Onlinedating. Allein das Wort ruft Reaktionen hervor, die irgendwo zwischen leuchtenden und verdrehten Augen liegen. Einer

aktuellen Studie zufolge sucht jede*r dritte Deutsche die Liebe im Netz. Immerhin die Hälfte findet sie angeblich. Das hängt nicht nur von 

Glück ab, sondern auch davon, wie wir uns präsentieren. Doch wer schon einmal ernsthaft versucht hat, einen guten Profiltext zu schreiben, weiß, dass das gar nicht so leicht ist. Darum unterstützt

Ulrike Zecher laut eigener Aussage als erste Schreibcoachin Deutschlands Singles beim Betexten ihres Onlinedating-Profils.

Eigentlich hilft die frühere Personalreferentin und Personal Trainerin aus Düsseldorf Selbstständigen beim Markenaufbau. Nun hat sie ihr Spielfeld aufs Onlinedating ausgeweitet. Denn auch Datingprofile haben das Ziel, im positiven Sinne auf einen Menschen aufmerksam zu machen. Wenn Ulrike an ihre Zeit im virtuellen Datingdschungel zurückdenkt, hat sie den Eindruck, dass sich nur die wenigsten dort so geben, wie sie wirklich sind. Daher habe sie sich bei ihrem Profil die Mühe gemacht, nicht nur sympathisch, sondern vor allem authentisch rüberzukommen und so Männer anzuziehen, die zu ihr passen. Die Strategie ging auf: Nach vier Monaten fand sie "den Richtigen".

Ihre Erfahrungen gibt sie nun weiter. Ihre Kund*innen können sich vorhandene Profiltexte aufmöbeln lassen oder in Teamarbeit einen neuen Profiltext schreiben, den sie auf verschiedenen Portalen nutzen können. Zuerst klärt Ulrike aber mit ihnen das Ziel, um unrealistische Erwartungen zu vermeiden: "Eine Erfolgsgarantie zu geben wäre unseriös. Onlinedating ist für mich ein Tool, durch das ich mit jemandem ins Gespräch kommen kann. Was dabei herauskommt, steht in den Sternen."

Die Basis: sich selbst gut kennen

Zu ihr kommen oft langjährige Singles jeden Alters und Geschlechts. Viele seien schüchtern und hätten wenig Selbstvertrauen, aber eine tiefe Sehnsucht in sich, mit jemandem in Verbindung zu gehen. Mit selbstentwickelten Fragen versucht sie mit ihnen herauszufinden, wer sie sind und was sie aus- und glücklich macht. Denn obwohl Themen wie Selbstliebe gerade im Trend liegen, nehmen sich viele Menschen nicht wohlwollend wahr: "Wenn ich zum Beispiel frage, was sie an sich gut finden, haben viele keine Antwort. So bin ich oft eine Art Goldgräberin, die mit ihnen ihre Schokoladenseiten zum Vorschein bringt – ohne etwas überzustülpen, was ihnen nicht entspricht."

So bin ich oft eine Art Goldgräberin, die mit ihnen ihre Schokoladenseiten zum Vorschein bringt – ohne etwas überzustülpen, was ihnen nicht entspricht.
Ulrike Zecher

Um sich beim Dating wohlzufühlen, sei es essentiell, sich selbst und die eigenen Bedürfnisse zu kennen und anzunehmen. Doch gerade im Internet sei Perfektionismus leider ein weit verbreitetes Phänomen: "Ich rate davon ab, sich als perfekten Menschen zu präsentieren. Perfekte Menschen gibt es nicht. Deshalb sollten wir auch nicht nach dem perfekten Partner suchen."

Das Ziel: den Richtigen gefallen, nicht allen

Trotzdem hätten einige den Anspruch, möglichst vielen zu gefallen. Das sei zwar menschlich, aber nicht Sinn der Sache. "Ein authentisches Datingprofil sorgt dafür, dass ich Menschen anziehe, die eher zu mir passen. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass es viele nicht anspricht", so die 54-Jährige. Ein Profil fungiere idealerweise als Filter und sortiere diejenigen aus, die mit dem, was wir denken, fühlen, sagen und tun nichts anfangen können. Und das ist gut so, denn wir hätten sowieso nie die Zeit, uns allen potenziellen Kandidat*innen zu widmen.

Apropos Zeit: Wer glaubt, Onlinedating ließe sich nebenbei betreiben, der irrt: "Das Wegwischen und Durchscrollen wie in einem Katalog passt zur heutigen Schnelllebigkeit – wenn wir aber wirklich jemanden fürs Leben finden möchten, müssen wir uns auch Zeit dafür nehmen." Ulrike plädiert auch dafür, nicht zu lange beim schriftlichen Kontakt zu bleiben. Sonst bestehe die Gefahr, sich ein völlig falsches Bild von der*dem anderen zu machen.

