge und Affären fliegen niemals auf, du hast also Grund zur Hoffnung. Und doch wieder nicht. Denn selbst wenn niemand jemals davon erfahren sollte: Du wirst es wissen und du wirst dich damit quälen. Und es wird immer zwischen dir und deiner*m Partner*in stehen, genau wie alles andere, das ihr unausgesprochen lasst. Vergiss diesen Was-ich-nicht-weiß-macht-mich-nicht-heiß-Bullshit und die Idee davon, dass Geheimnisse eine Beziehung lebendig erhalten. Oder dass ein heimlicher Seitensprung dabei helfen könnte, weil er die Liebe wiederbelebt. Eine Beziehung ist dann lebendig und intim, wenn wir uns zeigen. Mit all dem Schönen und dem Schrecklichen, das wir sind.

Hau's raus

Was du getan hast, war ein Fehler, unbestritten. Es ist aber nichts, mit dem sich nicht zurechtkommen ließe. Beziehungen, die wegen eines Seitensprungs beendet werden, hätten es sowieso nicht mehr weit gebracht. Menschen, die sich aufrichtig lieben, sind bereit, einander zu verzeihen. Unter Umständen sind sie sogar bereit einzusehen, dass es in einer Beziehung manchmal Bedürfnisse gibt, die sie allein nicht befriedigen können. Sie schmeißen nicht einfach hin, nur weil der*die andere einen Fehltritt hingelegt hat.

Falls du nicht schon längst aufgeflogen bist, weißt du also, was ich dir empfehle: raus damit. Das wird höllisch wehtun. Euch beiden. Aber ihr könnt dabei nur gewinnen. Denn entweder geht ihr zusammen durch den Schmerz und versucht zu verstehen, was in eurer Beziehung schief läuft und wie ihr das kitten könnt. Oder ihr macht das eben nicht, weil dein*e Freund*in dich für ein Monster hält oder eh ganz froh ist, einen Grund für die Trennung zu haben. Wie auch immer: Das hier ist der Lackmustest für deine Beziehung. Wenn sie hieran scheitert, ist das erst mal tragisch. Aber du verplemperst deine besten Jahre wenigstens nicht mit einem Menschen, der dich nicht so lieben kann, wie du bist.

Falls sich das bis hierher so gelesen haben sollte wie eine Forderung nach Absolution für jedwedes Arschlochverhalten: Es ist keine. Niemand kann dich auf Dauer lieben, wenn du dich nicht an Absprachen hältst oder den*die andere*n bewusst verletzt. Deine Aufgabe ist es jetzt, dich selbst in den Griff zu bekommen. Und sei es, indem du zugibst, dass du nun mal auch scharf auf andere Menschen bist. Dann könnt ihr immer noch sehen, ob das in eurer beider Vorstellung von einer gelungenen Beziehung passt oder ob ihr euch trennen müsst. Wie auch immer: So hat wenigstens jede*r von euch eine wirkliche Wahl.

Halte es aus

Wenn die nackte Wahrheit auf den Beziehungsteppich gekotzt ist, sieht das erst mal nicht schön aus. Vermutlich fliegen Teller, Vorwürfe und ganze Wasserwerfer voller Tränen obendrauf. Das Beste, was du jetzt tun kannst, ist: es einfach aushalten. Gib deiner*m Liebsten die Gelegenheit, alles rauszulassen – Wut, Verzweiflung, Traurigkeit, was auch immer da ist, es hat seine Berechtigung.

Wenn das Ganze ohne dein Zutun aufgeflogen ist, dann wird die Reaktion vermutlich noch etwas heftiger ausfallen. Schließlich sieht es so aus, als hättest du nicht mal den Arsch in der Hose gehabt, um ehrlich zu sein. Trotzdem, hau nicht ab, auch nicht innerlich. Bleib da. Das bist du ihm*ihr schuldig. Beantworte alle Fragen, die dir dein*e Freund*in stellt, aber überfrachte sie*ihn nicht ungefragt mit Details. Manche Dinge will man wissen, manche nicht. Das solltest du respektieren.

Möglicherweise bringt deine Offenbarung auch noch Schlamm vom Untergrund deines Gegenübers mit hoch. Das ist sogar sehr wahrscheinlich. Denn wenn erst eine*r anfängt, sich zu zeigen, dann zieht der*die andere nach. Auch du wirst also unangenehmen Wahrheiten aushalten müssen, und vielleicht wirst du dir wünschen, du hättest niemals ein Sterbenswörtchen darüber verloren.

Doch selbst wenn du in diesem Moment lieber aus dem Fenster springen als dir weiter diesen Psychoscheiß antun willst: Kein Mensch hat gesagt, dass es einfach wird. Aber es geht vorbei. Ihr werdet irgendwann darüber lachen können. Jedenfalls, wenn ihr euren Teppich nicht versiffen lasst, sondern ordentlich sauber schrubbt. Versprochen.