Der*die beste Freund*in füllt einen besonderen Platz im Leben eines Menschen aus. Dieser Platz ist schwer definierbar, aber es ist einer, den Familie und feste Partnerschaften nicht in der Lage sind zu füllen. Beste Freund*innen können sich genauso alles und gar nichts erzählen. Sie können sich anrufen, ohne etwas zu brauchen. Kritik aus ihrem Mund ist sorgenfreier als von den Eltern und kompromissloser als von Partner*innen. Beste Freund*innen vertrauen, verzeihen und sehen, wenn es dir schlecht geht, obwohl du lächelst. Sie lassen dir die völlige Freiheit, du selbst zu sein. Sie wissen alles über dich und lieben dich trotzdem.

Auch diese besonderen Beziehungen bleiben nicht immer bestehen. Freundschaften müssen ähnlich wie Beziehungen gepflegt und gehegt werden. Je näher man einem Menschen kommt, desto leichter ist es, ihn zu verletzen. Eine beste Freundschaft ist trotz ihrer besonderen Stellung kein Freifahrschein, der komplette Narrenfreiheit erlaubt. Ein Brechen dieser Freundschaft kann daher manchmal schmerzhafter sein als Liebeskummer nach einer gescheiterten Partnerschaft.

Am internationalen Tag der Freundschaft wollten wir zum Gedenken an vergangene Freundschaften von euch anonym wissen, wie es für euch war, beste Freund*innen zu verlieren.

Hier sind eure Antworten:

Liebe

"Nach meinem Coming-out meinte eine meiner engsten Freundinnen, dass sie nicht riskieren will, dass ich mich in sie verliebe und brach den Kontakt ab. Dabei war sie gar nicht mein Typ. Vermissen tu ich sie trotzdem."

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"Unsere Freundschaft ist an seiner Freundin zerbrochen. Sie hat ihn vereinnahmt und er kommt bis heute nicht von ihr weg. Ich trauere der Freundschaft oft nach, aber bemitleide ihn eher. Mittlerweile hat er seine ganze Familie verloren und kaum noch Freunde außer ihr. Er wohnt auch mit seiner Freundin bei seinen Eltern in einer Zweizimmerwohnung, statt in einem großen Haus seiner Eltern."

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"Ich hatte mit 18 endlich meinen ersten Freund und habe ihn zwei Jahre lang über alles andere gestellt – auch über meine damalige beste Freundin. Wir zwei Mädels sind fürs Studium extra zusammen in eine WG gezogen und dachten, wir würden die beste Zeit unseres Lebens haben. Die Realität sah allerdings so aus, dass ich jeden Abend mit meinem Freund geskypt habe und am Wochenende zu ihm gefahren bin. Im Nachhinein bereue ich diese blinde Verliebtheit, die mich meine beste Freundin aus Schulzeiten gekostet hat, deshalb versuche ich in meiner jetzigen Beziehung meine Freunde nicht zu kurz kommen zu lassen."

Ghosting

"Wir waren über zwanzig Jahre beste Freundinnen. Nach einigen Jahren auf und ab habe ich irgendwann geschnallt, dass sie jemand ist, der in Beziehungen komplett abtaucht und sich nur noch meldet, wenn sie ein Problem hat. Ausschlaggebend war am Ende, dass ich aus dem Nichts eine SMS von ihr bekommen habe, in der sie mich gefragt hat, ob ich ihr beim Umzug helfe. So habe ich erfahren, dass sie mit ihrem Freund zusammenzieht. Das war für mich der Punkt, an dem ich ausgerastet bin. Seitdem hab ich mich nie wieder bei ihr gemeldet.

Ich fühl mich scheiße, sie verloren zu haben. Schlimmer als bei jeder Trennung von jedem Exfreund jemals. Wir waren über so lange Zeit wie Pech und Schwefel und ich fühle mich unvollständig ohne sie. Aber ich kann auch nicht immer nur das Trostpflaster sein, wenn es ihr mal schlecht geht. Freundschaft ist keine Einbahnstraße und ich muss auch auf meine emotionale Stabilität achten. Trotzdem vermisse ich sie fast jeden Tag."

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"Die Freundschaft zu meiner besten Freundin ist tatsächlich durch Ghosting zerbrochen. Nur gab es diesen Begriff vor 18 Jahren so noch nicht. Wir kannten uns seit dem Kindergarten, waren seit der Grundschule ganz eng befreundet. Im Teenie-Alter waren wir beste Freundinnen, sind durch dick und dünn gegangen, haben alles geteilt, miteinander gelacht, geweint, Quatsch gemacht, erste Lieben erlebt. Ich habe dann nach der zehnten Klasse eine Berufsausbildung begonnen, sie hat ihr Abitur in Angriff genommen. Von einem Tag auf den anderen hat sie sich nicht mehr gemeldet. Sie kam noch einmal vorbei, um sich einen Schlafsack auszuleihen.