Expertinnentipps fürs authentische Profil

Doch wie gestalten wir unser Datingprofil so, dass wir uns einerseits von unserer besten Seite, positiv und sympathisch zeigen, andererseits aber nicht gekünstelt wirken? Hier ein paar Expertinnentipps:

  • Zusammenspiel von Fotos und Text

Anziehung entsteht auch durch Optik. Darum sollten Texte und Bilder miteinander im Einklang sein. Wenn wir uns zum Beispiel als humorvoller und lebenslustiger Mensch beschreiben, sollten unsere Fotos das auch zum Ausdruck bringen. Haben wir ein ungewöhnliches Hobby, so könnten wir dies auch auf unseren Bildern zeigen und so Aufmerksamkeit erzeugen.

  • Persönliche Sprache und Wortwahl

Worte stehen nie nur für sich. Je nachdem, wie wir uns ausdrücken und welche Begriffe wir nutzen, gehen andere mit uns in Resonanz oder nicht. Das gilt besonders auch für unseren Humor. Mögen wir eher Klartext oder haben wir es lieber poetisch? Sind wir pragmatisch oder spirituell? "Am besten schreiben wir so, wie uns der Schnabel gewachsen ist. Natürlich sollten wir uns etwas Mühe geben, aber die Art, wie wir etwas schreiben, sollte zu uns passen", sagt Ulrike.

  • Konkrete Details statt Schlagworte

Aufzählungen à la "Sport, Lesen, Kino" sind wenig greifbar. Je konkreter wir sind, desto mehr "Andockpotenzial" geben wir dem virtuellen Gegenüber. Besonders, wenn wir Emotion mit ins Spiel bringen, indem wir zum Beispiel schreiben, welche Sportart wir betreiben und was uns daran begeistert. Oder welches Buch wir lesen oder welche Serie wir schauen und was daran toll ist. Auch regionale Bezüge kämen gut an: "Zu sagen, in welchem Kiez wir unterwegs sind, sagt viel über uns aus und schafft Gemeinsamkeiten bei der Suche im Umkreis."

  • Eher kurz und knackig

Auch wenn es in puncto Länge kein Richtig und Falsch gibt, so rät die Coachin eher zu kürzeren prägnanten Profiltexten. Das erfordert etwas mehr Hirnschmalz, aber kaum jemand liest sich einen Roman durch. Haben wir doch das Bedürfnis, mehr zu schreiben, sollten wir auf den roten Faden und die Struktur achten, damit andere nicht nach ein paar Zeilen zum nächsten Profil klicken.

  • Schwächen sind kein Tabu

Natürlich wollen wir uns selbstbewusst geben, schließlich hat niemand Lust auf Frust. Es läge demnach auch in unserer Verantwortung, uns fürs Dating in eine gute Energie zu bringen. Dennoch bietet ein Profil auch Raum für Schwächen. So käme das Eingeständnis, dass wir super darin seien, uns um Fitnessstudio anzumelden und dann nie hinzugehen, bei den meisten eher positiv an. So könnten wir uns auf humorvolle Weise unperfekt zeigen. Das reiche auch vorerst: "Wenn wir jemanden näher kennenlernen, ist es wichtig, uns zu öffnen und verletzlich zu zeigen, denn nur so gehen wir eine echte Verbindung ein. Ins Profil gehören intime Dinge aber nicht", rät die Düsseldorferin.

  • No-Gos: zwischen Verzweiflung und Masterplan

In der Liebe ist alles erlaubt, heißt es und so gibt es laut Ulrike nur wenige No-Gos. Allerdings schreckten Einstiege wie "Nach vielen Enttäuschungen …" viele ab. Ein Profil, das Verzweiflung ausstrahle, wirke eher unattraktiv. Ähnliches gelte für Listen mit Forderungen an die*den künftige*n Partner*in: "Viele haben einen fertigen Masterplan im Kopf, wie die*der Andere sein soll. Davon sollten wir uns lösen. Wenn uns aber etwas besonders wichtig ist, können wir das natürlich erwähnen." Besser sei es aber zu schreiben, was wir selbst mitbringen. Dazu gehöre auch, sich vorher darüber klar zu werden, ob wir bereit für eine neue Beziehung sind.

Bei all dem sollten wir jedoch nicht vergessen, dass es beim (Online-)Dating um das spielerische Entdecken eines Menschen ginge. Dafür brauche es auch eine gewisse Leichtigkeit und die Bereitschaft, die Komfortzone auch einmal zu verlassen und ein Risiko einzugehen: "Wir müssen es wagen, eine echte Verbindung aufzubauen, uns einzulassen und dem Leben zu vertrauen", meint Ulrike. Ein Profil könne ein guter Anfang sein. Ob später daraus Liebe werde, darauf hätte es aber zum Glück kaum Einfluss.