Im Mittelalter hat man sich das Fegefeuer als großen Kessel vorgestellt, in dem Menschen auf kleiner Flamme geköchelt werden. Heute weiß man: Der Vorhof zur Hölle ist das Großraumbüro. Die Geräuschkulisse zerfranst das Nervenkostüm, die Luft ist zum schneiden dick, Privatsphäre existiert so gut wie gar nicht.

Dennoch ist das Großraumbüro eine recht beliebte Form der Arbeitsplatzgestaltung. Es ist billiger zu bauen und zu unterhalten als Einzel- oder Zweierbüros. Dabei hat es entscheidende Nachteile: Die Teamarbeit, die durch Nähe zu Kolleg*innen angeregt werden soll, nimmt laut einer aktuellen Untersuchung der US-amerikanischen Elite-Uni Harvard im Großraumbüro sogar ab. Das liegt daran, dass die Kommunikation von Angesicht zu Angesicht sinkt – und zwar um 70 Prozent. Jedes Gespräch stört eben potenziell alle anderen.

Laut einer australischen Meta-Untersuchung von 2009 sind die Effekte des Großraumbüros in mehr als 90 Prozent der Fälle negativ: Konzentrationsschwierigkeiten, hohe Personalfluktuation, niedrige Produktivität, gesundheitliche Probleme, Stress und Streit.

Mach das Beste draus!

Es gibt allerdings auch Gegenstimmen. Forscher*innen von der Universität Arizona haben zum Beispiel herausgefunden, dass sich Menschen im Großraumbüro öfter bewegen. Und Bewegung tut ja bekanntlich gut.

Außerdem haben Spannungen zwischen Kolleg*innen und Teams keine große Chance, sich lange hinter verschlossenen Türen aufzustauen – wer sich permanent begegnet, kann Probleme auf dem kurzen Dienstweg lösen und muss nicht erst bis zum nächsten großen Meeting warten.

Wenn du nun also wie fünfzehn Prozent der Menschen in Deutschland auch im Großraumbüro arbeitest, sind hier ein paar nützliche Tipps, die dir und deinen Kolleg*innen das Leben leichter machen können.

Rücksicht nehmen – und einfordern

Der*die eine klappert mit den Zähnen, dem*der anderen läuft der Schweiß in Strömen von der Stirn. Temperaturregulation ist ein heißes Thema. Da helfen Fingerspitzengefühl, Verhandlungsgeschick und Freundlichkeit. Wichtig ist, dass beide die unterschiedliche Befindlichkeit des*der jeweils anderen anerkennen und offen miteinander reden. Vielleicht lässt sich ein Belüftungsplan aufstellen, der den verschiedenen Bedürfnissen gerecht wird. Im absoluten Notfall nach Umsetzungsmöglichkeiten erkundigen.

Auch Gerüche können ein garstiges Problem sein, daher bitte kein Chili con Carne aus der Kantine am Platz verzehren und es beim Auftragen von dubiosen Duftwässerchen wie Opium bei einem rücksichtsvollen Spritzer belassen.

Reden und reden lassen

Gleiches gilt für die Geräuschkulisse. Handys sind selbstverständlich auf lautlos zu stellen – ja, auch die Tastentöne. Es sei denn, man erwartet dringende Anrufe vom Papst, von Britney Spears oder von Mutti. Manche Bürogespräche sind unvermeidlich und wichtig, die muss man einfach mal aushalten, ohne gleich mit den Augen zu rollen. Andererseits muss niemand unendliche Oden an das vergangene Campingwochenende ertragen. Dafür wurden Gadgets erfunden. Nein, nicht der USB-Raketenwerfer, sondern Noise-Cancelling-Kopfhörer. Inzwischen gibt es sogar so etwas wie Scheuklappen, halt für Menschen mit der Konzentrationsfähigkeit eines Eichhörnchens.

Rückzugsorte nutzen

Das bringt uns zum Thema Rückzugsorte: ob Kaffeeküche, Balkon, Raucherecke, Wasserspender, Meetingraum, Kantine oder notfalls das WC – nutze die räumlichen Gelegenheiten, je nach Charakter des Gesprächs. Deine Kolleg*innen werden es dir danken.

Ihr könnt auch Zeichen ausmachen, zum Beispiel: Wer Kopfhörer aufhat, ist in the zone und darf nur gestört oder angesprochen werden, wenn es brennt.

Alle leiden im Großraumbüro

Entscheidend ist, dass ihr Konflikte ansprecht und klärt, bevor sie irgendwann zu offenem Hass eskalieren und ihr anfangt, euch gegenseitig zu sabotieren. Nicht vergessen: Jede*r leidet im Großraumbüro, unterschiedlich intensiv und auf verschiedene Weise.

Eventuell wäre es ja auch eine feine Idee, gemeinsam mit Kolleg*innen am Tisch kleine Team-Rituale zu etablieren: Montagmorgen gemeinsam Kaffee und Croissants, bevor die Woche losgeht; Freitagnachmittag ein fröhliches Gruppentänzchen – je nach Geisteszustand und bürointernem Wahnsinnsverbreitungsgrad.

Denn bei allen kleinen Reibereien und unterschiedlichen Befindlichkeiten im Großraumbüro – ihr sitzt nun mal alle im selben Boot. Macht was draus.