Regisseur J.J. Abrams hat die neue Star Wars-Trilogie gerettet. Mit ganz billigen Tricks. Eine Kritik

Achtung, Spoiler! Diese Kritik enthält moderate Spoiler auf einzelne Szenen des Films.

Weißt du, was die Farbe einer Lichtschwertklinge bestimmt? Von welchem Planeten die Wookiees stammen? Oder wie alt Yoda ist? Falls nein: Mach dir nichts draus, keine der Antworten ist von allzu großem Wert. Mit Star Wars-Wissen lässt sich weder auf Partys prahlen noch der Lebensunterhalt bestreiten. Wenn man ehrlich ist, ist die Hälfte der Filme nicht mal cineastisch wertvoll. Das Fantasyepos hat zwar einen legendären Twist, aber ansonsten keine allzu clevere Story. Von tiefgründigen Charakteren ganz zu schweigen. Star Wars ist Popcornkino. So banal wie bombastisch.

Dennoch bedeutet Star Wars Tausenden von Menschen weltweit immens viel. Zahlreiche Fans begleiten die von George Lucas erdachte Saga der Skywalker-Familie bereits seit dem Erscheinen des ersten Films im Jahr 1977. Sie haben Star Wars-Romane von Timothy Zahn und anderen gelesen, mit T-Fighters und X-Wings aus Plastik gespielt und als Jedi, Sith, Stormtrooper oder Rebell*in Gameswelten erkundet. Und wenn mit Star Wars: Der Aufstieg Skywalkers jetzt der neunte und letzte Film dieser Saga im Kino erscheint, dann ist das eben doch eine große Sache. Nicht für die Kunstform Film, aber für viele Zuschauer*innen. Mit diesem Film müssen Fans Abschied nehmen von geliebten Figuren, langjährigen Wegbegleiter*innen.

Die Erwartungen an den Film sind umso größer, da der Vorgänger Star Wars: Die letzten Jedi vielen Fans das Herz gebrochen hat. Regisseur Rian Johnson (Knives Out, Looper) inszenierte seinen Star Wars-Ausflug wie eine stumpfe Actionkomödie. Johnson ließ den tapferen Rebellenpiloten Poe (Oscar Isaac) seinem Widersacher Hux (Domhnall Gleeson) einen Telefonstreich spielen. Luke Skywalker (Mark Hamill) warf für einen billigen Gag sein Lichtschwert eine Klippe hinab. Und für ein stylisches Bild von Leia (Carrie Fisher) im All bog die Regie die physikalischen Gesetze auf eine Art zurecht, wie sie selbst für ein Fantasyuniversum unglaubwürdig ist. Mit Die letzten Jedi war die Filmreihe zu dem geworden, was Kritiker*innen an ihr nervt: imposanter Effektquatsch ohne Herz. Selbst für Fans.

In Star Wars: Der Aufstieg Skywalkers führt nun wieder J.J. Abrams (Lost, Star Trek) Regie. Er hatte mit Das Erwachen der Macht bereits die neue Trilogie eingeleitet. Solide, aber einfallslos. Gelingt es Abrams, Star Wars zu reparieren? Ja. Mit billigen, aber effektiven Tricks.

Eine Geschichte ohne Überraschungen

J.J. Abrams beginnt seine Reparaturarbeiten nach dem Rian-Johnson-Desaster mit einem Zeitsprung. Die kultige Titelbanderole lässt vermuten, dass ein paar Jahre verstrichen sind. Der seit Die Rückkehr der Jedi-Ritter totgeglaubte Imperator Palpatine (Ian McDiarmid) ist zurückgekehrt. Er plant, aus der Neuen Ordnung ein diesmal unschlagbares Imperium zu schaffen. Erneut sollen ihm Superwaffen dabei helfen, einen neuen Todesstern gibt's zum Glück nicht.

