Am vergangenen Freitag hat die Bundesregierung das Klimaschutzpaket beschlossen. Viele Maßnahmen sind selbsterklärend: Bahnfahren soll billiger werden, Fliegen teurer, Ölheizungen sollen aus Häusern verschwinden. Weniger leicht verständlich ist jedoch die Bepreisung von Kohlendioxid.

Warum braucht Kohlendioxid einen Preis?

Kurz gesagt: weil die Bevölkerung der Erde zu viel davon in die Atmosphäre bläst. Im Jahr 2017 waren es weltweit 36.000 Megatonnen, Deutschland war für gut zwei Prozent davon verantwortlich. Weil Kohlendioxid dazu beiträgt, dass sich das Klima erwärmt, soll es einen Preis bekommen. Der Gedanke dahinter: Je mehr es kostet, Kohlendioxid in die Luft zu blasen, desto größer der Anreiz, es nicht zu tun.

Bislang gibt es einen solchen Preis in Deutschland schon für alle Emissionen, die bei der Stromproduktion und bei besonders energieintensiven Unternehmen wie etwa der Aluminiumherstellung entstehen. Firmen wie Vattenfall oder RWE müssen für jede Tonne Kohlendioxid, die aus einem ihrer Schornsteine kommt, zahlen. Die Energiewirtschaft ist zwar für einen Großteil des Kohlendioxids verantwortlich, das in Deutschland entsteht, aber eben nicht für alles (siehe Grafik unten). Nach den Plänen der Bundesregierung soll auch Kohlendioxid etwas kosten, das im Verkehr und beim Heizen in Privathaushalten entsteht. Sie selbst bezeichnet diesen Preis für Kohlendioxid selbst als Herzstück des Klimaschutzpakets.

Warum ist dafür ein Emissionshandel notwendig?

Die kurze Antwort lautet: Man bräuchte ihn nicht unbedingt. Es gibt durchaus andere Möglichkeiten, Kohlendioxid mit einem Preis zu versehen – etwa eine Steuer. Sie würde ähnlich funktionieren wie die Kraftstoffsteuer, die der Staat ohnehin schon erhebt. So würde zum Beispiel für jeden Liter Benzin, den man an einer Tankstelle kaufen würde, ein entsprechender Betrag für das Kohlendioxid hinzukommen, das bei dessen Verbrennung entsteht. Wenn man etwa einen Liter Benzin im Motor eines Fahrzeugs verbrennt, entstehen etwa 2,3 Kilogramm Kohlendioxid.

Schon Mitte der 90er-Jahre hätte es so eine Steuer fast gegeben – und zwar weltweit, wie DIE ZEIT kürzlich schrieb. Damals legten die Staaten der Erde im Kyoto-Protokoll fest, wie sie planten, das Klima zu schützen. Am Ende scheiterte die Kohlendioxidsteuer an den USA. Sie plädierten für einen Emissionshandel, den sie bis heute nicht national eingeführt haben.

Viele halten eine Steuer für die bessere Variante, weil sie sich wesentlich schneller umsetzen lässt und einfacher zu verstehen ist. Wie das Umweltforschungsinstitut Ökoinstitut schreibt, gibt es dafür sogar ein Beispiel aus der Vergangenheit: die Ökosteuer. "Die Ökosteuerreform trat am 1. April 1999 in Kraft, das Gesetz war nur sieben Seiten lang und wurde innerhalb von nur drei Monaten beschlossen."

Wie funktioniert der Emissionshandel?

Zunächst beschließt die Bundesregierung ein Kohlendioxidziel für die Sektoren Verkehr, Gebäude, Energie. Diese Ziele gibt es bereits, sie stehen im Klimaschutzplan 2050 der Bundesregierung.

Diese Obergrenze lässt sich steuern, idealerweise sinkt sie von Jahr zu Jahr und nähert sich irgendwann Null an. Nehmen wir an, die Energieunternehmen sollen im Jahr 2030 nur noch für gut 180 Millionen Tonnen Kohlendioxid verantwortlich sein. Dann könnte die Bundesregierung diese Obergrenze auf genau diesen Wert festlegen.

Im zweiten Schritt gibt die Regierung nun Verschmutzungsrechte an die Unternehmen aus. Jedes dieser (digitalen) Papiere berechtigt dazu, eine Tonne Kohlendioxid in die Luft zu blasen. Hier kommt die Steuerungswirkung des Emissionshandels ins Spiel. Will die Regierung sehr schnell Kohlendioxid einsparen, gibt sie nur wenige Zertifikate aus, in unserem Beispiel könnte das die Hälfte sein. Der Preis für die knappen Zertifikate würde dann rasch steigen und der Anreiz in kohlendioxidarme Techniken zu investieren, würde steigen.

