Marokko ist mein Ziel, das Internet soll mein Begleiter sein. Nicht etwa, weil ich den Trip auf Instagram verbringen will. Ich will wissen, wie weit ich mit Apps und Communities komme. Wie hilfreich sind die Angebote wirklich?

Für 40 Euro buche ich den Flug nach Marrakesch. Der Haken: Der Flughafen Frankfurt-Hahn befindet sich mitten im Nirgendwo, ich muss einen Zwischenstopp in Koblenz einlegen. Über die App Blablacar finde ich René. Er ist Student und bietet mir für 15 Euro eine Fahrt von Münster nach Koblenz an. Blablacar ist eine moderne Version des Trampens.

Für die gleiche Strecke hätte ich mit der Bahn mehr als das Doppelte zahlen müssen. René spart die Spritkosten, mein Mitfahrer Nadim und ich kommen günstig und sehr komfortabel an unser Ziel und die Umwelt freut sich über das eingesparte Kohlenstoffdioxid. Dazu gibt es die Möglichkeit, den Fahrer zu bewerten, das vermittelt ein Gefühl von Sicherheit.

Übernachten für umme

Ein Hostel in Koblenz würde mich mehr als 20 Euro pro Nacht kosten. Über Couchsurfing finde ich Lisa, die gerade ihre Doktorarbeit schreibt und in einer WG mitten in der Innenstadt lebt. Dadurch, dass ein Mitbewohner ausgezogen ist, habe ich sogar ein eigenes Zimmer – gratis. Abends kochen Lisa und ich zusammen und reden bis spät in die Nacht hinein. Couchsurfing hat sich wirklich bewährt und ist sicherlich einer der besten Möglichkeiten, Insider-Tipps von Einheimischen zu erfahren.

Am Flughafen treffe ich zum ersten Mal Chris, der auf meine Annonce auf der Website Joinmytrip geantwortet hat. Joinmytrip ist ein Netzwerk, in dem Reisende gleichgesinnte Reisepartner suchen. Ich habe einen Eintrag geschrieben, dass ich vor dem deutschen Winter fliehen möchte und zahlreiche Nutzer haben Interesse gezeigt. Aber auch einige ältere Herren fühlten sich durch meine Fotos angesprochen. Vorsicht ist geboten, bei Personen, die die Hotelkosten für die Reisebegleitung übernehmen möchten.

Tinder gegen Reiseeinsamkeit

Chris möchte hingegen Low-Budget und sehr spontan unterwegs sein. Wir haben miteinander telefoniert und Reisepläne geschmiedet. Nichtsdestotrotz ist es irgendwie ein komisches Gefühl, ihn dann am Flughafen zu treffen. Jedoch erweist es sich als sehr praktisch, die Verantwortung für die Reiseplanung zu teilen: Chris hat schon ein Hostel gebucht und mit verschiedenen Marokkanern geschrieben, die uns die Stadt zeigen wollen. Im chaotischen Marrakesch angekommen, fühle ich mich mit dem 23-Jährigen an meiner Seite ziemlich sicher. Unglücklicherweise erkrankt Chris kurz darauf an einer Lebensmittelvergiftung und muss für eine Nacht ins Krankenhaus. Ich reise vorläufig alleine weiter.

Bei Hostelworld suche ich mir eine beliebte Herberge im Surfort Taghazout. Um Geld zu sparen, checke ich im größtmöglichen Schlafsaal ein. Im Hostel lerne ich Menschen aus der ganzen Welt kennen – von Ausflügen ins Paradies bis zum gemeinsamen Kochen unternehmen wir jeden Tag eine Menge. 

Unverhofft hilft mir auch Tinder gegen Anfälle von Reiseeinsamkeit: Ich finde zwei attraktive Reisepartner, die sich in meiner Nähe befinden und mich zum Surfen und bei einer langen Busfahrt begleiten. Sexuelle Hintergedanken hatten meine Bekanntschaften und ich nicht. In den Schlafsälen der Hostels kommt auch nicht unbedingt romantische Stimmung auf.

Es erweist sich als hilfreich, die Tinder-Matches erst im Beisein einer Gruppe von Menschen kennenzulernen. Dadurch erhalte ich einen Eindruck von der Persönlichkeit des Gegenüber und entscheide, ob ich alleine mit ihm weiterreisen möchte oder nicht. 

Mit Pappschild am Flughafen

Nach zehn Tagen voller Abenteuer, Surfen und Shopping muss ich mich wieder auf den Rückweg machen. Das Glück meint es gut mit mir, glaube ich, als ich den Blablacar-Fahrer Qeiss finde, der um Mitternacht vom Flughafen nach Frankfurt fahren wollte. "Das läuft ja wie geschmiert", denke ich mir. Einen Tag vor Abflug checke ich noch einmal die Konversation und sehe, dass Qeiss  die Autofahrt gelöscht und seine Handynummer versteckt hat. Na super.

Ich setze all meine Hoffnungen darauf, beim Flughafen spontan eine Mitfahrgelegenheit zu finden. Stilecht bastele ich mir sogar ein Pappschild mit der Aufschrift "Frankfurt?". In der Warteschlange vor dem Gate frage ich verzweifelt alle Passagiere nach ihrem Zielort. Und habe Glück! Paul und seine Tochter Alina fahren mich in einem schicken BMW komfortabel zum Frankfurter Bahnhof, wo ich um zwei Uhr einen Flixbus bis nach Münster nehme.

Fazit: Ich empfinde Reisen als eine der intimsten Dinge, die man mit jemandem unternehmen kann. Während der Tage habe ich mir vom Schlafzimmer über den Geldbeutel bis zum Essen so gut wie alles geteilt. Bei der Internet-Suche nach einem Reisepartner sollten die Ansprüche an die Reise passen. Ein Telefonat kann verraten, ob man auf der gleichen Wellenlänge ist. Jemand, der sich immer über Kleinigkeiten aufregt, dauernd meckert oder alles bis ins letzte Detail planen möchte, kann ziemlich anstrengend werden.

Zu Blablacar und Couchsurfing: Zwar kostet es mehr Kraft und Nerven, nach Mitfahrgelegenheiten und Übernachtungsmöglichkeiten zu suchen – dabei habe ich aber einiges an Geld gespart. Ein gewisses Risiko bleibt am Ende nicht aus. Ich bin zu Fremden ins Auto gestiegen, habe bei ihnen übernachtet und bin mit ihnen durch die dunklen Gassen in Marrakesch gelaufen.

Im Endeffekt waren meine anfänglichen Ängste, ohne einen Freund wegzufahren, unbegründet. Wirklich allein war ich nie.

infomarokko

Zehn Tage war Julia unterwegs, hier hat sie übernachtet:

Marrakesch: Kaktus, Hostel Riad Marrakech Rouge

Taghazout: The Surf Hostel

Essaouira: Atlantic Hostel