Mit ihren neuen Freunden stand eine Party an. Kein Wort, ob ich nicht auch kommen möchte. Danach hab ich nichts mehr von ihr gehört. Wenn ich anrief, war sie nicht da. Ich sollte plötzlich einen Termin zum Telefonieren ausmachen. Treffen fanden nicht mehr statt. Sie verschwand kommentarlos aus meinem Leben. Ich bin heute 35 Jahre alt und habe seitdem nie wieder etwas von ihr gehört. Das hat mich jahrelang belastet. Es gab nie Streit, nichts. Später wurde mir klar, dass ich für sie wohl einfach nicht mehr in ihre Welt passte. Ihre Eltern hatten stets einen hohen Standesdünkel. Ich war einfaches Arbeiterkind, Realschulabschluss, dann kaufmännische Ausbildung. An der Schwelle zum Erwachsensein hat sie mich dann einfach entsorgt. Das hätte ich niemals von ihr gedacht. Dass sie nicht mal den Mut und Anstand hatte, mir wenigstens kurz und knapp die Freundschaft zu kündigen oder was weiß ich, schmerzt bis heute."

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"Eine sehr gute Freundin von mir meldete sich während ihres Studiums kaum noch bei mir – außer, es ging ihr schlecht, dann musste ich sofort auf Skype zur Stelle sein. Es nervte mich extrem, dass ich ihr ständig mit Nachrichten hinterherrennen musste; ich fühlte mich wie ihre emotionale Müllhalde, bei der sie alles rauslassen konnte, der sie aber nichts zurückgeben musste. Irgendwann beschloss ich, ihr nicht mehr alle drei Tage 'Hey, wie geht's dir?' zu schreiben. Ich wollte einfach nur wissen, wie lange es dauern würde, bis sie von sich aus fragt, wie es mir geht. Das ist jetzt drei Jahre her, wir haben seitdem keinen Kontakt mehr. Und obwohl es mir damit immer noch schlecht geht und mir klar ist, dass sie denkt, ich hätte sie damals geghosted (für eine mangelnde Reaktion wie beim Ghosting hätte es allerdings erst mal eine Aktion ihrerseits gebraucht), zeigte es mir damals doch, dass ihr offensichtlich nichts an dieser Freundschaft lag. Ich vermisse sie oft, und es tut weh, sie mit anderen Freund*innen von mir zu sehen, die sich zwar alle aus dem Konflikt heraushielten, aber es auch nie für nötig erachteten, sie darauf hinzuweisen, dass sie nur ein einziges Mal von sich aus hätte schreiben können. Ich glaube nicht, dass ich darüber jemals vollkommen hinwegkommen werde, bin aber gleichzeitig auch zu stolz, um es zu begraben."

Auseinanderführende Wege

"Nach dem Abi fiel es mit der Zeit immer schwerer, Kontakt zu halten. Am Ende verband uns also doch nur der gemeinsame Schulweg."

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"Wir haben uns in einer Theaterproduktion kennengelernt, da war er knapp 17 und ich 15. Wir haben uns auf Anhieb super verstanden, da wir beide als schwule Jugendliche mit türkischem Migrationshintergrund versucht haben, uns in unserer dann doch recht kleinen, konservativen Stadt zurechtzufinden. Wir sind zusammen durch dick und dünn gegangen, haben uns gegenseitig über Probleme mit der Familie und in Sachen Liebe getröstet, aber auch viel Spaß auf Partys und auf Reisen gehabt. Mein bester Freund hat ständig davon geredet wegzuziehen, am liebsten nach Berlin, während das für mich zu der Zeit zwar traumhaft gewesen wäre, aber genauso unrealisierbar. Ich wäre schon gerne weg, aber ich hatte weiß Gott andere Probleme, die ich vorher zu lösen hatte. Dann kam für mich irgendwann der Moment, indem ich fest entschlossen war, endlich wegzuziehen und mein altes Leben hinter mir zu lassen, und ich habe binnen kurzer Zeit alles Notwendige organisiert und war dann auch weg.