Der Emissionshandel ist also ein Marktmechanismus. Die Regierung vertraut darauf, dass die Investitionen in umweltfreundliche Technologien dort geschehen, wo sie volkswirtschaftlich am sinnvollsten sind.

Wie sind die Erfahrungen mit so einem System?

Ehrlich gesagt eher mittelgut. Die Energiewirtschaft unterliegt schon seit 14 Jahren einem solchen Emissionshandelssystem. Dafür musste Deutschland eine eigene Emissionshandelsstelle einrichten, für die im Jahr 2014 160 Menschen arbeiteten. Sie kümmern sich um die Erfassung aller Daten und prüfen die Unternehmen.

Der Preis für eine Tonne Kohlendioxid beträgt aktuell gut 26 Euro. Klimaforscher*innen wie Ottmar Edenhofer fordern aber einen Preis von etwa 50 Euro. Erst dann wäre der Anreiz groß genug, wirklich klimaschonend zu handeln.

Dass der Preis so niedrig ist, liegt auch daran, dass die Obergrenzen relativ lasch angesetzt sind. Zudem verschenkte die Bundesregierung die Zertifikate jahrelang an die Unternehmen, statt sie zu versteigern. Dank guter Lobbyarbeit gab es Dutzende Ausnahmeregelungen. Der Emissionshandel ist zudem betrugsanfällig. Im Jahr 2010 flog ein Umsatzsteuerkarussel auf, das sich auf den Betrug mit solchen Zertifikaten spezialisiert hatte. Weitere Missbrauchsfälle in Milliardenhöhe gab es bei einem dem Emissionshandel nachgelagerten Mechanismus.

Was bedeutet das alles für mich?

Zunächst nicht so viel. Bis zum Jahr 2021 wird erst mal nichts passieren. Dann führt die Bundesregierung ein Emissionshandelssystem für Kohlendioxid aus Verkehr und aus Gebäuden ein. Im Vergleich zu einer Kohlendioxidsteuer ist der organisatorische Aufwand für ein Emissionshandelssystem ungleich größer. Tausende Unternehmen müssen in ein Kontroll- und Abrechnungssystem für ihre CO2-Emissionen aufgenommen werden.

Eine Tonne Kohlendioxid soll zu Beginn zehn Euro kosten, der Preis dann langsam steigen. Nun wird aber niemand über den Schornsteinen hängen oder hinter Auspuffen von Autos knien und messen, wie viel Kohlendioxid da raus kommt, und dir dann eine Rechnung präsentieren. Stattdessen werden die Unternehmen, die mit Treib- und Brennstoff handeln, ihre Preise erhöhen. Um wie viel, lässt sich noch nicht genau sagen, aber wenn die Unternehmen den Preis 1:1 weitergeben, sollte zunächst kaum etwas davon zu spüren sein. Ein Beispiel: Beim Verbrennen von einem Liter Benzin entstehen gut 2,3 Kilogramm Kohlendioxid. Bei 400 Litern ist es eine Tonne.

Wenn ein*e Mineralölhändler*in an eine Tankstelle 400 Liter Benzin verkauft, würde er auf den Preis noch die zehn Euro für das CO2-Zertifikat draufschlagen. Wer dann 40 Liter tankt, müsste etwa einen Euro mehr zahlen.

Für warmes Wasser und Heizung sind in einem Einfamilienhaus durchschnittlich 25.000 Kilowattstunden Wärmeenergie notwendig. Wenn diese durch Erdgas erzeugt wird, entstehen dabei pro Jahr etwa 5,5 Tonnen Kohlendioxid. Bei einem Preis von 10 Euro pro Tonne CO2 wären das im ersten Jahr 55 Euro mehr.

Der Preis steigt bis zum Jahr 2025 auf 35 Euro pro Tonne, danach soll er sich am Markt frei bilden, 60 Euro jedoch nicht überschreiten.

Geht's nicht ein bisschen schneller?

Theoretisch schon, wenn die Preise schneller angehoben würden. Immerhin hat sich die Bundesregierung dazu verpflichtet, jährlich zu prüfen, ob die Maßnahmen des Klimaschutzpakets wirken, und dann gegebenenfalls nachzubessern. Außerdem könnte die Regierung in anderen Bereichen den Druck erhöhen: etwa den Ausbau von Windkraft fördern, Bahnfahren billiger und Fliegen teurer machen. Einige dieser Maßnahmen sind im Klimaschutzpaket enthalten.