Anonymität im Internet, ja oder nein? Ist es unser Recht, namenlos durch die Weiten des Internets stöbern zu können oder müssen wir für unser Tun Verantwortung übernehmen, indem wir uns namentlich erkennbar zeigen? CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer ist von Zweiterem überzeugt, genauso wie Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble und EVP-Spitzenkandidat Manfred Weber. Sie alle fordern Regeln für das Internet, eine Netiquette, und wärmen in diesem Rahmen eine alte Idee neu auf: ein Verbot von Pseudonymen in sozialen Netzwerken. Eine Klarnamenpflicht führe zu weniger Hetze im Netz, so ihre Argumentation. "Ich möchte wissen, wer hinter solchen Kommentaren steckt", sagte AKK.

In der Bevölkerung findet die Idee mehr Ablehnung als Zuspruch. Datenschützer*innen werfen AKK vor, sie würde die Meinungsfreiheit einschränken. Der Vorstandsvorsitzende des Verbands der Internetwirtschaft Oliver Süme nennt die Klarnamenpflicht "eine unverhältnismäßige Maßnahme bei der Bekämpfung von Hasskommentaren im Internet". Hauptgeschäftsführer des IT-Verbands Bitkom, Bernhard Rohleder, sagte dem Handelsblatt: "Eine Vielzahl von Online-Angeboten setzt voraus, dass die Menschen anonym kommunizieren können, wie etwa Selbsthilfegruppen bei gesundheitlichen Problemen oder Arbeitgeberbewertungsportale".

Andere wiederum argumentieren, dass sich niemand hinter einem Pseudonym verstecken muss, der*die nichts zu verstecken hat. Unsere anonyme Umfrage bei ze.tt-Leser*innen ergibt ein ähnliches Bild: wenige Pros und mehr Kontras. Das ist eine Auswahl eurer Kommentare zum Thema.

Eine Klarnamenpflicht ist Unfug

"Mir ist Anonymität im Internet sehr wichtig, denn ich will Privates und Beruf deutlich trennen. Ohne ein Pseudonym könnte jeder meiner Arbeitskollegen von meinem Privatleben erfahren und das ohne meine Zustimmung. Ich will, dass nur Leute von meinem Privatleben erfahren, die an diesem teilnehmen."

"Nun ja, prinzipiell ist mir Anonymität im Internet sehr wichtig. Das liegt nicht daran, dass ich Straftaten begehen will oder andere beleidigen will. Ich arbeite in einem Beruf, in dem ich aber mit Straftätern zu tun habe. Von solchen Leute möchte ich im Internet nicht gefunden werden und dann um mein Privatleben bangen müssen, weil ich meinen Klarnamen verwenden muss. Es muss mich nicht jeder finden können."

"Ich bin nicht anonym. Da ich inzwischen mehrfach (von Rechten) bedroht wurde, wünsch ich mir allerdings, ich wäre anonym, weil ich denen alles zutraue."

"Ich finde den Vorschlag (wie so viele) sehr bescheiden. Es ist gut, dass sich Menschen frei durch Pseudonyme im Internet bewegen können. Ein Beispiel sind Prominente. Es ist sicherlich hilfreich, wenn diese Künstlernamen nutzen können, damit eben nicht jede Person erfährt, wie sie tatsächlich heißen. Ein anderes Beispiel, das mir persönlich sehr nahe geht, ist (Cyber-)Mobbing. Dadurch, dass ich auf Twitter unter einem völlig anderen Namen unterwegs sein konnte, wurde dies mein Safeplace, geschützt vor den Sprüchen gehässiger Mitschüler. Es gehört zur persönlichen Freiheit, sich auch anonym bewegen zu dürfen. Und die Facebookseiten rechter Gruppierungen und Parteien zeigen ja überdies auch wunderbar, dass es keine Anonymität benötigt, um beleidigend und hetzend unterwegs zu sein."

"So wichtig wie einem Nestlé-Lobbyisten im Bundestag. (sehr)"

"Anonymität bietet Schutz. Natürlich kann man argumentieren, dass man ja nichts zu verbergen hätte und entsprechend nichts befürchten müsse, aber so eine Argumentation öffnet dem Überwachungsstaat Tür und Tor. Anonymität ist meiner Meinung nach ein Freiheitsrecht und sollte nicht leichtfertig abgegeben werden."

