Der Afroamerikaner Christopher Cooper war am Montagmorgen im Central Park unterwegs, um seinem Hobby nachzugehen. Er beobachtet Vögel in einem Teil des Parks, der dafür vorgesehen ist und in dem Leinenzwang für Hunde herrscht. Dort war Amy Cooper mit ihrem Hund unterwegs, der nicht angeleint war. Beide tragen den selben Nachnamen, sind aber nicht verwandt. Die Aussagen der beiden darüber, was anschließend passierte, gehen auseinander. Er sagt, er habe sie in ruhigem Ton darauf hingewiesen, ihren Hund anzuleinen. Sie habe abgelehnt, schließlich brauche der Hund Auslauf. Er habe daraufhin erwidert: "Schauen Sie, Sie können tun, was Sie möchten, aber dann mache ich, was ich will und das wird ihnen nicht gefallen." "Was denn?", habe sie gesagt, schreibt er auf seinem Facebook-Account. Sie sagt zu dieser Äußerung: "Ich hatte keine Ahnung, was er damit meinte. Wenn du alleine in einer waldigen Gegend bist, ist das ziemlich beängstigend, oder?"

Christopher Cooper sagt, er habe dann die Leckerli aus seiner Tasche geholt, die er immer dabei habe. Mit ihnen würde er versuchen, Hundebesitzer*innen dazu zu bringen, ihren Hund anzuleinen. Seiner Erfahrung nach würden diese es hassen, wenn Fremde ihre Hunde fütterten und sie darum sofort anleinen.

Amy Cooper stellt es so dar, als sei Christopher aus dem Gebüsch gekommen und habe im Laufe des Streits Leckerli auf ihren Hund geworfen. Er bestreitet das.

In diesem Moment beschloss Christopher Cooper, die Interaktion zu filmen. Er habe dies getan, weil er dachte, es sei wichtig, solche Dinge zu dokumentieren. "Leider leben wir in einer Zeit, […] in der Schwarze Männer als Zielscheiben angesehen werden. Diese Frau dachte, sie könnte das zu ihrem Vorteil ausnutzen. Nicht mit mir", sagte er CNN. Seine Schwester veröffentlichte das Video anschließend auf ihrem Twitter-Kanal, woraufhin es sich rasant verbreitete. In dem kurzen Clip ist zu hören, wie Christopher Cooper die Frau bittet, ihm nicht zu nahe zu kommen. Sie fordert ihn hingegen auf, das Filmen einzustellen, sonst würde sie die Polizei rufen.

Nachdem Christopher Cooper ihrer Bitte nicht nachgeht, erklärt sie ihm herausfordernd, dass sie der Polizei erzählen werde, dass ein afroamerikanischer Mann ihr Leben bedroht. Die Aussage tätigt sie in aller Ruhe. Eine Lebensgefahr ist zu keinem Zeitpunkt ersichtlich. Amy Cooper wählt anschließend die Notrufnummer 911 und beschreibt am Telefon, dass ein afroamerikanischer Mann sie und ihren Hund bedrohen würde. Sie wiederholt ihre Anschuldigung mehrmals, wobei ihre Stimme immer schriller und ängstlicher wird. Zum Ende des Clips schreit sie regelrecht ins Telefon und fordert die Polizist*innen im dramatischen Ton auf, "sofort Hilfe zu schicken". Christopher Cooper bewegt sich währenddessen nicht und filmt das Geschehen aus der Entfernung ruhig weiter. Nach Angaben von CNN folgte dem Anruf kein Polizeieinsatz.

Nachspiel für Amy Cooper

Nachdem das Video viral ging, wurde Amy Cooper von der Investmentgesellschaft Franklin Templeton erst freigestellt und anschließend gefeuert. Die Firma erklärte auf Twitter, dass sie jegliche Form des Rassismus verurteilen.

Amy Cooper selbst hat sich inzwischen in einem Interview entschuldigt. Sie sei keine Rassistin und habe niemandem Schaden wollen, auch nicht der afroamerikanischen Community. User*innen auf Twitter kaufen ihr die Entschuldigung nicht ab. So schreibt die Künstlerin Bree Newsome Bass beispielsweise, dass Amy Cooper sich nur entschuldigt habe, weil sie erwischt worden sei und das nun Konsequenzen für ihren Alltag habe. Dass sie behaupte, sie sei nicht rassistisch, sei eine Lüge. Sie habe ganz genau gewusst wie sie agieren müsse, um sich Gehör zu verschaffen. Sie erklärt, dass es sich hierbei um ein Paradebeispiel des strukturellen Rassismus handle. Amy Cooper habe ihre Position als weiße Frau nutzen wollen, um mithilfe der Polizei als rassistischer Institution einem Schwarzen Mann Gewalt zuzufügen.

White Tears haben Tradition

Der Schriftsteller Musa Okwonga macht darauf aufmerksam, dass weiße Frauen, die Schwarze Männer der Belästigung beschuldigen, Tradition haben. Er erinnert an den Fall des jungen Afroamerikaners Emmett Till, der 1955 im Alter von 14 Jahren erst brutal gefoltert und anschließend von einer Gruppe weißer Männer im Bundesstaat Mississippi ermordet wurde. Zuvor hatte ihn Carolyn Bryant beschuldigt, ihr auf der Straße hinterhergepfiffen und sie belästigt zu haben. Erst sechzig Jahre später gestand sie, dass sie sich die Geschichte nur ausgedacht hatte.

Ein tieferliegendes Problem

Der Rassismusforscher Ibram X. Kendi sieht einen direkten Zusammenhang zwischen anderen Formen der rassistischen Polizeigewalt und dem Verhalten von Amy Cooper. Er verbindet den Fall mit dem des am Dienstag von einem Polizisten ermordeten Afroamerikaners George Floyd. Zu oft seien weiße Frauen wie Amy Cooper der Anfang – und Fälle wie der des ermordeten George Floyd das Ende.

George Floyd starb, einen Tag nachdem Amy Coopers Video viral ging, nach einem Polizeieinsatz. Nachdem George Floyd festgenommen worden, seine Arme und Beine auf dem Boden fixiert und er in Handschellen gelegt war, kniete sich ein Polizist minutenlang auf seinen Nacken. George Floyd erklärte mehrmals, er könne nicht atmen und bettelte um sein Leben. Passant*innen filmten den gesamten Ablauf und flehten den Polizisten an, ihn gehen zu lassen. Drei weitere Polizisten standen um das Geschehen herum und schauten nur zu, bis der Krankenwagen kam. Die Sanitäter*innen konnten nur noch George Floyds tot feststellen.

Auch Christopher Coopers Schwester Melody erwähnt George Floyd auf Twitter. Sie erklärt, dass Todesfälle wie der von George Floyd der Grund seien, warum Schwarze Menschen sich Gehör verschaffen würden, warum sie Videos posteten und wachsam blieben.