Mein bester Freund ist zurückgeblieben und so kam es, dass wir uns über die Zeit entfremdet haben. Er hat irgendwann nicht mehr von sich aus angerufen, obwohl wir zu dem Zeitpunkt schon knapp sechs Jahre miteinander befreundet waren, uns sogar eher als Brüder gesehen haben. Es war immer ich, der zurück in die Heimat gefahren ist, um den Kontakt aufrecht zu erhalten, ich wurde allerdings nicht besucht, obwohl ihn sein Weg regelmäßig nach Köln oder Berlin geführt hatte und er locker einen Zwischenstopp bei mir hätte einlegen können. Er hat sich mit wesentlich jüngeren schwulen Kerlen befreundet und ich habe ihn irgendwann fast gar nicht mehr wiedererkannt. Er hat wohl sehr darunter gelitten, dass ihn die Gesellschaft als feminin abgestempelt hatte und versuchte, sein Image aufzupolieren, indem er sich maskuliner gab. Mir kam das vor wie Theater. Dann hab ich noch von gemeinsamen Freunden erfahren, dass er Geschichten erfand und verbreitete, die dieses Image stützten, und ich wurde in der Rolle der Jungfrau in Nöten instrumentalisiert. Mir ist Aufrichtigkeit in zwischenmenschlichen Beziehungen das Wichtigste, und ich konnte ihm nach so vielen Jahren auf einmal nicht mehr trauen.

Die Spitze erreichte alles, als sein Geburtstag anstand und ich kurz vorher in eine WhatsApp-Gruppe eingeladen wurde, die Zeit und Ort bekannt gab. Er kam nicht auf die Idee, mir eventuell früher und persönlich Bescheid zu geben, denn ich wohnte jetzt in einer anderen Stadt und arbeitete Vollzeit, auch an den Wochenenden. Für mich war das ein Zeichen, dass es ihm wohl einfach nicht mehr wichtig genug war, dass ich, jemand, den er jahrelang als seinen Bruder vorgestellt hat, anwesend bin, und habe mich wortlos von ihm verabschiedet. Keine Geburtstagswünsche, keine Erklärung. Das ist auch das einzige, was ich bereue, ihm nicht erklärt zu haben, warum ich die Freundschaft für meinen Teil beendet habe, aber zu der Zeit, hatte ich nicht das Gefühl, als hätte er das noch verdient. Ganz selten träume ich noch von ihm, aber das ist auch wirklich der einzige Kontakt, den ich noch zu ihm habe."

"Wir sind nach dem Abi in unterschiedliche Städte gezogen, haben uns neue Leben aufgebaut und irgendwie war in ihrem kein Platz mehr für mich."

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"Wir hatten eine wirklich intensive Freundschaft. Als wir vor dem Studium standen, sie um ihre Zulassung bangte und ich problemlos in einer weiter entfernten Stadt angenommen wurde, wendete sie sich immer mehr ab. Und pflegte plötzlich einen Lebenswandel, den ich nicht nachvollziehen und auch nicht mitleben konnte. Sie nahm es mir offenbar übel, dass ich nicht 'bei ihr' blieb. Doch all das blieb unausgesprochen. Ich zog weg, sie besuchte mich noch einmal und ich spürte, dass nichts mehr war wie früher. Zu Weihnachten schickte ich ihr ein Geschenk, das drei Wochen später wieder zurückkam. Sie war nicht mehr erreichbar und ich machte mir Sorgen. Sie ließ mir dann nach drei Monaten Stille ausrichten, dass sie keinen Wert mehr auf meine Freundschaft lege. Das war's. Keine Begründung, kein persönlicher Abschied, nichts. Heute ist für mich keine Freundschaft mehr selbstverständlich, und es ist für mich auch nicht selbstverständlich, dass sie morgen noch existiert."

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"Meine damalige beste Freundin hat irgendwann kein Interesse mehr an meinem Leben gezeigt, mich nicht mal mehr an der Bushaltestelle gegrüßt. Daraufhin habe ich gesagt, so eine Scheiße brauche ich nicht. Mir geht es super damit, wir reden nicht miteinander, gehen uns aus dem Weg, stört mich aber gar nicht. Es nervt mich nur, dass, wenn wir die gleichen Veranstaltungen besuchen, sie mir dauernd Blicke zuwirft, die mich töten sollen. Also einfach, weil das ja auch einfach total albern und peinlich ist."

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"Wir hatten schon immer recht unterschiedliche Lebenseinstellungen. Irgendwann kamen wir jedoch an einen Punkt, an dem meine Freundin keine Toleranz mehr hatte, dass ich es lieber ruhiger und geordneter habe. Wie so oft war der Anlass eine Kleinigkeit: Wir wollten an die Ostsee fahren – sie wollte eine Woche Wildcampen/im Auto schlafen, ich wollte irgendwo eine Unterkunft haben. Sie hatte kein Verständnis dafür, dass ich eine Dusche und eine ordentliche Toilette dem Abenteuer und der Unabhängigkeit vorziehe. Wir zerstritten uns und gingen jeder unserer Wege. Das ist zwölf Jahre her. Bei der Abifeier haben wir uns gegenseitig viel Glück für die Zukunft gewünscht. Wenn wir uns heute sehen würden, würden wir uns vermutlich grüßen, drei Worte wechseln und gut. So ist das Leben."

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