Den Aufstieg des Imperators wollen nicht nur die Guten um Rey (Daisy Ridley), Finn (John Boyega) und Co. verhindern. Auch Ben Solo alias Kylo Ren (Adam Driver), der auf die dunkle Seite der Macht hinübergewechselt ist, will Palpatine den Garaus machen, weil er seine Macht bedroht sieht.

Es beginnt eine Schnitzeljagd: Die Figuren reisen von Hinweis zu Hinweis, um Palpatine ausfindig zu machen. Kylo Ren schließt die Suche zügig in den ersten Filmminuten ab; die Guten müssen mehrere Planeten abklappern, Chewbacca (Joonas Suotamo) retten und C-3PO (Anthony Daniels) von einem Hacker bearbeiten lassen, ehe sie sich dem ultimativem Endgegner stellen können.

Das Planetenhopping wartet inhaltlich mit wenig Überraschungen auf. Dass Rey und Co. Lando Calrissian (Billy Dee Williams) begegnen, war bereits in den Trailern zu sehen. Dass Stormtrooper per Jetpack die Verfolgung der Held*innen aufnehmen, hatte Wochen vor dem Kinostart ein Ausschnitt auf YouTube verraten. Kleine Cameos wie der von Dominic Monaghan (Herr der Ringe, Lost) dürften gut informierten Fans kaum ein Lächeln abringen. Und wer die neuesten Theorien über Reys Herkunft im Netz verfolgt hat, dem*der sollte selbst die Aufklärung dieses Rätsels kein "Wow" entlocken. Star Wars bleibt erwartbar, die große Weltraumschlacht am Ende gewinnen natürlich die Guten.

Mehr Star Wars-Nostalgie geht nicht

Trotzdem ist es schwer, diesen Film ohne ein Lächeln zu verlassen. J.J. Abrams baut gleich zu Beginn ein hohes Tempo auf. Er überspringt die Geheimniskrämerei um den Imperator, die Fronten werden klar gezogen, die Missionen fix erklärt. Dann lässt Abrams die Held*innen durch etliche Settings hasten: Eine Basis im Dschungel, ein Festival in der Wüste, eine verregnete Siedlung, die Überreste des zweiten Todessterns im Wasser, ein von Gewitterwolken überzogener Sith-Tempel – Star Wars: Der Aufstieg Skywalkers ist visuell überbordend.

Ein paar handwerkliche Experimente erlaubt sich der Regisseur: Die altbacken anmutenden kreisförmigen oder seitwärts verlaufenden Überblenden sind verschwunden. Dafür lässt J.J. Abrams die Umgebungen von Rey und Kylo Ren spannend ineinander überlappen, wenn die zwei per Gedankenübertragung kommunizieren. Dass sich der Effekt schwer beschreiben lässt, spricht für ihn. Er sorgt für clevere Minitwists der Handlung.

Darüber hinaus feiert J.J. Abrams 144 Minuten Fanservice ab; er gibt Star Wars-liebenden Zuschauer*innen, was sie erwarten. Das allerdings auf so herzliche Weise, dass man Der Aufstieg Skywalkers kaum doof finden kann. Luke Skywalker darf sich über eine verpatzte Rian-Johnson-Szene aus dem Vorgängerfilm lustig machen; Han Solo (Harrison Ford) sagt einen von Fans geliebten Spruch in einem anderen Kontext neu auf; und Chewbacca bekommt endlich den Orden, der ihm auf Yavin 4 aus unbekannten Gründen verweigert wurde. Über alledem dröhnen die Songs sämtlicher Star Wars-Soundtracks, wie sie aufgeblasener nie klangen.

Star Wars: Der Aufstieg Skywalkers lullt die Zuschauer*innen ein mit Nostalgie und Bombast. Aber damit ist der Abschluss der Saga genau das, was er sein muss: ein Fest für die, die wissen, dass ein adeganischer Kristall die Färbung des Lichtschwerts bestimmt, Wookiees von Kashyyyk stammen und dass Yoda 900 Jahre alt ist.

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