"Die Anonymität im Internet ist essenziell für die freie Meinungsäußerung, die sowieso schon mit Füßen getreten wird. Alleine beim Thema Whistleblower sollte darüber keine Diskussion entstehen, ob es gut oder schlecht ist, sich im Netz anonym aufzuhalten."

Anonymität ist äußerst wichtig, herausragend wichtig, elementar.

"Anonymität ist im Internet eine Art Kunstform. Solange diese Anonymität keine negativen Auswirkungen hat, wie z. B. Mobbing, Rassismus, Homophobie etc., ist es wichtig, die Möglichkeit zu haben, sich ein Pseudonym zu schaffen, um sich zu äußern, um sich auszudrücken. Einen Instagram-Account, einen Blog, eine Webseite zu erstellen, nicht weil man sein Ego pushen will, sondern weil man sein Inneres auf anonymer Basis nach außen tragen möchte und anderen Menschen die Möglichkeit geben will, daran Teil zu haben. AKK ist mit dem Internet nicht aufgewachsen und ich denke, ihr ist nicht bewusst, wie vielen Menschen diese Anonymität im Internet Stärke und Halt gibt, diese Menschen haben sich etwas aufgebaut. Menschen mit negativer Intention werden es weiterhin schaffen, sich ihrem Klarnamen online zu entziehen und Hetze zu betreiben."

"Ich trete auch nicht mit Klarnamen auf. Die, die meinen Namen wissen müssen, wissen ihn, den Rest hat das nicht zu interessieren. Ich trete ja trotzdem als ich selbst auf und nicht als ein Fakeprofil."

"Frau Kramp-Karrenbauer hat ganz offensichtlich das Feld schon ihren Mitbewerbern überlassen!"

"Oscar Wilde hat mal geschrieben, gib einem Menschen eine Maske und er wird die Wahrheit sagen. Ich finde Anonymität sehr wichtig! Es heißt ja, Menschen mit anderer Meinung als der Mainstream haben nichts zu befürchten. In meinen Augen völliger Schwachsinn. Es wurden schon viele Existenzen zerstört, weil man was geäußert hat, besonders bei Journalisten. Jeder sollte die Möglichkeit haben, bzw. die Wahl, sich zu schützen. Also ganz klar für Anonymität."

"Ich finde, es ist eine schlechte Idee. Deutschland ist doch ein freies Land, jeder kann für sich selbst entscheiden. Übrigens, ich poste mit meinem echten Namen."

"Man fragt sich langsam, wo die Frau die letzten 20 Jahre gesteckt hat? Jeder User hat eine eindeutige IP. Es braucht keine Klarnamen und jene, die nicht gefunden werden wollen, bleiben auch unterm Radar – egal welche Gesetze gelten. So aufgeschreckt wie die CDU seit dem Rezo-Statement handelt, kann man nur den Kopf schütteln. Klarnamen sind nett, helfen aber nur wenig und schaden eher dem Sinn des Internets."

Manchmal ja, manchmal nein

"Mir persönlich ist Anonymität zum Surfen wichtig; es geht niemandem etwas an, wofür ich mich interessiere. Aber bei Kommentaren wären Klarnamen richtig und wichtig."

"Nicht so sehr, wenn Institutionen endlich auch so transparent werden, wie ich es bereits bin."

Eine Klarnamenpflicht im Netz ist wichtig

"Ich finde Klarnamen wichtig. Die Menschen sollten Verantwortung für ihr Tun übernehmen."

"Wer etwas zu sagen hat, sollte das stets mit Klarnamen tun. Ich verstehe überhaupt nicht, wie man da anderer Meinung sein kann!"

"AKK ist ein Lauch, aber bei der Geschichte mit den Klarnamen, da geb ich ihr vollkommen recht. Wer mit Pseudonym im Netz unterwegs ist, ist noch AKK-iger vong Lauchigkeit her."

"Klarnamen finde ich gut. Wer postet, sollte sich dazu auch mit seinem echten Namen bekennen."